Karen Davis: Wie ein Huhn zu denken: Farmtiere und die feminine Verbindung

Birds at United Pountly Concerns’ sanctuary

Wie ein Huhn zu denken: Farmtiere und die feminine Verbindung

Von Dr. phil. Karen Davis, United Poultry Concerns (UPC)

Titel des Originals: ‘Thinking Like a Chicken: Farm Animals And The Feminine Connection’. Übersetzung aus dem Amerikanischen: Gita Y. Arani-May. Mit der freundlichen Genehmigung von UNITED POULTRY CONCERNS, USA.

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“Wie ein Huhn zu denken: Farmtiere und die Feminine Verbindung” von Karen Davis ist ein Auszug aus dem Buch ANIMALS AND WOMEN: FEMINIST THEORETICAL EXPLORATIONS, herausgegeben von Carol J. Adams und Josephine Donovan. Copyright 1995 Duke University Press. Der Text befindet sich als Auszug im amerikani­schen Original auf der Webseite von United Poultry Concerns mit der freundlichen Genehmigung der Duke University Press. Die Autorin bedankt sich bei der Duke Universtity Press für die Unterstüt­zung ihrer aufklärerischen Arbeiten, im Namen der Hühner und der in diesem Essay dargelegten Gedanken.

Prolog

Mitte der Achtziger interessierte ich mich dafür herauszufinden, in welchem Verhältnis die Deep Ecology-Philosophie zur Tierrechtsphilosophie stand. Dies war während der Zeit in sich der mein Interesse an Tierrechten zunehmend auf die Problematik von Farmtieren konzent­rierte. Jahre zuvor öffnete mir ein Essay von Tolstoy, das einen zutiefst erschütternden Bericht über einen Besuch in einem Schlachthaus enthielt, die Augen darüber, was es bedeu­tete Fleisch zu essen.1 Nachdem ich dieses Essay gelesen hatte, aß ich immernoch manchmal Fisch, sonst kein Fleisch mehr und bewegte mich weg von Eiern. Wie dem auch sei, ich aß auch immernoch Milchprodukte, bis eine Be­schreibung über das Leben von Milchkühen und Erkrankungen der Gebärmutter bei Kühen, meinen Verzehr dieser Produkte beendete.

Ich war schon in meinen Dreißigern und seit fast zehn Jahren Semivegetarierin gewesen, bis ich begriff, dass eine Kuh trächtig gehalten werden muss, um Milch liefern zu können, oder bis ich darüber nachdachte, wie sonderbar es ist, nach dem Kleinkind­alter noch Milch zu trinken, oder darüber, das Euter einer Kuh mit ihrem Jungen zu teilen, oder schließlich darüber, ihr Junges aus dem Weg zu räumen um all ihre Milch für mich alleine zu haben. Dass ich mich zunehmend mit der Notlage der Farmtiere befasste, war nicht unbedingt das Resultat der klaren Auffassung, die ich jetzt habe über die Ausbeutung des Reproduktivsystems der weiblichen Farmtiere – das am stärksten verkörpert wird durch die Milchkuh und die Legehenne. Zwei wichtige Dinge waren geschehen die meine Gedanken und schließlich auch meine weitere Laufbahn klärten – die eine Veränderung kam durch das Lesen und die andere durch ein persönliches Erlebnis.

Ich stieß beim Lesen auf zwei zeitgenössische Essays, in denen Hühner dargestellt sind als die Art vor Tier, bei der es am unwahrscheinlichsten sei, dass sie Rechte haben könnte oder über­haupt Rechte verdienen würden. Eines der Essays war von Carl Sagan. In „The Abstractions of Beasts“ argumentiert Sagan gegen den Standpunkt der behaup­tet, dass – in den Worten von John Locke „Beasts abstract not“ – Tiere nicht abstrahieren. Sagan zeigt, dass Schimpansen – immerhin Schimpansen – durch eine Anzahl von Verhaltensweisen, zu denen auch gehörte ein Huhn grob zu behandeln, die Fähig­keit bewiesen haben, abstrakt zu denken. Ein Forscher beobachtete zwei Schimpansen dabei, wie sie ein Huhn mit Futter anlockten, während sie ein Stück Draht versteckt hielten. Wie Charlie Braun zu seinem Fußball, so kehrte das Huhn immer wieder zurück, wodurch sich zeigte, dass „Hühner eine sehr niedrige Kapazität haben Vermei­densverhalten zu erlernen,“ während die Schimpansen eine „genaue Kombination“ ihres Verhaltens erkennen ließen. Eines Verhaltens, was man manchmal für ein ausschließlich menschliches [Verhalten] hält: Kooperation, Planung einer Handlung die in der Zukunft statt­findet, Irreführung und Grausamkeit” (Sagan 1977, 108). Sagan stellt die Frage in den Raum, ob nichtmenschlichen Tierarten, die Bewusstsein und mentale Geschicklich­keit demonstrieren, nicht Rechte zuerkannt werden sollten. Als oberstes stehen auf seiner Liste die Schimpansen. Als unterstes stehen irgendwo Hühner.

Das zweite Essay stammte aus dem Bereich der environmental ethics (Umweltethik). In „Animal Liberation: A Triangular Affair“, bezieht sich J. Baird Callicott auf „The Land Ethic“ aus „A Sand County Almanac“ von Aldo Leopold, um zu argumentieren, dass domestizierte und wilde Tiere einen unterschiedlichen moralischen Status haben, und dass gleichermaßen, individuelle Tiere und eine Tierspezies als Ganzes, auch einen unterschiedlichen moralischen Status haben.2 Wilde Tiere und eine Tierspezies als Gan­zes genommen, haben Charakteristiken die sie zu einer moralischen Berücksichtigung berechtigten, was zwangsläu­fig nicht auf die Charakteristiken von domestizierten und individuellen Tieren zutreffen kann. Die kleinste Einheit für die ethische Berücksichtig­barkeit ist die biotische Gemeinschaft, in der das individuelle „nichtmenschliche, natürliche Wesen“ allein insofern eine Komponente von Wert ist, wie es zu der, in Leopolds Worten „Integrität, Schönheit und Stabilität der biotischen Gemeinschaft beiträgt.“ (Callicott 1980, 324-325)

Bezüglich domestizierter- versus wilder Tiere, sind die relevanten Unterschiede für Leopold, die, zwischen Dingen die „unnatürlich, zahm und eingeschränkt“ sind und Dingen, die „na­türlich, wild und frei“ sind. Domestizierte Tiere, insbesondere Farm­tiere, „wurden zur Unterwürfigkeit, einfachen Handhabbarkeit, Dummheit und Abhängigkeit gezüchtet.“ Sie sind „Schöpfungen des Menschen“, was „die Beschwerde einiger ‚animal liberationists’, dass das natürliche Verhalten von Hühnern und ‚bobby calves’ [A.d.Ü. agrarkulturelle Bezeichnung eines milchgefütterten Kalbes das über 4 Tage alt ist] in Fabrikfarmen grausam frustriert wird“, etwa so bedeutungslos macht, wie als würde man „von dem natürlichen Verhalten von Tischen und Stühlen sprechen . . . Leopold hat allem Anschein nach die Behandlung von Bruthennen in einer Fabrik­farm oder Bullen in einer Mastanlage nie als ein moralisch drin­gendes Thema erachtet.“ (Callicott 1980, 314, 330)

Inmitten dieser Reflektionen zog ich an einen Ort, in dessen Nähe eine Frau seit zwei Jahren jährlich eine Gruppe von etwa 100 Hühnern aufzog um sie während des Som­mers schlachten zu lassen. Das war wie ich die Bekanntschaft mit Viva machte – der Henne, dem ersten Huhn, das ich jemals wirklich kennengelernt hatte. In dem Essay das ich später über sie schrieb, habe ich beschrieben wie ich eines Tage im August über­rascht war, das Hühnerhaus, das ich nun regelmäßig besucht hatte, verlassen zu entdecken.

Dann sah ich sie. Sie holperte umher, über den zylindrischen Fütterungsbehälter auf der äußeren Seite wo das unterste Regalfach, das mit Schrott vollgestopft war, alles verdunkelte. Ein Streifen des Sonnenlichts traf auf sie, aber bis ich es schaffte hi­neinzukommen, hatte sie sich weit in die hinterste Ecke unter das Regal an die Mauer verkrochen. Sie schrak zurück als ich dort hineingriff, um nach ihr zu fassen um sie dort herauszuholen. Ich nahm sie auf meinen Schoß, streichelte ihre Federn und schaute sie an. Sie war klein uns sah aus als wäre sie niemals in der Sonne gewesen. Ihre Federn und Beine und ihr Schnabel waren verfärbt von Schmutz und Fäkalien und Staub. Ihre Augen waren so glanzlos wie der Rest von ihr, und ihre Füße und Beine waren deformiert. Ich ließ sie gehen und sie hinkte zurück in die Ecke in der sie den Sommer verbracht haben musste – von der sie nur zum Essen und Trinken he­rauskam. Sie hatte es geschafft in dieser überfüllten Haltungsanlage nicht zu Tode getrampelt zu werden, nicht wie die anderen, die ich einige Wochen zu­vor ausgestreckt und in den Dreck gedrückt gefunden hatte. (Davis 1990, 34)

Ich nahm Viva zu uns nach Hause, wo sie mit meinem Mann und mir lebte bis sie einige Monate später im November starb. Sie war stark verkrüppelt, aber energievoll und entschlossen Dinge zu schaffen. Um sich vom Gleichgewicht her zu stabilisieren, streckte sie ihre Flügel aus, so dass die Federenden den Boden berührten. Somit stehend, taumelte sie leicht von einer Seite auf die andere und stellte genauestens ihr Gleichgewicht ein bevor sie voranging. Ein Vorgang, den sie jeden weiteren Schritt oder so wiederholen musste. Nur eine ungeglückte Fortbewegung vom Teppich auf den harten hölzernen Boden veranlasste sie dazu, nackte Fußöden danach nie wieder zu be­treten. Viva war nicht nur stark in ihrem Willen und in ihrer Aufmerksamkeit; sie war stark im kommunikativen Ausdruck und in ihrer kom­munikativen Reaktion. Eines der Dinge, die am meisten an ihr berührten, war ihre Stimme. Sie sprach immer mit ihrem schwachen „piep“ zu mir, das niemals lauter wurde und schien als würde es von irgendwo in der Mitte ihre Körpers kommen, von wo sich ihr Schwanz auch exakt zur gleichen Zeit her bewegte. Sehr selten machte sie auch einen kleinen Triller. Nach einer ihrer Strapazen, in der ihre Beine sich in ihren Flügeln verfingen, was bei ihr furchtbare Konfusion und emotionale Anspannung auslöste, saß ich da und sprach zu ihr, strei­chelte ihren schönen Rücken und ihre Füße, die so weiß zwischen den Zehen und auf den Sohlen waren, und sie führte den Dialog mit mir fort, ihre Schwanzfedern in einer Art Unisono mit jedem ihrer Stimmlaute wippend.

Diese Wesensart und diese Erfahrung schienen keine Nische in der Umweltethik zu haben, einschließlich des radikalen Zweigs der Deep Ecology [Tiefeökologie], wodurch der Environ­mentalismus in einem gewissen Sinne kaum mehr zu sein scheint, als ein Ableger der vorherrschenden wis­senschaftlichen Weltsicht mit ihren harten logischen Kategorien und ihrer Verachtung für das Schwache und Verletzliche. Bezüglich von Farmtieren neigte selbst die animal community [Tierschutzgemeinschaft] dazu, sich davon frei zu halten, und, wie die öko­feministische Tierverteidigerin Harriet Schleifer hervorgehoben hat, das Thema der „food“ animals [A.d.Ü. Begriff: Tiere, die „der Nahrungsmittelerzeugung dienen“] und den Vegetarismus zu umgehen, was der Öffentlichkeit ein Gefühl gab, „dass die Verwendung von Tieren zur Ernährung irgendwie vertretbar ist, da selbst Tierschützer das sagen.“ (Schleifer 1985, 70)

Während dieser Zeit erschien ein Brief in der ‚Animals’ Agenda’ von einer Frau, die darum bat, dass mehr über Farmtiere berichtet werden sollte, soviel, wie man bezüglich der Wale berichtete. Die darauffolgende Anmerkung des Herausgebers erklärte, dass „die Notlage der Wale, sowohl für Tierverteidiger als auch für Umweltschützer, eine Ange­legenheit hoher Priorität bleibt.“ Wale sind „intelligente, beeindruckende und liebenswürdige Wesen“, deren zunehmendes Maß an Sympathie in der Welt, das sich auf dem Einsatz für sie aufbaut, es erst noch schaffen muss sie zu schützen. „Unter dem Umstand, dass wir es noch nicht einmal schaffen die Wale zu schützen, welche Chance haben wir dann die Hühner der Welt zu schüt­zen?“ (Dahl 1987, 47). Es schien wie dem auch sei, fair zu fragen, welche Chance jemals existieren könnte die Hühner der Welt zu schützen, wenn ihre einzigen Verteidiger deren Notlage als weniger als eine „Angele­genheit hoher Priorität“ betrachteten.

Dieses Dilemma, dass sich für mich durch meine letzten Begegnungen mit Sagan, Calicott und Viva kristallisierte, führte mich dazu, ein Essay zu schreiben: „Farm Animals and the Feminine Connection“ über die Dreiecksbeziehung zwischen Femi­nismus, Farmtieren und der Deep Ecology [Tiefenökologie]. Ich argumentiere, dass obwohl nichtmensch­liche Tiere mittels grundlegender Strategien und Einstellungen unterdrückt werden, die sich gleich verhalten zu denen die in der Unterdrückung von Frauen arbeiten, es auch wahr ist, dass Männer traditionell bestimmte Arten von Tieren bewundert haben und sogar danach gestrebt haben sie zu verkörpern, auch im gleichen Moment, in dem ihr Ziel deren Unterwer­fung und Zerstö­rung ist, während sie Frauen traditionell nicht bewunderten oder versuchten zu verkörpern. Tiere, die Bilder von Dingen die „natürlich, wild und frei“ sind hervorrufen, gehen mit dem „männlichen“ Geist von Abenteuer und Besiegung einher, der durch unsere Kultur idolisiert wird. Tiere, die Bilder von Dingen die „unnatürlich, zahm und eingeschränkt“ sind hervorrufen, repräsentieren eine Art des Lebens, auf die die westli­che Gesellschaft herabblickt. Der Kontrast kann in unserer Literatur besonders deutlich beobach­tet werden. Während die Jäger des großen weißen Wales in Hermann Melvilles „Moby Dick“ sich ihr Opfer als ein respekteinflößendes gottähnliches Wesen denken, sehen die kleinen Jungen in William Goldings „Herr der Fliegen“ die stillende Sau, die sie grausam mit einem Speer erstechen, als ein Objekt des Ekels.3 Die Analogie zwischen Frauen und nichtmenschlichen Tieren übersieht den wahrscheinlich entschei­denderen Vergleich zwischen Frauen und Farmtieren.

Nicht nur Männer, sondern auch Frauen und Tierschützer zeigen eine durch die Kultur geprägte Gleichgültigkeit gegenüber und ein Vorurteil gegen Lebewesen, deren Leben zu sklavenhaft-, zu langweilig- und zu dümmlich weiblich – zu „kuhmäßig“ – erscheinen. Zudem sehen wir die bewusste, logische Vernunft als die einzig gültige Form des „verstandesgemä­ßen Denkens“. Der Beweis, dass Schimpansen solch eine Vernunft besitzen, ist der primäre Grund warum viele nun darauf bestehen, dass ihnen „Menschenrechte“ zugestanden werden sollten. Menschenrechte für Schimpansen? Ja. Menschenrechte für Hühner? Bedeutungslos.

Dies führt zur Frage der Tiefenökologie. Die Philosophie der „Deep Ecology“ stellt mit ihrer Betonung auf die Ökosphäre als ein Ganzes – beide, sowohl fühlende- (‚sentient’) und nicht­fühlende Lebewesen (‚nonsentient beings’) mit einschließend – eine heilsame Herausforderung für die reduktionistische Logik und die homozentrische Moralität der westlichen Kultur dar. Als der Zweig des Environmentalismus, der die spirituelle Kom­ponente der Natur und unsere Beziehung zur natürlichen Welt betont, bietet die Tiefenökologie eine Rettung vor der exfoliativen westlichen globalen Geschäftsunterneh­menswelt, die in der Maske des Fort­schritts auf mechanistischen Modellen und ungebremster Gier von Akquisition und Marktrecherchen basiert.

Dennoch, wie sein Elternhaus, der Environmentalismus, ist auch die Tiefenökologie von einer machohaften Mystik durchsetzt, durch die „natürliche, wilde und freie Dinge“ als im Einklang mit der „menschlichen“ Art der Erfahrung und idealisier­ten Existenz stehend gefeiert und phallisiert werden. Aktivitäten so wie das Jagen, Fischen und Fleisch-Essen, werden auf der Freizeit- und der spirituellen Ebene gepriesen, als Teil der Herausforderung, die Leopold formuliert als derer „wie ein Berg zu denken.“ Der Lebensstil der Jäger und Sammler wird verehrt, mit aller Verehrung an die Jäger und keiner Verehrung der Sammler. Bewaffnet mit dieser neuen Ethik, gibt der Mensch sich im Wesentlichen eine neue Lizenz dafür, mit den Predatoren zu laufen, nicht mit der Beute, und sich mit dem „Wilden“ und nicht dem „Zah­men“ zu identifizie­ren. Die selbstgefällige Identifizierung der westlichen Kultur mit dem „Begreifenden“ auf Kosten des „Begriffenen“ bleibt intakt, wenn auch mystifiziert mit einem Kopfschmuck einer angeblichen mythischen Vergangenheit.

Es ist also kaum überraschend, dass viele Befürworter der Tiefenökologie keine ethische Nische für Farmtiere finden können, oder für die Qualitäten von Mitfühlsamkeit und der wün­schenswerten Vorteile dessen, andere so zu behandeln, wie wir selbst behandelt werden möchten. Ich habe diese Fragen in einem weiteren Essay: „Mixing Without Pain“ diskutiert, und die Punkte standen dort so, bis mir meine Teilnahme bei dem 1992er ‚Summit for the Animals Meeting’ die Fragen so stark zurück in mein Bewußtsein traten, dass ich eine Fortsetzung schrieb, diesmal aus der Sichtweise einer in einem Batteriekäfig gefangenen „Lege“-Henne.

In der Zwischenzeit, eineinhalb Jahre vor dem ‚Summit Meeting’, gründete ich im Oktober 1990 United Poultry Concerns, eine Non-Profit Organisation, die sich mit der Behandlungsweise domestizierten Geflügels in der Lebensmittelproduktion, Wissen­schaft, Erziehung, dem Entertainment und der Mensch-Tier-Beziehungen beschäftigt, und die respekt­volle und mitfühlende Behandlung domestizierter Vögel als Mitlebewesen, statt als Quelle von Lebensmitteln oder anderen Gegenständen, fördert. United Poultry Concerns erwuchs aus den oben beschriebenen Erfahrungen, und aus meinem Volonta­riat bei Farm Sanctuary (ein Schutzhof-Unternehmen das auf sich auf die Rettung von Farmtieren spezialisiert hat), wo ich meine Bekanntschaft mit Hühnern erweiterte, und Truthähne, Enten und Gänse kennenlernte.

Zurück zuhause entdeckte ich, eine andere lahme Henne die zurückgelassen wurde als die Besitzerin die Halle entleerte, um die Tiere zur Schlachtung zu bringen. Tulip war meine geliebte Freundin, ein Jahr lang, bis sie an einem Herzanfall starb; wofür Hühner, die zum schnellen Wachstum und zur Bildung von übermäßigen Muskelgewebe („Fleisch“) gezüchtet werden, anfällig sind. Seither sind Hühner zum Zentrum meines persönlichen und beruflichen Lebens geworden. Ich ließ ein Gehege für gerettete Hüh­ner auf unsere Küche bauen, die dort den Auslauf unseres über zwölftausend Quadratmeter großen Gartens haben. Mitten in der Dunkelheit meines Wissens über die furchtbaren Erfahrungen, die in Billionen von Hühnern durch unsere Spezies eingraviert sind, sind sie der Frieden und das Licht.

Das Summit Meeting hatte als seinen Sprecher den Environmentalisten und Historiker Roderick Frazier Nash eingeladen, der das attraktive, holistische Konzept des Environ­menta­lismus präsentierte, mitsamt der für mich unattraktiven Ansicht darüber, wie Spezies und Biosysteme den Individuen, aus denen sie sich zusammensetzen, übergeordnet sind – außer im Fall der menschlichen Spezies, für die der Environmentalismus generell eine Ausnahme zu machen scheint. Bezüglich des Jagens wurden die bekannten Rechtfertigungsgründe abgegeben, einschließlich der Infrage­stellung dessen, wie und warum ein oder zwei Rehe und Hirsche zu opfern was ausmachen sollte, solange die Herde oder Spezies vor der Dezimierung oder dem Aussterben geschützt ist. Menschen sind von Natur aus Raubtiere. In Nashs Essay „Dream of Island Civilization“ ist die ökotopische Zukunft eine, in der „Menschen ihren Platz neben den anderen Raubtieren haben könnten…in einer erweiterten ökologischen Brüderlich­keit“ aller Wesen (Nash 1991/92, 2). Idealerweise würde eine vorwiegend urbane Kultur auf der Basis einer Jäger- und Sammler-Gesellschaft gedeihen, komplett mit Predatoren-Initationsriten. Der spannende Part des Jägers wird lebhaft erweckt; dem Leser bleibt es übrig sich den langweiligen Part des Sammlers auszumalen.

Wie üblich werden Farmtiere in die Einöde vorneherein feststehender Schlussfolgerungen relegiert, wo sie nicht nur als ökologisch Fremdkörperhaft, sondern auch als zu unnatürlich und jeder Autonomie beraubt betrachtet werden, als dass menschliche Moralität auf sie anwendbar sei. Die Anerkennung dessen, dass Menschen in bewusster und ganz spezifischer Weise verantwortlich sind, für welche Abweichun­gen auch immer Farmtiere verkörpern mögen, dass deren Problematik unsere und nicht deren primäre Störung natürlicher Rhyth­men reflektiert, und dass wir ihnen dafür, dass wir sie ihres Geburtsrechts und ihrer Erdrechte beraubt haben eher mehr als weniger schulden, hat in die environmentalistischen Diskussionen die ich bis jetzt angetroffen habe, keinen Eingang gefunden. Die Situation dieser Tiere scheint von den Verursa­chern ihrer Misere keine Reue oder Wiedergutma­chungswillen zu fordern, während den Opfern „Rechte“ per se verneint werden. Rechte, von denen das Elementarste sicher das Recht sein muss, wahrgenommen zu werden und nicht konzeptuell verschrottet.

In einem Folgeartikel auf „Triangle Affair“ schreibt J. Baird Callicott Farmtieren eine feste erniedrigte Nische im konzeptionellen Universum zu. „Hoftiere wurden über Hun­derte von Generationen genetisch entworfen [durch die altmodische Methode der Selektionszucht] um gewisse Rollen in der gemischten Gemeinschaft [den menschlichen Gemeinschaften einschließlich der domestizierten Tiere] zu spielen. Die Moralität dieser Rollen zu Verurteilen ist gleichbedeutend damit, die Existenz dieser Kreaturen selbst zu verdammen (Callicott 1988, 167). Die Trompetenstöße und eisernen Oratorien des Environmentalismus hörend denke ich mir, wie könnte man je hoffen, dass die weiche Stimme von Viva hier je­mals gehört werden könnte? In dieser Welt werden die kleinen Töne des Lebens in den majestätischen Harmonien und deren Ersatz-Echos im Hain des Akademus erstickt. Ein rotznäsiger Artikel im ‚Buzzworm: The Environmental Journal’ (Knox 1991) über Tierrechte versus Environmentalismus, brachte noch den perfekten Abschluss zu der Angelegenheit.

Das ist wie ich dazu kam „Clucking like a Mountain“ zu schreiben, worin ich über die ethischen Fundamente des Environmentalismus von dem imaginären Standpunkt einer Fabrik­farm-Batteriehenne via einem menschlichen Übersetzer schreibe. Aldo Leopolds Appell an die Menschen ökoholistisch zu denken – „wie ein Berg“ – wurde von manchen Environmentalisten als ein Mandat genommen, die individuierten Existenzen, die den Berg mit ausmachen, aus der substantiven und ethischen Berücksichtigung auszuschlie­ßen, vor allen Dingen diejenigen, die in Leopolds Begriffen als „unnatürlich, zahm und eingeschränkt“ klassifiziert werden, im Gegensatz zu denen die man als „natürlich, wild und frei“ betrachtet. Das ontologische Resultat ist ein Holismus der frei von Inhalten ist, gleich einer leeren Hülle. Das ethische Resultat ist die moralische Preisgabe von Wesen, deren Leiden und andere Erfahrungen irrelevant sind verglichen zum „big realm“, dem großen Schema der Dinge.

Ich werfe Fragen über unsere moralischen Pflichten gegenüber genetisch veränderten und schwächeren Geschöpfen auf, vor allen Dingen denen, die durch unsere Handlun­gen krank­gemacht wurden, und hebe zudem hervor, dass man gezeigt hat, dass domestizierte Hühner das Verhaltensrepertoire ihrer Vorfahren erwiesenermaßen beibe­halten haben, was die prima facie Annahme, dass sie durch die Zucht zur Erzielung spezifischer Eigenschaften dozil und servil gemacht wurden, unterhöhlt.

Wie ein Berg zu glucken

„Warum verschiebst du ständig über mich zu schreiben?“
Es ist die Stimme eines Huhnes, das dies fragt.
Alice Walker (1988, 170)

In Beantwortung des Aufrufs von den Ökologisten danach, wie ein Berg zu denken, muss ich wissen, ob dies mit meinem Bestreben wie ein Huhn zu denken in Konflikt geraten würde. Da ich mich, wie die amerikanische Schriftstellerin Alice Walker, dazu entschlossen habe ein Mikrophon, das vor die Schnäbel von Hühnern gehalten wird, zu sein, um ihnen möglich zu machen nach vorne zu treten und ihre Leben darzulegen. Ich bin froh, dass ich imstande gewesen bin wie ein Huhn zu sehen und mich mit einem Huhn zu identifizieren, obwohl ich darüber traurig bin, dass meine Fähigkeit dazu, das zu kommunizieren was ich gesehen habe und womit ich mich identifiziert habe, durch profunde aber obskure Hindernisse beschränkt sein kann, wobei es aber trotzdem meine Aufgabe ist, es zu versuchen und zu traversieren. Wie ein Berg zu denken beinhaltet eine prächtige Verpflichtung und ein tragisches Bewusst-Sein. Der Environmentalist Aldo Leopold prägte dieses Bildnis um die bleibenden Interessen der Ökosphäre mit den ephemerischen, kurzlebigen der Menschen zu kontrastieren, mit der Argumentation, dass solange wir uns nicht mit der Ökosphäre identifizieren können, und so „denken wie ein Berg“, unsere Spezies und vielleicht sogar unser Planet verloren sein werden.4

Personen die durch Leopold inspiriert waren und andere, haben die Sehnsucht vieler Menschen, aus unserer Isolation als Individuen und Spezies auszubrechen und durch die Geschichte, die uns mit allen Wesen unserer größer gefassten Identität im Herzschlag des lebenden Universums verbindet zu gesunden (siehe Seed 1988, 57), gelegentlich herzzerrei­ßend ausgedrückt. Ich schätze diese Gedanken, aber was mich traurig gemacht hat ist, dass Aldo Leopold wohl nicht intentioniert hatte, dass Hühner auch ihre Stimme im Rat aller Wesen hörbar machen sollten, mit an der Seite des kalifornischen Kondors, des Regenwaldes, des Wombats, der Wildblume und dem Rest der biotischen Myriade, die in emphatischen Ritualen einberufen wurde, die gedacht sind, die Erfahrung eines größeren ökologischen Selbsts im Menschen zu rekonstituieren. Im Rat aller Wesen, sagt eine Workshop-Richtlinie, „sind die Wesen eingeladen um zu sagen, wie sich das Leben für sie, unter den gegenwärtigen Umständen, die die Menschen in der Welt geschaffen haben, geändert hat.“ (Seed 1988, 111)

Megaphon bitte.

Ich bin eine Batteriehenne. Ich lebe in einem Käfig, der so klein ist, dass ich meine Flügel nicht strecken kann. Ich bin gezwungen tags und nachts auf einem gewundenen Maschendrahtboden zu stehen, der schmerzvoll in meine Füße schneidet. Die Käfigwände reißen mir meine Federn aus. Ich habe dadurch Blut­blasen die niemals verheilen. Die Luft ist so voll von Ammoniak, dass meine Lungen wehtun und meine Augen brennen, und ich glaube, dass ich blind werde. Sobald ich geboren war, hat mich ein Mann gepackt und mir mit einem heißen Eisen einen Teil meines Schnabels abge­brannt, und meine kleinen Brüder wurden, als lebend nutzlos, in Mülltüten geworfen.

Meine Gedankenwelt ist voller Aufmerksamkeit und mein Körper ist sensibel und ich müsste reich befedert sein. In der Natur oder selbst auf einem Hof hätte ich sozialisierende, reinigende Staubbäder mit meiner Schar, ein Bedürfnis, dass so stark ist, dass ich auf dem Drahtboden meines Käfigs  „Vakuum“-staubbade. Frei, wäre ich in meinen angestammten Dschungeln und Feldern mit meinen Freunden umhergestreift, pflanzenes­send, Regenwürmer und Insekten, vom Son­nenaufgang bis zur Dämmerung. Ich hätte meinen Körper trainiert und meine Natur ausgedrückt, und ich hätte als ein ganzes Wesen Freude gegeben und erhalten. Ich bin nur ein Jahr alt, aber ich bin bereits eine „verbrauchte Henne“. Menschen – ich wünschte ich wäre tot und bald werde ich tot sein. Schau nach Teilen meines verletzten Fleisches wo auch immer Hühnerpasteten und Suppen verkauft werden.

Nach J. Baird Callicot ist die Behandlung von Hennen in einer Fabrikfarm moralisch in der Entwicklung der Umweltethik nicht wichtig gewesen. Ökologisch ist diese Henne, wie andere domestizierte „Farm“-Tiere, mit den authentischen und autonomen Kreaturen der Welt mora­lisch nicht gleichsetzbar, sondern mit all den intrusiven, grenz­überschreitenden menschlichen Technologien, von Dünenbuggies bis zum Hybridmais, die ihre eigene Drecksarbeit des zur-Beraubung-der-biotischen-Gemeinschaft-Beitragens verrichten; der biotischen Gemeinschaft, in die sie eingefügt wurden.

Außerdem ist es ungefähr so absurd sich darüber zu beschweren, dass das natürliche Verhalten eines Huhnes auf einer Fabrikfarm frustriert wird, wie als wenn man über das „natürliche Verhalten“ eines Möbelstücks reden würde. Schwarze Sklaven waren „metaphysically autonomous“ – metaphysisch autonom. Wilde Tiere sind metaphysisch auto­nom. Selbst wilde Tiere die in Käfige gesperrt sind, halten eine metaphysische Au­tonomie, als „eingefangene nicht ‚arbeitsverpflichtete’ Wesen.“ Aber Kühe, Schweine, Schafe und Hühner? Kalbsfleisch-Kälber und domestizierte Truthühner? Callicott stellt die sichere Behauptung auf, „sie wurden zur Unterwürfigkeit, einfachen Handhabbar­keit, Dummheit und Abhängigkeit gezüchtet. Es ist praktisch bedeutungslos davon auszugehen, dass sie befreit werden könnten.“ (Callicott 1980, 330)5

Dieses lasciate ogni speranza, voi ch’entrate 6 bündelte meine ethische Betroffenheit über das Schicksal domestizierter Tiere in den Environmental Ethics [A.d.Ü. der Um­weltethik]. Dieser rapid florierende Zweig der Philosophie scheint zum großen Teil die alte machohafte Mystik von uneingeschränkter Macht, Besiegung und Verachtung für das Wehrlose, die durch unsere Kultur idolisiert wird, in pseudowissenschaftliche, pseudopoetische Unterscheidungen zwi­schen Wesen die „natürlich, wild und frei“ und Dingen die „unnatürlich, zahm und eingeschränkt“ sind (Leopold 1949;1966, xix), zu hüllen. Mitleid – seht auf sie herab, aber sympatisiert oder identifiziert euch nicht mit – all den ‚Dodos’ und ‚Dunces’ in der Geschichte der Welt, die zu dumm sind in den kosmischen Machtspielen Erfolg zu haben, in denen die metaphysische Autonomie allein einer Spezies garantiert ist.

Diese Haltung enthält faktische und logische Irrtümer und lenkt die Aufmerksamkeit auf bestimmte, unerwünschte Elemente in unserer kulturellen Psychologie und selbst unserer Psychologie als Spezies. In ‚Where the Wasteland Ends’, sagt der Historiker Theodore Roszak, dass „die Erfahrung dessen, eine kosmische Absurdität zu sein, eine Kreatur die dem Universum ohne Sinn, Kontinuität oder Seinesgleichen aufgezwungen ist, der spirituelle Preis ist, den wir für die wissenschaftliche ‚Aufklärung’ und technolo­gisches Können zahlen.“ (Roszak 1973, 154) Tatsache ist, dass wir nicht die einzigen sind, die diesen Preis zahlen. Auch ist ein spiritueller Preis nicht der einzige der gezahlt wird, wie sechszehn Milliarden Hühner weltweit uns jetzt berichten können. Eine Analyse im nietzscheanischen Stil mag dar­auf deuten, dass die „rationale“ Relegierung domestizierter Tiere in das Ödland in der Ökoethik, gerade ein weiterer Fall der „irrati­onalen“ Aufhäufung auf andere Wesen in der Geschichte unserer Spezies ist. Den Wesen, die statt unserer gestraft und verbannt werden sollen, denen wir Dinge aufhäufen die wir in uns selbst fürchten und hassen, so, wie die Fä­higkeit zur Versklavung und der Zerstörbarkeit unserer Persönlichkeit, Identität und unseres Willens, durch Eroberer die stärker sind als wir selbst. Wir projizieren unsere Existenz­ängste und Dümmlichkeit auf unsere Opfer: „Ich bin nicht die Kreatur, die sich dem Universum ohne Zweck, Kontinuität oder Seinesgleichen aufgezwungen hat, sondern diese genetisch veränderte Kuh, die eierlegende Maschine, das scheißdumme Huhn. Ich habe sie erschaffen, wodurch ich das Recht habe sie zu verachten und zu misshandeln.“ Der nächste Schritt ist zu behaupten, dass diese Tiere ihre metaphysische Autonomie dem Willen der Menschen auf der dunklen Ebene in der Evolution abtreten wollten oder dies gar selbst wählten.

Der Environmentalismus fordert uns dazu heraus, darüber nachzudenken wie wir die schwä­cheren und pazifistischeren Wesen in unserer Mitte sehen und behandeln, seien sie nichtmenschlich oder nicht. Er lädt uns dazu ein herauszufinden wie wir, vom Grundsatz her, diese Wesen betrachten wollen und betrachten sollen. Sind wir damit zufrieden, dabei zu blei­ben, dass eine genetisch veränderte Kuh, eine dozile oder selbst dumme, verdient moralisch verachtet oder fallengelassen zu werden? Glauben wir, dass eine schwächere Kreatur weniger Recht auf Gerechtigkeit und Mitgefühl hat als ein eher energetisch starker Typus? Setzen wir voraus, dass Kreaturen, deren Leben wir Menschen ruiniert haben, keine höchsten moralischen Forderungen an uns stellen könnten?

Der Environmentalismus hat eine Neigung die Schuld auf solche Opfer zu schieben. Da sind Implikationen, dass ökologische Kultiviertheit beinhaltet sich von ihnen abwendend zu ver­halten; wie ein gelangweilter Ehemann oder Dr. Frankenstein, zu Dingen hinwendend, die „interessanter“ und großartiger sind, wie ein Berg, oder tref­fender, dessen, wie einer zu „denken.“

Anhänger des Environmentalismus haben Tierrechtsfürsprecher dafür auf die Finger geschlagen, sich sorgen über „kleine Dinge“ zu machen, wie Individuen und Wesen mit Gefühlen. Im Gegensatz dazu, operieren Environmentalisten im Big Realm – im großen Be­reich:

Sie versuchen immerhin der ganzen Fuge der Gesteine und Bäume, Amöben und Schwermetalle, Dodos und Flüsse und Styropor zuzuhören. Tierrechte, im Gegensatz, sind ein One-Note-Samba. Wo Environmentalisten sich Sorgen über das Salzmarschland und all die Pflanzen und Kreaturen darin machen, machen sich Tierrechtsaktivisten Sorgen über das Leiden individueller Tiere. Wo sich Environmentalisten Sorgen über die Evolution von Inselpo­pulationen machen, sorgen sich Tierrechtsaktivisten über das Leiden individueller Tiere. Wo Environmnetalisten sich über das Aussterben von Spezies Sorgen machen, sorgen sich Tierrechtsaktivisten über das Leiden individueller Tiere. (Knox 1991, 31-32)7

Eine Frage für den Environmentalismus betrifft die Natur des „big realm“, die er behauptet zu repräsentieren und worüber er vorgibt sich zu sorgen. Wenn, ökologisch betrachtet, die konkreten Manifestationen von Existenz irrelevant sind, welche Substanz besitzt der ‚realm’ dann? Was beihaltet er und wo sind die Inhalte genau angesiedelt? Kann die Ökosphäre somit ausgehöhlt werden, ohne zu einer Hülle gewandelt zu wer­den? Ein Ökologe sagte einmal, dass das individuelle Leben ein bloßes Knistern im Rasternetz ist, verglichen mit dem ganzen Le­bensprozess, (Pacelle 1987, 8) 8 Nun mag es aber sein, dass es keinen „Lebensprozess“ gibt, außer den individuellen Formen die er annimmt, anhand dessen wir ihn verstehen. Der „Prozess“ ist eine Schlussfolgerung, eine Abstraktion, und während nichts daran falsch ist, auf der Ebene von Erfahrungen zu generalisieren und zu spekulieren, zeigt, das Unbekannte auf Kosten des Bekannten zu reifizieren, eine Pervertierung des Willens. Wie ist es möglich, sich, wie der Environ­mentalist selbstbewusst darlegt, über „all die Pflanzen und Kreaturen“ eines Systems sorgen zu machen, während man es aber schafft zu vermeiden, für wirklich jede Sorge zu tragen? Warum sollte jemand nicht Sorge tragen wollen?

Ich kenne keinen Komponisten oder Musikliebhaber, der die einzelne Note einer Komposi­tion in der Weise herabsetzt, wie einige Environmentalisten die einzelnen Tiere dieser Welt verachten. Vielleicht ist das, weil die musikalisch gebildete Person in jeder Note das Universum des Liedes sieht, das diese Note wiederum hilft zu kreieren. Der Dichter William Blake hat gesagt, dass wir lernen müssen das Universum in einem Sandkorn zu sehen. Wir müssen lernen die Musik der Sphären in dem Gackern eines Huhns, mit der gleichen Gerech­tigkeit und der gleichen Wahrnehmungsweise zu hören, beginnend mit der Henne, die, wie der Historiker Page Smith sagt, „so viele sichere Stimmklänge, Tschilper und Zirps hat, und, wenn sie ein junges Hühnchen ist, eine Art des süßen Gesangs, der voll von Zufriedenheit ist wenn sie mit ihren Schwestern und Brüdern in einer undifferenzierten Aneinanderschmiegung des Friedens und der Wohlheit zusammen in einer Schar ist, auf die Dunkelheit wartend, um die anderen mit den Flügeln mit zu umarmen.“ (Smith and Daniel 1975, 334) Wenn ich wie ein Berg denke, werde ich dann imstande sein diese Henne singen zu hören?

Um das Argument der Environmentalisten zu akzeptieren, dass das Leiden von individuellen Tieren unwichtig verglichen mit der Ozonschicht ist, müssen wir dazu bereit sein zuzugestehen, dass das Leid von Minderheiten, vergewaltigten Frauen, geschlagenen Frauen, misshandelten Kindern, Menschen die in den Todeszellen sitzen, und das Leid derer, die uns am Herzen liegen, kleine Kartoffeln sind neben dem Loch in dem Himmel. Sich über irgend­welche von ihnen Sorge zu machen, bedeutet effektiv, das große Bild zu Portraits geschlagener Welpen zu miniaturisieren. Oder wechselt der Environmentalismus, wenn es um Menschen und einen Selbst geht, zum bequemeren Boden, auf dem alle Spezies gleich sind, aber eine Spezies ein bisschen gleicher als andere ist, wo Mitgliedschaft ihre Privilegien hat? Ein Environmentalist schreibt: „Uns bedeuten Bären und Butterblumen an sich was, aber wir Menschen bedeuten uns auch was. Das ist die egoistische kartesische Grundlinie: Ich denke also verdiene ich eine freundliche Umwelt.” (Knox 1991, 37) 9 Die Vernunft mag hier richtig sein oder nicht; die Sensibilität macht mich wütend.

Diese Sensibilität hat viele Environmentalisten in eine Distanz zu „Farm“-Tieren ver­setzt und ihnen gestattet die Natur dieser Tiere herablassend zu behandeln, ohne nach den Fakten zu schauen. Der Environmentalismus hat zwei moralische Hauptargumente gegen zu Agrazwecken eingesetzte Tiere. Eines ist, dass in der Landwirtschaft ausgebeutete Tiere die natürliche Umwelt stören. Environmentalisten und Tierrechtsverteidiger sind sich darin einig, dass die im großen Rahmen stattfindende in­tensive landwirtschaftliche Tierhaltung ökologisch ineffizient und unangemessen, und ethisch abstoßend und empörend ist. Die Geflügelindustrie in den Vereinigten Staaten schädigt Felder und Wasserläufe mit jährlich 6.4 Millionen Tonnen Dung und 1.1 Milliarde Hektolitern Abwäs­sern. Nach den Angaben eines Berichtes, stoßen „Tausende von Geflügelfarmen und weiterverarbeitenden Fabriken täglich Millionen von Vögeln aus – mitsamt den Kadavern und Chemikalien die das Land kontaminieren und das Wasser mit toxischen Abfällen vergiften.“ (Giardina and Bates 1991, 8). Dies ist verabscheuenswert, aber es ist nicht der Fehler der Hühner. Es ist un­sere Schuld.

Der zweitgrößte Einwand des Environmentalismus gegen domestizierte „Farm“-Tiere ist, dass sie das Verhaltensrepertoire und den elan vital wilder Tiere, einbezüglich das ihrer eigenen Vorfahren, nicht aufweisen. Infolgedessen wird den „Farm“-Tieren das Recht auf eine gleiche moralische Berücksichtigung, wie die, die den wilden Tieren zugestanden wird, aberkannt. Wenn das wahr ist, dann liegt die Schuld aber nicht bei ihnen, sondern bei uns. Moralisch schulden wir ihnen mehr und nicht weniger dafür, dass wir ihre Geburtsrechte gewaltsam missachten. Aber wie reduziert ist die Natur dieser Tiere genetisch? Zwei Wissenschaftler, die das Verhalten von „legenden“ Hennen über Jahre studiert haben, erklären:

Ein guter Ort dafür darüber zu beginnen nachzudenken, was eine Henne für ein angemessenes Leben braucht, wäre in den Dschungeln Südostasiens, wo man mit einiger Ausdauer das Bankivahuhn (Gallus gallus), den Vorfah­ren der do­mestizierten Hühner, finden kann. Diese vorsichtigen Vögel leben in kleinen Gruppen von vier bis sechs Individuen und sind hoch aktiv während der Tageszeit – herumlaufend, rennend, fliegend, nach Futter pickend und scharrend und sich putzend. Nachts lassen sie sich zum schlafen zusammen in den Bäumen nieder. Domestizierte Hühner die auf den Inseln von Queensland, Australien, und an der Westküste Schottlands freigelassen wurden, zeigten ganz stark die gleichen Verhaltenmuster. David Wood-Gush und Ian Duncan von der ‚Agricultural and Food Research Council’s Edinburgh Station’ beobachteten, dass die schottischen Hühner kleine eigenständige soziale Gruppen bildeten, die viel Zeit ihres Tagesablaufs auf den Nahrungsmittelsuche entweder alleine oder zusammen ver­brachten, und dann in der Dämmerung zum gemeinsamen Niederlassen zurückkehrten. Die Hennen verbargen ihre Nester, zogen ihren Nach­wuchs auf und verteidigten ihn. Kurzum, es gibt keine Beweise dafür, dass genetische Selektion zum Eierlegen, das Potenzial des Huhns eine vielfältige Anzahl von Verhaltensweisen auszuführen, eliminiert haben. (Nicol and Dawkins 1990, 46)

Das setzt die Behauptung der Industrie außer Kraft – die Behauptung, die auch von den Envi­ronmentalisten übernommen wurde –, dass „Lege“-Hennen für den Batteriekäfig „gezüchtet“ sind und genetisch an eine sterile, einschränkende und sklavenhafte Exis­tenz angepasst sind, die Menschen und wilde Tiere verrückt machen würde. Wie viele Environmentalisten sind sich darüber bewusst, dass zusätzlich zur routinären Entschnabelung und teilweise sogar der Entfernung der Klauen dieser Hühner (um der „Anpassung“ etwas nachzuhelfen), Bemühungen unternommen wurden, sie mit Kon­taktlinsen auszustatten um ihre „unökonomi­sche“ Panik zu „beruhigen“ durch die Zerstörung ihrer Sicht? (Davis 1992) 10 Dr. Nedim Buyukmihki, ein Veterinär und Ophthalmologe der University of California Davis sagt selbst über diese Hühner, dass wenn sie aus den Käfigen freigelassen werden und ihnen die Linsen entfernt werden, die Hühner in seiner Betreuung nach einer Phase der Anpassung „alle die Dinge tun, die Hühner normalerweise tun, wenn sie gelassen werden, wie nach Nahrung zu scharren, Staubbäder zu nehmen, ihre Zeit zusammen oder getrennt von den anderen zu verbrin­gen, Flugversuche zu machen, ihre Flügel und Beine gleichzeitig auszustrecken, sich zu putzen und sonstige Dinge. Das Putzen war selbstverständlich sehr verkürzt wegen der Verstümmelung ihrer Schnäbel.“ (Buyukmihci 1992)

Im Gegensatz zu der ungeprüften Annahme, dass „Lege“-Hennen unsere metaphysischen Sklaven sind, beobachtet Dr. Page Smith, der Kulturhistoriker der Hühner, in korrekter Weise: „Hühner sind im ganzen genommen sehr wiederstandsfä­hige Wesen oder sie hätten erst gar nicht die Experimente, die mit ihnen in den letzten fünfundsiebzig Jahren im Namen der wissenschaftlichen Hühneraufzucht durchgeführt wurden, überlebt.“ (Smith and Daniel 1975, 331)

Paradoxerweise sind Hühner, wie auch die meisten von uns, wiederstandfähig und empfind­lich, und, in Situationen die ihre Natur missachten, bemitleidenswert. Die Erfahrung lebendig zu sein, im Fleische der Existenz, sei sie eine der Schmerzen oder erlernter Hilflosigkeit, ist soviel ein Anteil der Biosphäre wie die gesamtgenommene Erfahrung eines Berges. Es fühlt sich gut an wie ein Berg zu denken und die Erfahrung der romantischen Steinzeitgefühle eines Predatoren (nicht der Beute) und eines Jägers (der sich in der Ökologie die gleiche Mühe gemacht hat die Vorteile eines Sammlerda­seins zu erforschen?) zu machen. Es fühlt sich nicht gut an wie eine Batteriehenne zu denken und sich selbst und die eigene Spezies durch ihre Augen zu betrachten, nicht als ein autochthoner Held in Ketten, sondern als eine verwirrend grausame Kreatur die sie bestraft und keine Gnade kennt.

Epilog

Ich schickte „Clucking Like a Mountain“ an ‚Environtmental Ethics,’11 „ein interdisziplinäres Journal das sich den philosophischen Aspekten von environmentalen Problemen widmet“, weil das Journal die beste Gelegenheit dafür zu bieten schien, der Gemeinschaft der Environmentalisten auf ihren eigenen konzeptionellen Böden zu be­gegnen. Der Herausgeber lehnte meinen Artikel ab. Einer der beiden Textbegutachter war für und der andere gegen eine Veröffentlichung. Der eine, der dafür gewesen war, würde „nicht die Ansichten der Autorin teilen“, aber betrachtete den Texts als ein „ganz besonders lesenswertes Essay … ein provoka­tiver Text, der die Ansichten, die generell die Seiten von Environmental Ethics dominieren, in Frage stellt.“

Der zweite Leser, der offenbar ein Geflügelforscher war, insistierte darauf, dass die Argumente „viel an faktischen Information“ ignorieren würden, zum Beispiel, „dass es im Interesse der Personen, die Hühner in Batteriekäfigen aufziehen liegt, dass das Wohlergehen dieser Hühner nicht so stark ignoriert wird, dass die Eierproduktion dadurch beeinträchtigt werden könnte,“ und dass „die Industrie beachtliche Fortschritte gemacht hat in der Bestim­mung des geeigneten Maschendrahtes für Batteriekäfige um das Verfangen der Beine der Hühner dadurch zu verhindern.“ Die zwei Hauptprobleme von Hühnern in Batteriekäfigen, so wie in allen Bereichen der landwirtschaftlichen Tierhaltung, sind, dass wenn Dinge Falsch laufen, sie im größten Maßstab falsch laufen, und die Entsorgung der entstehenden Abfälle. Ich hätte es verpasst, den großartigen Vorteil „erhöhter Pro­duktivität durch die Ersparnisse in Zeit und Arbeit“ zu erwähnen. Außerdem hatte ich impliziert, dass Hühnern der Tod anderer Hühner etwas bedeuten könnte und ich hatte die Nachteile der Freilandhaltung ignoriert indem ich die imaginäre Sicht einer Batte­riehenne in einer Fabrikfarm mittels eines menschlichen Überset­zers beschrieben hätte, die sich wie ein „einseitiger Anthropomorphismus“ läse.

Bei der Ablehnung des Manuskriptes sagte der Herausgeber, es würde viel Material, mit dem die Leser des Journals vertraut wären, ignorieren, wie einschließlich Callicotts „‚Triangular Affair’, worin Hühner etwas detaillierter Diskutiert werden,“ und Birch and Cobbs ‚The Liberation of Life’, „das ganz spezifisch das Leben von Hühnern im Ver­gleich zu den Leben von Schimpansen kontrastiert.“ (Hargrove 1992) Der Herausgeber hat eine Richtlinie, die vor­gibt keine Materialien über ‚Animal Welfare Ethics’ [Tierhscutzethik] zu veröffentlichen, außer sie haben einen direkten Bezug zu environmentaler Ethik. Der Schwerpunkt eines überarbeiteten Artikels müsste so weiter verlaufen, dass domesti­zierte Hühner ein Belang der environmentalistischen Ethik aus environmentalistischer Sicht sein sollten, was Callicotts Argument in „Back Together Again,“ dass wir eine geschlossene Ethik brauchen, unterstützen würde.

Ich glaube dass wir eine geschlossene Ethik brauchen, in der wir eine Stimme sind, nicht nur für das Leben, sondern für die Leben – für alle die sanften und unschuldigen Leben, die unse­rer Gnade ausgeliefert sind. Ich teile Callicotts darwinistische Sicht, dass wir und andere Tiere eine gemeinsame Biosozialität besitzen, die ihre Wurzel in der evolutionären Verwandtschaft hat, und, in dem Fall von domestizierten Tieren, in direkten Interaktionen, die häufig eine gegenseitige emotionale Bindung mit einbezie­hen. Wie dem auch sei, ich teile nicht seine Ansicht in „Back Together Again“, dass „Hof“- und andere domestizierte Tiere a priori einen von vorneherein festgelegten ontologischen Status haben, durch den ihre Existenz synonym ist mit den verminderten Rollen, die Menschen ihnen als Lebensmittelquellen, als Pflugtieren und Haustieren zugeschrieben haben. Auch glaube ich nicht, dass es eine Art des entwickelten unausgesprochenen sozialen Kontraktes zwischen „Mensch und Vieh“ in der soge­nannten gemischten Gemeinschaft von Menschen und domestizierten Tieren gibt (Callitcott 1988, 167), in dem das „Vieh“ ganz einfach unsere Sklaven und Unterlegenen sind, die wir so behandeln können wie wir wollen – wie in unserer Mani­pulation deren Reproduktiv­systems für den Markt und Effizienz und andere rein menschliche Zwecke – statt an die biologische Fitness ihrer Spezies oder ihr individuelles oder soziales Wohlergehen. Der Wille des domestizierten Tieres unterscheidet sich nicht von dem eines menschlichen Sklaven in seinem Ausgeliefert­sein an die Gnade eines „Besitzers“, hinter dem ein juristisches System steht, das sie oder ihn als Eigentum definiert.

Der Kontraktgedanke ignoriert diese und andere Fakten, wie die unzähligen Krankheiten der Do­mestizierung, die in relevanter Weise eine immer gedeihende Tierforschung, phar­mazeutische- und Veterinärindustrie geschaffen haben. Sie romantisiert und entlastet unsere Beziehung zu domestizierten Tieren und deutet provokativ an, dass Spezies, denen in anderen environmentalistischen Kontexten rigoros moralische Kapazität und Autonomie ver­neint werden in einer Art des einseitigen Sündenbockdaseins, ein­fach so an dieser Stelle ihren Platz hätten. Domestizierte Tiere waren selbst einmal wild und frei. Hühner „vom Typ Eierlegend“ die in wilde Habitate die sie selbst nie kannten freigelassen werden, kehren zu ihrem unterdrückten Verhaltenrepertoire wieder zurück. Doch ob Farm- und andere domestizierte Tiere unter wilden Bedingungen überleben könnten oder nicht, es ist unangemessen sich auf einen „unausgesprochenen sozialen Kontrakt“ zwischen ihnen und ihren menschlichen „Herren“ zu beziehen.

Der Herausgeber von Environmental Ethics zitiert Birch and Cobbs Kontrastierung zwischen dem Leben eines Huhnes und dem Leben eines Schimpansen. In ‚Matter of Life and Death’ thematisiert John Cobb, Professor für christliche Theologie, Fragen der Gegenwart, wie die, ob Menschen das Recht haben die Umwelt zu zerstören und ande­ren Spezies extremes Leid zuzufügen oder deren Aussterben zu bewirken. In der Sektion über Tierrechte unterscheidet er zwischen den Leben von Hühnern, Kälbern, Thunfischen und Haien und dem Leben von Menschen, nichtmenschlichen Primaten und Meeressäugern, mit der Argumentation, dass während die Perspektive Gottes beide Gruppen umfasst, „das Recht zu Leben sich viel stärker auf Gorillas und Delphine bezieht, als auf Hühner und Haie.“ (Cobb 1992, 36) Verständli­cherweise sehen Hühner und Haie ihr Leben als das Wichtigste, aber der „Richtspruch“ erachtet ihren Tod als „weiterer Erfahrungen eines viel geringer distinktiven Wertes ausschlie­ßend“, als es der Tod eines Primaten oder Meeressäugers tut, und deren Beitrag zum göttlichen Leben als von weitaus weniger Bedeutung. Die potentiellen Erfahrungen von Rinderkälbern, Hühnern und anderen die derer Klasse anvertraut werden, sind „nicht besonders distinktiv“. Die Angst dieser Tiere vor dem Tod ist „kein wichtiger Faktor in deren Leben“, und „[deren] Tod verursacht anderen keine wesentliche Sorge.“ (Cobb 1992, 40)

Kurzum, der Brief des Herausgebers mit seiner vorgeschlagenen Lektüre, bestätigt meine eigene Analyse. Er versucht die Stimme des individuellen Tieres und des Autoren niederzuschreien und mir als ein Sprecher der Hühner kennt die Legitimität abzusprechen, im Unterschied zu den „Experten“, mit denen die Weltordnung und der göttliche Verstand einfach darüber einig ist, dass Tiere, die Menschen gerne essen, so wie Haie, weniger wertvolle per­sönliche und zwischenpersönliche Erfahrungen, und eine geringere Rolle im Universum haben. Woher wissen die Experten das? Sie haben es entschieden.

Ich bin durch die Erkenntnis beeindruckt gewesen, dass ein paar Menschen praktisch darüber „entschieden“ haben, welche Erfahrungen zählen und gar welche in der Welt existieren. Die Sprache der westlichen Wissenschaft – das regierende Konstrukt männli­cher Hegemonie – schließt die Fähigkeit aus, die Erfahrungsrealitäten über die sie spricht auszudrücken. Praktisch alle der tatsächlichen Erfahrungen in dieser Welt, die sich durch das Manifest und die mysteriösen Charakteristiken all der verschiedenen Wesen ausdrückt, sind in den rostfrei stählernen Edikten der Experten unrepräsentiert. Wo ist die Stimme der Stimmlosen in der wissenschaftlichen Literatur, einschließlich der Literatur der environmentalen Ethik? Wo passt das „Gedächtnis des Leids und die Wahrheiten unterdrückten Wissens“ in das dominierende Konstrukt unserer Ära? (Adams and Procter-Smith 1993, 302)

Carol J. Adams und Marjorie Procter-Smith beobachten, dass ironischerweise „die Stimme der Stimmlosen eine Wahrheit bietet, die die Stimme des Experten niemals bieten kann“ (1993, 302). Diese Stimme bedarf einer Sprache, die sich von der Sprache der Experten unter­scheidet. Ein verbales und textliches äquivalent der subjektiven und intersubjektiven Erfahrungen, die Menschen miteinander und, durch eine Epistemologie die in unserer evoluti­onären Geschichte wurzelt, die anderen Tiere und die Welt verbindet. Auffallenderweise kritisiert mich der Geflügelexperte-Gutachter meines „Clucking“ Essays bezüglich „zu viel erster Person singular“ und wutschnaubt, dass „sechs Milliarden Hühner […] mir nicht den spirituellen Preis wissenschaftlicher Auf­klärung erklären [können].“

Wenn Frauen sich von dieser unterdrückerischen Mentalität attackiert fühlen, wie müssen die Tiere dadurch betoffen sein? Lassen Sie uns nicht allein den Schmerz den wir ihnen zufügen, sondern die moralische Ökologie innerhalb der wir ihn zufügen be­trachten – die reduzierende, boshaft kichernde Atmosphäre großspurigen Hasses und großspuriger Verachtung die wir erteilen, in der zahllose Milliarden von Tieren gezwungen sind zu leben. Diese moralische Ökologie ist ein so distinktiv menschlicher Beitrag zur Spanne von Erfahrungen in dieser Welt wie alles andere das unsere Spezies erlassen hat. (siehe Davis) 12

Ich habe ein Foto eines Geflügelforschers, der für die Medien in einer experimentellen Batte­riehennen-Einheit posiert, mit einer wissenschaftlich blind- und taubgemachten Henne in seinen Armen und einem lächeln auf seinem Gesicht. (Greene 1992, A-6) Ich habe einen Brief von einem Geflügelforscher der schreibt: „Ich denke sie werden dem zustimmen, dass die menschliche Spezies die einzige Spezies ist, die Mitleid für ihre Beute fühlt … Ich sehe in ihrer Literatur den Vorschlag, dass Hühner als Haustiere behandelt werden sollen. Das Kind das eine ‚Plymouth Barred Rock’-Henne hält, soll etwas in der Nähe frisch gewaschener Wäsche stehen? … Ich hatte mit vielen Tausenden Hühnern und Truthähnen zu tun und ich denke nicht, dass sie gute Haustiere sind, obwohl es bewiesen ist, dass man fast jeden Vertebrat dazu trainieren kann zum Futter zu kommen.“ (Jukes 1992)

Das ist die Stimme des Experten, der so desensibilisiert ist, dass das Bild eines kleinen Mäd­chens das zärtlich eine Henne in ihren Armen hält, nur Gedanken über die Defeka­tion der Henne produziert – etwas was daran erinnert, dass sein mit Tausenden von Hühnern und Truthähnen zu tun haben, in der Weise stattfindet, das sie ‚müssen’ wenn er sie berührt. In dem Verwährtsein in den environmentalistischen Dialog einzutreten durch „Clucking Like a Mountain“, kann ich mir nicht helfen aber mich zu fragen, in wie weit der Delegitimierungsprozess als eine Form des intellektuellen Schutzes gegen die stummen Beunruhigungen und weichen Dialoge all der Vivas in der Welt fungieren soll. Es gibt keine Beruhigung darin die Augen einer Henne aus einem Käfig blicken zu sehen, der genau für sie gebaut worden ist. Die Annahme, dass sie keinen Ausdruck hat, nichts auszudrücken hat, ist stattdessen eine große Beruhigung.

Endnoten

1 Dieser Text über die Schlachtung von Tieren für „Nahrungsmittelzwecke“ und Vegetarismus, wurde 1892 als Vorwort für die russische Ausgabe von Howard Williams Ethics of Diet (1883) geschrieben. Williams Buch ist eine biografische Geschichte des philosophischen Vegetarismus von der Antike bis durch zum frühen neunzehnten Jahrhundert.

2 Siehe Callicott (1980), „Triangular Affair,“ S. 315: Bezüglich der „starken Betroffenheit der ‚animal liberationists’ über das Leid der domestizierten Tieren . . . macht Leopold eine Einstellung klar, die höchstens als Gleichgültigkeit beschrieben werden kann.“

3 Siehe ‚Lord of the Flies’, Kapitel 8, „Gift for the Darkness.“

4 Leopold sagt auf Seite 137 „Allein der Berg hat lange genug gelebt um dem Heulen eines Wolfes objektiv zuzuhöhren.“

5  Siehe auch Callicott (1988), „Farm Animal Feminism“ (Brief), The Animals’ Agenda. Cf. Ursula K. Le Guin, “She Unnames Them,” January 21, 1985: 27. “Cattle, sheep, swines, asses, mules, and goats, along with chickens, geese, and turkeys, all agreed enthusiastically to give their names back to the people to whom — as they put it – they belonged.” („Rinder, Schafe, Schweine, Esel, Maulesel und Ziegen, Hühner, Gänse und Truthähne, alle waren sich enthusiastisch darüber einig, ihre Namen den Leuten zurückzugeben, denen sie – wie sie sagten – gehörten.”)

6 „Gib alle Hoffnung auf, der, der du hier eintrittst.“ Die Einschrift des Eingangs zur Hölle in Dantes Inferno, III, 9. Siehe auch Davis, „Farm Animals and the Feminine Connection“; „Mixing Without Pain“; und „Farm Animal Feminism“ (Brief).

7 Eine wertvolle Behandlung dieser Frage befindet sich in Michael Allen Fox, “Environmental Ethics and the Ideology of Meat Eating,” in ‘Between the Species’. Er sagt beispielsweise auf Seite 122, bezüglich der Abweisung der Ethik des Essverhaltens und dem Leiden individueller Tiere durch den Environmentalismus, dass es „ethisch myopisch und nicht mehr als selbstbedienend [ist]; es ist ein Beispiel der Art kategorischen Denkens, das Menschen weitaus zu lange praktiziert haben und von dem environmentalistische Ethiker versprochen hatten uns zu erlösen. Es ist eine Art zu denken, die aufgegeben werden muss, wenn Menschen und andere Lebensformen auf diesem Planet koexistieren und weiterleben können sollen.“

8 In Pacelle, “The Foreman of Radical Environmnetalism,” sagt David Foreman von ‘Earth First!’ auf S. 8, “Ich sehe individuelle Leben als momentares Energieknistern im Rasternetz“ – “I see individual lives as momentary energy blips on a grid.”

9 In “The Rights Stuff“ folgert Knox auf Seite 37, dass “diejenigen, die die Kämpfe der Erde führen würden, immer wieder an der Stelle wo ihre Interessen koinzidieren am gleichen Strang mit den Tierrechtsaktivisten ziehen [müssen], aber sie tun es mit Vorsicht, da sonst das so schwer erfassbare Bild des Großen und Ganzen zu Portraits geschlagener Welpen miniaturisiert wird.“ – „Those who would fight the earth’s battles can’t help but make common cause with animal rights activists where their interests coincide – but carefully, lest the ever-elusive big picture doesn’t get miniaturized into portraits of battered puppy dogs.”

10 Siehe Karen Davis „Red Contact Lenses for Chickens: A Benighted Concept.“ 192. Erhältlich über United Poultry Concerns, Inc. PO Box 59367, Potomac, MD20859.

11 Außer einigen Satzkürzungen, entspricht dieses Essay, „Clucking Like a Mountain,“ genau dem bei dem Herausgeber eingereichten Text.

12 Über das Konzept der moralischen Ökologie von Schmerzen und Leid: Karen Davis, „What’s Wrong with Pain Anyway?“

Quellen

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