Wurstmensch, Kampfhasen und sie begleitende schützende Skeletthexen, bei denen man nicht richtig erkennen kann, wenn man ihre Intention und Funktion nicht kennt. Im Märchenwald.
Entwurf 13.10.25
Speziesismus und Geschichte der Degradierungs- und Einverleibungssprache
Es gibt Gründe für und wider: Pflanzliche Lebensmittel mit Namen, die die nekrophil-speziesistische Welt nutzt, für ihren Leichenschmaus.
Vielleicht bagatellisiert man hier sogar Speziesismus, indem man speziesistische Sprache nicht als solche betrachtet. Zudem ist eine eigenständige pazifistische Lebens- inkl. Ernährungsweise etwas, die auf sehr klaren und soliden Füßen stehen kann und dadurch gewinnt. Als könne man auf unschöne Bezeichnungen für Gutes nicht verzichten, beschwert sich eine Menge von Leuten, die vermutlich gehofft hatten, dass Veganismus problemloser im System normalisiert wird.
Man sollte sich mal anschauen, welche Bedeutung speziesistische Terminologien in der Objektifizierung von Tieren einnehmen. Ein Thema, mit dem wir uns befassen und über das wir in diesem Zusammenhang hier nochmal schreiben werden. Nichtleichenteile sollte man nicht nach Leichenteilnahrungsbezeichnungen nennen wollen, sollen, müssen? Warum kann man pflanzliche Nahrung nicht mit passenden Bezeichnungen versehen, die man eben noch prägen kann. Der Schritt, Sprache von Speziesismen zu befreien, kann auch auf die Art und Weise angegangen werden, dass man Bezeichnungen bewusst antispeziesistisch wählt, d.h., dass man die Historie des Merkmals > ‘Objektifizierung durch Umwandlung in Ware’, auf dem Schirm haben sollte.
Die Umwandlung zur essbaren und nutzbaren Ware, im Zuge definitorischer Objektifizierungen von Tieren, bildet ein Alleinstellungsmerkmal vom Speziesismus, vergleichsweise zu den intramenschlichen Diskriminierungsformen, die sich eher in kontraktualistischen Rahmen bewegen (…).
Die Rhetorik eines “Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei” ist nicht vergessen und wird weiter gefeiert, die Logik der Alternative und des “Ersatzes” geht nur den halben Schritt und lässt sich von Mehrheitsmeinungen vor sich her treiben.
Der Drang, pflanzliche oder leichenfreie Nahrung nach Tierkörperteilen zu benennen (“vegane Wurst”, “pflanzliches Steak”, “Hähnchenersatz”) zeigt, wie sehr die Sprache noch im Fleisch-Denken steckt und wie wenig wir uns mit der Rolle von speziesistischer Normalisierung dieser Art der Nekrophilie als “kulinarischem Kulturgut” befassen.
Wenn man etwas “Wurst” nennt, auch wenn keine Tierleichenteile mehr darin vorkommen, dann bleibt man semantisch im Leichenteiluniversum. Man versucht, die “Normalität” des alten Kanons durch Nachahmung zu retten. Oder meint ein altes Übel ist damit ja abgeschafft, indem man die Begriffe neu besetzt: Aber, die Menschen, die weiter Tiermord normalisieren, werden sich auf diese Logik nicht einlassen, nicht ernsthaft, solange die Gesellschaft so funktioniert, wie sie das aktuell noch tut.
Zudem, wieso sollte man überhaupt versuchen speziesistisches Tätertum zu “gewinnen” oder “zu überzeugen”? Wie identifiziert Ihr den Speziesismus, dass Ihr meint ein Mindset, das so orientiert ist, wie das eines Speziesisten, sei durch ein wenig Dialektik zum Veganismus bekehrbar – nicht nur dazu, dass er seinen Bratling dann essen würde, sondern, dass er damit auch gegen die Jagd ist, gegen Tierversuche, gegen Speziesismus im Kulturbetrieb und alles, was seine vermeintliche menschliche Überlegenheit seiner Meinung nach untermauert?
Es bleibt dann beim Bratling oder der Wurst, weil das Gegenüber weiß, wie sehr seine geistige Heimat unhinterfragtes Maß aller Dinge bleiben kann – mit seiner Verfleischung der ganzen Welt.
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Es ist keine sprachliche Nebensache, sondern eine Form kultureller Gefangenschaft, in die sich diejenigen begeben, die ihren Schritt, den sie tun, oder eben ihre Lebenspraxis, nicht mit eigenem Stolz und eigenen Vokabular bekleiden können oder wollen. Man könnte sagen: Der Promoter der “veganen Wurst” will die Welt verändern, ohne das Vokabular der Schlachtung aufzugeben. Dabei wäre es viel sinnvoller, neue, eigene Bezeichnungen zu prägen, die nicht mehr eine Geschichte > der extremsten Form von Entwürdigung getöteter Körper > effektive verharmlosen und meinen neutralisieren zu können, sondern stattdessen eigene ästhetische, sensorische, ökologische, soziale Bedeutungsfelder zu öffnen, in dem Bewusstsein über das, was man hier sprachlich vollzieht; Sprache, die ganz genau diese Differenz klar macht und die damit eine neue Kultur fördert und zugleich an wichtige, spannende gute alte kulturelle Traditionen pflanzlich-pazifistischer Ernährung anknüpft.
Das Pflanzenessen als parallele menschliche Kulturgeschichte verstehen. Tofu, Falafel, getrocknete Pflanzen und Pflanzenteile, Fermentation, usw. Klassiker pflanzlicher Ernährung, unbekannte Lebensweisen und Geschichten, Hortikultur:
Warum nicht Wörter, die von Textur, Farbe, Herkunft, Zubereitungsweise, Pflanzencharakter, Geschmack oder Empfindung ausgehen – nicht von der “Fleischform”, die man ersetzen will?
Beispielhaft:
• statt Schnitzel → Blattling, Knuschel, Bratflor
• statt Hack → Körnling, Würzstück, Mahlgrund
• statt Milch → Haferquell, Korntrank, Nusszieher
(also poetische, offene Wortfelder statt Ersatzbezeichnungen)
Das Problem ist zum einen: Die Industrie denkt zum Teil in Marketingmimikry, nicht so sehr in kultureller Sprachneuschöpfung. Sie will an das Bekannte andocken, statt eine andere Welt benennbar zu machen. Wenn man Sprache ernst nimmt, müsste man sagen: Eine nicht-tierliche Ernährung braucht nicht Ersatznamen, sondern neue Metaphernräume.
Und, was die Seite der Nachfrage anbetrifft: Tierleichenteileersatz … ist das, was man schafft durchzusetzen als ethisch denkender Mensch???
Aber genau da liegt eben noch so ein Problemchen. In dieser Ausgangslage hat die ganz gescheite Welt derer, die meinen von langer Hand her die Wirtschaft zu ihren Gunsten stabil halten zu müssen, usw. schon längt ihre “bessere Idee” entwickelt:
New Meat. Neuer Wein nicht nur in alte Schläuche, sondern verpanschten Wein in die alten Schläuche hinein …
“New Meat” klingt nach Zukunft, nach Lösung, nach Erlösung vom Töten. Doch wer verkauft es? Dieselben Firmen, die weiterhin die industriell oder von Hand durch Menschen geopferte Tierleichen in Stücke teilen. Sie stehen mit einem Fuß auf der Mordparty und stoßen fröhlich mit der rettenden Lösung im Raum an. Die Idee, dass das neue Fleisch einfach das alte ablösen könne – glatt, geschmacklich kompatibel, ohne moralische Reibung – ist die Lüge, mit der man die Revolution in ein Geschäftsmodell verwandelt. Alle neuen “Ersatzproduktmärkte und -Modelle” sind zu analysieren. Hier meine ich aber gerade den Markt, der typische pflanzliche “Ersatzprodukte” vermarken will.
Das, was eine Abkehr vom Nekrophilen sein könnte, wird zur Fortsetzung des Alten unter nachhaltigem Etikett. “New Meat” ist nicht neu. Es ist das alte System in Designerfolie: ein synthetischer Ablasshandel, bei dem Schuld in Innovation umbenannt wird. So kann man gleichzeitig Mörder und Retter sein,
Konsument und Kritiker, Täter und Therapeut seiner selbst. Der Blick auf die Wirtschaft als Ort, der im War on Animals seine Rolle einnimmt, ist hier der springende Punkt.
Wenn aber die Produkte nicht mehr Ersatzleichen sein wollen, die man neben den echten Leichenteilen auf den Grill legt, dann müssen ihre Esser in der Lage sein sich sprachlich und ästhetisch zu emanzipieren: von der ganzen Geschichte systemischer speziesistischer Nekrophilie.
Dann erst beginnt das Eigene und damit auch die Ernährung, die dadurch, dass sie ohne Opfer funktioniert, eine alte neue Sinnlichkeit, eine verbundene Gesundheit und eine Verantwortung mit der Mitwelt entwickelt. Eine nichttierleichliche Kultur wird sich kaum mit den Resten des ewigen Übels eines Lebens auf einer Grundlage von Opferungen für den eigenen Zweck begnügen. Sie wird die Selbsterhaltung wieder denken, statt Welt zu konsumieren.
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