Tierrechte: Fundamentale und partikularistische Rechte

Tierrechte: Fundamentale und partikularistische Rechte

https://antispe.bandcamp.com/track/fundamentale-und-partikularistische-rechte

Transkription

Ein Freestyle-Talk über Tierrechte (von Gita Marta Yegane Arani). Also ich bin heute nicht besonders konzentriert. Ich bin ziemlich erschöpft. Ich hab heute lange gearbeitet und möchte jetzt einfach freestylemäßig über Tierrechte sprechen.

Und zwar: was versteht man unter Tierrechten? Ähm, für mich ist es natürlich total klar, was ich unter Tierrechten verstehe. Aber was verstehen andere Leute unter Tierrechten?

[Es kommt bei Rechten nicht primär auf partikulare Rechte in ihrer Angewandtheit an]

Ich bin neulich gefragt worden „Ja, Tierrechte, was ist das denn? Versteht man darunter sowas, wie haben Tiere so was wie Menschenrechte?“ Das ist natürlich Quatsch zu sagen, dass es bei Rechten auf irgendwelche partikularen Rechte in ihrer Angewandtheit ankommt, also sprich, wenn ich jetzt irgendwie Rechte in der Fortbewegung habe, im Verkehr, im Straßenverkehr, als Fußgänger, als Fahrradfahrer oder wenn ich eben mein Wahlrecht habe um bestimmte Parteien zu wählen, dann sind es eigentlich in gewisser Weise Rechte, die sich ableiten von gewissen Rechten, die wirklich fundamental sind.

[Partikulare Rechte leiten sich von fundamentalen Rechten ab]

Und wenn wir über fundamentale Rechte sprechen, dann sind eigentlich so partikularistische Rechte erst mal nicht das Wichtigste.

Also, man könnte genauso sagen … die Menschen sprechen ja von Artenschutz und von dem Begriff artgerecht: Ein Begriff, den ich ziemlich problematisch finde, weil er die ökologische Feinheit (das ökologische Finetuning) von Interaktion zwischen Lebewesen einfach nicht umfasst und ein stark von außen her bestimmender Begriff ist. Ich geh jetzt mal erst mal nicht weiter drauf ein, aber wenn wir aber jetzt von Artenschutz reden, könnten wir auch sagen ein partikularistisches Recht wäre, dass bestimmte Tiere ein bestimmtes Recht auf bestimmte Lebensräume haben oder auf eine gewisse Flora haben, auf einem gewissen ökologischen Raum, der irgendwie geschützt sein muss.

[Artenschutz impliziert aus Tierrechtssicht – neben Fragen der Grundrechte – in der Handhabung Fragen partikularistischer Rechte]

Die Frage um die es aber bei Tierrechten im Wesentlichen geht, sind Grundrechte. Also was sind einfach Grundrechte und woraus leiten sich Grundrechte ab?

[Die Frage dessen was Grundrechte sind und worauf sie sich begründen sollten/könnten]

Ähm, und da scheiden sich die Geister, und ich glaube, Sinn der Sache ist auch nicht, dass wir meinen, wir müssten irgendwie alle die gleiche Meinung teilen. Letztendlich teilen wir auch in Bezug auf Menschenrechte leider nicht immer alle die gleiche Meinung.

[Menschenrechte werden vermutlich nicht gemäß ihrer Ideale umgesetzt]

Gut, das ist jetzt ein Analogvergleich. Sollte man vielleicht unterlassen. Lassen wir das meinetwegen mal beiseite. Aber um zurückzukommen: was macht Grundrechte im Bezug auf Tiere aus?

Dazu muss man unabhängig vom Vergleich zum Menschen sehen und in den Raum stellen: die Frage von Freiheitsrechten und Autonomiefähigkeit. Dies sind für mich Punkte in den Tierrechten, die ich immer wieder betone und wo wir uns auch als Gesellschaft kritisch fragen sollten warum sprechen wir Tieren Freiheitsrechte ab?

[Freiheitsrechte und Autonomiefähigkeit]

Warum herrscht die Vorstellung, dass Tiere irgendwie instinktgetrieben wären und nicht eigene komplexe Denkvorgänge haben auf ihre ganz eigene Art und Weise? Also warum leiten wir immer alles vom menschlichen Paradigma ab? Warum meinen wir, alles müsse nach unseren Begriffen irgendwie erklärbar sein, wenn es um die Frage von Rechten anderer geht? Tiere sind faktisch gesehen andere.

[Andere müssen nicht nach unseren Begriffen erklärbar sein, um im Sinne ihrer Rechte erkennbar zu werden]

Jetzt können natürlich auch jemand völlig banal sagen „Nee, das sind nicht andere, das sind halt einfach nur Tiere“. Aber da spielt in der Tierrechtsdiskussion wieder grundsätzlich die Frage der Haltung eine Rolle. Für mich ist eine wichtige Prämisse, dass wir es eigentlich in allen wichtigen ethischen Belangen immer wieder mit Haltungen von Menschen zu tun haben. Und wenn ich die Haltung einnehme, dass ich einfach a priori voraussetze, dass Tiere vernunftbegabt sind auf ihre ganz autonome und eigene Art und Weise, dass ich keine Definitionshoheit über sie besitze, dass sie aber trotzdem Rechte haben, die sich aus ihrer Freiheitsfähigkeit und ihrer Autonomiefähigkeit ableiten lassen, und dass ich die Würde auch darin begründet sehe; indem ich Ihnen dies zuerkenne – ich glaube, wenn wir anderen Wesen grundsätzlich alles aberkennen, was ihre Besonderheit ausmacht, dann können wir diesen anderen Wesen auch keine grundlegende Würde zusprechen. Es ist also auch eine Frage irgendwie von Haltung und Perspektive.

[die affirmative Haltung in der Anerkennung der Rechte und damit einhergehend der Würde anderer, ohne eine menschliche kollektivistische Definitionshoheit zur Untermauerung vorauszusetzen]

Einen sehr schönen Ansatz hat kürzlich die Philosophin Syl Ko beschrieben. Sie hat in einem Begleittext zu einer Ausstellung einer koreanischen Künstlerin vom spezies-subjektivistischen Ansatz gesprochen. Ich habe den Text ins Deutsche übersetzt. Der Text ist auch auf unserer Seite im Englischen veröffentlicht. Beide Texte sind auch erreichbar im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek.

[deutsche Fassung: https://d-nb.info/1234807912/34 ; englische Originalfassung: https://d-nb.info/1234872005/34 ]

Dort haben wir also die Texte auch hinterlegt. Der Text ist nicht so lang, aber der Text hat es wirklich in sich. Das ist wirklich für Leute, die Tierrechte nicht einfach nur verstehen als eine Art verlängertem Tierschutz – die sollten sich wirklich mal auseinandersetzen damit, was Spezies-Subjektivismus beinhaltet. Ich könnte jetzt natürlich die Inhalte beschreiben, es ist jetzt vielleicht auch blöd, wenn ich es nicht mache. Es ist aber meiner Müdigkeit geschuldet und der Text ist, wie schon gesagt, auf dieser Seite einzusehen.

Mich hat der spezies-subjektivistische Ansatz dahingehend inspiriert anzufangen, spezies-subjektivistische Gedichte zu schreiben. Ich finde insgesamt, dass der Raum, der subjektivistische Raum zwischen Menschen und Tieren, überhaupt wenig, noch viel zu wenig gedanklich gefüllt wird von Tierrechtler*innen, in kreativer Art und Weise, dass wir Tiere mit einbeziehen, dass Tiere nicht immer nur die objektiviziert-beschriebenen sind, dass wir auch nicht irgendwie nur in der dritten Person über die Tiere reden, sondern sie auch als ein poetisches Du in den Raum mit einbeziehen. Also dass wir quasi tierinklusiv sprechen.

Klingt jetzt vielleicht ein bisschen schwierig für Leute, die überhaupt sehr wenig mit Tierrechten zu tun haben. Die können das jetzt vielleicht nicht unbedingt im Moment nachvollziehen. Wobei, in dem Zusammenhang will ich doch auch Leute ermutigen, die sich nicht als Tierrechtler*in bezeichnen würden, die aber eine sehr aufmerksame, achtsame, bewusste, fürsorgliche Haltung gegenüber Tieren haben, so dass sie sich ruhig als Tierrechtler*in bezeichnen könnten. Der Begriff ist nicht irgendwie gepachtet von Menschen, die zu gewissen Demonstrationen gehen oder eine bestimmte Literatur lesen.

Tierrechte sind so etwas essentielles wie Menschenrechte. Sie betreffen uns alle. Wir alle stehen in irgendeiner Beziehung zu Tieren. Die kann positiv und negativ, konstruktiv und destruktiv sein, mehr oder weniger, und es ist definitiv an der Zeit Tierrechte nicht als Sonderthema zu sehen, sondern sie gehen jede*n etwas an.

Ich habe viele Freund*innen die sich nicht trauen sich als Tierrechtler*in zu bezeichnen, weil sie sich eben nicht in irgendwelchen einschlägigen Kreisen und Szenen bewegen, die aber definitiv Tierrechtler*innen sind, und es ist schon traurig wie dann solche gesellschaftlichen Diskurse nicht so emanzipativ sind, dass sie wirklich alle mitnehmen, die eigentlich teil an so einer Bewegung haben … .

Bei Tierrechten geht es ja letztendlich wirklich darum: wie beziehe ich mich auf die Tiere in meiner Umwelt und die Tiere im politischen Raum insgesamt. Und es gibt viele Möglichkeiten sich in seinem Verhalten und seinen Äußerungen diesbezüglich zu artikulieren und einzubringen.

Ich finde wir sollten ruhig wahrnehmen, dass wir eine sehr große Bewegung sind. Aber eben definitiv eine sehr, sehr plurale Bewegung, weil … warum ich das ganze hier sage, ist eigentlich, um nochmal deutlich zu machen: Tierrechte sind nicht irgendwie was total vereinfachbar verstehbares, sondern Tierrechte sind was völlig komplexes – und so viele Köpfe wie es gibt, so viele Gedanken und Meinungen gibt es dazu. Wir müssen den Raum füllen, wir müssen den Diskurs führen mit den vielen, vielen Gedanken, die wir alle dazu haben und die sich nicht immer unbedingt gleichen müssen. Man sollte da auch keine Scheu haben.

Ja okay, das war jetzt einfach mal Freestyle. Ich bin jetzt zwar selbst nicht so begeistert von dem was ich gerade gesprochen habe und wie ich gesprochen habe, aber dafür ist das eben freestyle. Okay das war‘s … .

(04.06.2022)

Antibiologisitc Animal Sociology machen kein Mikroblogging mehr

Long overdue update: 21.05.2022

Wir mikrobloggen wieder, versuchen aber dennoch unseren Kommunikationsschwerpunkt im Netz auf das Veröffentlichen sowohl von längeren Texten als auch von ‘unabhängig gedachten’ Kommunikationsbits zu setzen.

Dies sollte gesagt, werden, da wir jenseits des Journalismus und von Buchpublikationen wahrnehmen, dass alltäglicher schriftsprachlicher Austausch zunehmend auf die Funktionsweisen schrumpft, die einem ‘soziale Netzwerke’ durch ihre Strukturen vorgeben: Followership, Likes, positives Feedback …

Wir waren gerade noch so stolz auf unsere neue ‘Headline’, sie brachte unseren Standpunkt recht gut auf den Punkt: Biologism marks the most typical approach to Nonhuman issues today – both in speciesism and antispeciesism, despite the existence of other terminologies.

Warum wir > @Nichmenschen > keine Mikroblogging-Plattformen mehr aktiv nutzen werden

(Nach mehreren dauerhaften Troll-Attacken sind wir auf Twitter auf @farmtiere zur Zeit umgestiegen.)

Es ist schade in der Hinsicht, dass wir dort mit einigen von uns sehr wertgeschätzten Aktivist*innen in Austausch im leicht rezipierbaren Mikrobloggingformat stehen konnten. Leute mit denen wir dort in Austausch standen, haben nicht unbedingt einen eigenen Blog oder eine eigene Webseite. Wir wollten hier zuerst eine Liste machen von den Accounts, denen wir auch weiterhin aufmerksam folgen werden. Aber das ganze Tool ‘Mikroblogging’ ist derzeit in seiner Nutzung in Form von Plattformen in unseren Augen problematisch geworden.

Du musst jetzt, um z.B. Twitter nutzen zu können, Deine Handynummer angeben. Du kannst keine Festnetznummer verwenden. Das heißt, Du musst ein Handybenutzer sein und Du musst willens sein, Deine Nummer bei der Plattform anzugeben. Wir wurden bei Twitter vorübergehend gesperrt nachdem wir eine prominente Person aus der Wirtschaft wegen ihrer Beteiligung in Tierversuchsprojekten kritisiert haben. Wir wurden schonmal vor Jahren vorübergehend gesperrt als wir PETA wegen etwas spezifischem kritisiert hatten. Wir finden es fragwürdig, ob man Leute wegen solcher Äußerungen sperren sollte. Es finden sich so viele Sache dort, die weitaus Restriktionswürdiger sind, die man wahrscheinlich aber nicht so leicht als “Hatespeech” an den Pranger stellen kann.

Auch sind uns andere Dinge bei Twitter z.B. aufgefallen, die wir nicht in Ordnung finden: so verschwanden Einträge extremst schnell aus der Suchfunktion als Ergebnisse, die Plattform wimmelt vor (ich nenne es mal) “Füllstoff-Accounts und Aktivitäten” die dem Mitläufer*innentrieb vieler zu entspringen scheinen.

Die ganze Dynamik der sozialen Netzwerke mit ihren Likes und Followern passt sowieso nicht zu der Art Austausch, den wir eigentlich suchen. Wir hatten zudem auch immer irgendeine ‘Knalltüte’, die uns auf sozialen Netzwerken stalkte und der die Funktionsweisen dort genau zunutze kamen. So werden wir nun auch diese Person los, wenn wir die Plattform nicht mehr im Aktivmodus verwenden.

Aber was auf der Kommunukationsebene stattdessen machen im Netz?

Immerhin ist es uns wichtig das Internet als Kommunikationsplattform zu nutzen, nur eben nicht über die von Likes, Followern und Retweets gelenkten Interaktion wie bei den so funktionierenden Mikroblogging-Plattformen. Unsere Themen und Herangehensweisen eigenen nicht nicht für Cluster von Zustimmenden. Wir möchten viel lieber den Ton des “allein etwas Lesens” anstoßen.

Der Aktivismus, der die Gruppe und deren Zustimmung benötigt, ist laut und auch immer wieder gerne ein Ort hierarchischer Rängeleien zwischen Splittergruppen die an Einfluss gewinnen wollen. Das bringt nichts – uns bringt das nichts, da wir, wie Ihr vielleicht wisst, einen ganz subjektiven Aktivismus praktizieren und auch entschieden praktizieren wollen.

Ich erinnere mich an eine Situation, die eine nachhaltig negative Wirkung auf mich hatte, und die auch mit dafür sorgte, warum ich das klassische Vereinsleben in den 90ier Jahren, nach einigen Jahren gesammelter schlechter Erfahrungen in unterschiedlichen Aktivitätsfeldern, schnellstens wieder verließ:

Es ging um eine Demo bei einer “Masthänchen”-Fabrik. Ein Tierrechtler, der in der Szene sehr bekannt war und der damals noch als Student sehr engagiert war, schlug vor bei der Demo die Polizei und eventuelle Passanten mit toten Hühnern zu bewerfen. Keiner der anderen anwesenden Tierrechtler*innen kritisierte diesen Vorschlag. Ich logischerweise schon, weil Aktivismus sich aus der authentischen Überzeugung speisen sollte und man sein subjektives Rückgrat bewahren sollte, wenn auch alle anderen sich dem, der gerade diesen grauenhaften Vorschlag macht, beugen wollten. Der Vorschlag müsse ja wahrscheinlich sehr subversiv und gut sein, da der der ihn macht doch so eine wichtige Persönlichkeit hier bei uns ist, so oder so ähnlich müssen die anderen Anwesenden wohl gedacht haben.

Als ich also logischerweise sagte wie furchtbar so etwas ist, stimmte mir plötzlich eine der Anwesenden zu – immerhin. Die anderen stellten sich verschworen hinter den beliebten Aktivisten. Hätte ich jetzt gefragt: “würdet ihr auch mit menschlichen Leichen um euch werfen?” hätte man mir den Unterschied in der Würde zwischen Mensch und Tier nahegelegt und mir vermittelt, dass ich eh keine Ahnung habe. So viel zum vielgerühmten Ansatz auf das “Mitgefühl” von Menschen zu setzen. Es ist entwürdigend tote Körper als Wurfgeschosse zu verwenden und es ist nicht okay, wenn Tierrechlter*innen sich über ihr eigenes Thema und Anliegen in dieser Form hinwegsetzen, nur um zu beweisen, dass ihnen alles was in Richtung ziviler Ungehorsam etc. geht wichtiger ist als die Würde der Tiere um die es hier ging.

In der Tierrechtsszene ist mir außerordentlich viel und sehr regelmäßig Speziesismus begegnet, in milderen und ausgeprägteren Formen. Die Tierrechtler*innen sind aber nicht die einzigen paradox Handelnden. Ich habe das auch häufiger von Aktivist*innen aus anderen Bereichen gehört und auch selbst erlebt, dass genau die Leute, die irgendetwas vehement nach außen vorgeben und proklamieren zu tun oder nicht zu tun oder bzw. irgendetwas zu sein oder nicht zu sein, selbst inhaltlich mit der Thematik noch gar nicht so ganz im reinen sind – um es mal gelinde auszudrücken.

Aus solchen Erfahrungen heraus entschied ich mich schon früh für einen Einzelaktivismus, der  der Gruppe nicht in der typischen Form bedarf, sondern jede*r bleibt das Individuum und das Subjekt, dass er/sie/es eben ist. Keine*r ist mehr, keine*r ist weniger.

Kein Mikroblogging mehr … zurück zu anderen Formaten

Die Mikroblogging-Plattformen boten sich erstmal an und schienen allerhand kommunikationstechnische Vorteile im Netz zu haben, aber brachten eben den Nachtteil der Follower und Likes-Problematik, die wie soziale Währungen funktionieren, mit sich. Ein fauler Kompromiss also doch, da die Gruppendynamiken wieder ganz präsent waren. Für mich also eigentlich gar keine richtige Lösung. Man begegnet auf Twitter und Co. wieder den gleichen Vereinsmeiereien im Aktivismusbereich und der gleichen Mentalität, wie als würde man den Leuten in Persona gegenüber stehen: Es geht nicht wirklich immer um die Themen um die es eigentlich gehen sollte, sondern es geht vor allen Dingen um Einfluss und Personen. Und um Personen insofern, dass es eben vermeintlich kluge und wichtige gibt, Claqueure und Mitläufer und unkluge und unwichtige (so wie mich und zahlreiche Leute die ich sehr schätze für das, was sie tun und sagen).

Ich bin aber der Meinung, dass jede*r im Prinzip wichtig ist. Für Ideen und Kreativität kann es im gesellschaftlichen Leben und auch sonst nie zu eng werden. Empowerment spielt in den Aktivismusbewegungen keine ausreichende Rolle finde ich. Viel zu sehr wird irgendwelchen Persönlichkeiten und ihren geistigen Outputs gefolgt, statt dass wir einander wichtig nehmen würden außerhalb der üblicher Schienen von “richtig”, “falsch”, “schwarz”, “weiß”.

Das Engagement von Einzelnen wird nicht wirklich wahrgenommen und wertgeschätzt. So sah ich auf Twitter immer wieder Leute die exzellente Beiträge leisteten, die mit ihren Aussagen und Darstellungen ihrer Themen aber als wenig wichtig gewertet wurden und vielzuwenig Aufmerksamkeit erhielten. Das hat mich enorm gestört. Alle Themen und alle Leute, die ich wichtig finde, werden in der Regel (ob es in Vereinen ist oder in den Social Networking Plattformen) ignoriert. Aber die Beiträge und Themen bleiben für mich genauso wichtig auch nachdem ich merke, dass sie übersehen werden und viel zu unbeachtet bleiben.

In den sozialen Netzwerken funktionieren Personen und Hashtags wie Fokussiertrichter, durch die alles hindurch getrichtert werden muss …

Dieser Rahmen sozialer Interaktion gefällt mir also nicht. Und genau deswegen verlasse ich ihn, wo es nun sogar soweit kam, dass eine völlig berechtigte Kritik an einem Prominenten gleich zu einer temporären Sperrung führt. Das ist doppelte Zensur. Einmal die geistige Schere ‘within’ in den Leuten und einmal die Schere von außen, der ‘Big Brother’ von außen.

Kommunizieren außerhalb von Hypes …

Es ist also nicht allein die Werbung für Luxusgüter – wie oben rechts auf dem Screenshot zu sehen – die einen als Nutzer*innen angeblich interessieren müsste, die mich grundsätzlich irritiert … es ist, wie der ganze Content von einer wabernden Masse an Leuten, über Hashtags sich gleichschaltend, gelenkt wird. Nicht alles was die Masse generiert, ist Abbild perfekten demokratischen Willens. Massentrends sind meiner Meinung nach nicht einfach unkritisch hinzunehmen. Und allein dass die Profile und Tweets viel an Individualität ausdrücken, heißt noch nicht, dass genau diese Leute sich nicht grundsätzlich in Clustern formieren wollten.

Verlasse ich solche Räume nicht, dann werde ich diese Dynamiken immer wieder zu schlucken haben. In Form von irreführenden Hashtags, die mich dazu verleiten zu schauen, ob es sich um etwas potenziell wichtiges handeln könnte, aber nein die wabernde Masse zeigt mal wieder das Prinzip an, nachdem dieser Raum funktioniert.

Wir hier versuchen jetzt mal andere Wege. Und in unserem Fall müssen sie ja nicht unbedingt so sozial sein. Der gewogene Lesende weiß wo man uns findet.

Zur Vollständigkeit, das ist der abgeschnittene letzte angeheftete Tweet, auf unserem Account gewesen: Tierleben können kein Agrarthema sein.

 

Themen und Akzente 07.11.2020

Zum Auffrischen verschiedenartiger Diskussionsgrundlagen hier einige interessante Links in unterschiedliche Richtungen – vom Samstag den 7.11.2020

Wenn eine Green Economy dekolonialisiert sein muss und postwachstumsorientiert funktioniert, warum begrüßen dann gegenwärtig manche Veganer*innen Fleischkonzerne, die veganwashing betreiben?

Ökologie, Dekolonialismus, Degrowth/Postwachstum, Greenwashing, Nicht- oder Unwissenschaftlichsein, Aktivismus

Epifania Akosua Amoo-Adare: (Un)Thinking Science: A critical call for conscious practical work
https://undisciplinedenvironments.org/2017/09/14/unthinking-science-a-critical-call-for-conscious-practical-work/

Combating greenwashing through public critique, a teaching idea by Jessica M. Prody
https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/17404622.2016.1139151?scroll=top&needAccess=true&journalCode=rcmt20

Interview with Malcom Ferdinand: Why We Need a Decolonial Ecology
https://www.greeneuropeanjournal.eu/why-we-need-a-decolonial-ecology/

Tierechte, Anti-/Speziesismus Dekolonialismus, Tierethik und Mythologie

Obwohl ich mit Gruppenzugehörigkeiten gewisse Probleme habe und nie in einer bestimmten Gruppe beheimatet sein konnte, schon gar keiner ethnischen, finde ich interessant, warum Menschen mit einem indigenen Hintergrund, wie in diesem Fall der Dichter Billy-Ray Belcourt, über Tiermythologisches im Kontext mit Tierrechtsbewusstheit sprechen können und der/die “normale Durchnittstierrechler:in” sich lieber dauerhaft auf die naturwissenschaftliche biologistische Sicht stützen will. Eine ganz andere Ausnahme ist jedoch die niederländische Anthropologin Barbara Noske, die sich kritisch mit Totemismus und kritisch mit Biologismus auseinandersetzt. Belcourt nimmt aber keine totemistische, symbolisierende Sichtweise ein, sondern betrachtet tierliche Nichtmenschen als Subjekte auf gleicher Ausgenhöhe wie es scheint … . Interessant ist die andere Perspektive als neuer Weg in der Annäherung an die Tierrechtsfrage im konstruktiven Sinne …

Billy-Ray Belcourt > @BillyRayB (twitter) > https://billy-raybelcourt.com
Animal Bodies, Colonial Subjects: (Re)Locating Animality in Decolonial Thought (2014)
https://www.researchgate.net/publication/
307841644_Animal_Bodies_Colonial_Subjects_ReLocating_Animality_in_Decolonial_Thought

Diesen Text hier habe ich nun noch nicht gelesen … es geht um eine Kritik daran, das die kritischen Tierstudien keinen dekolonialen Ansatz wählen …
An Indigenous critique of Critical Animal Studies
https://www.taylorfrancis.com/books/e/9781003013891/chapters/10.4324/9781003013891-1

Zwischen den Stühlen, Rassismus, Nationalität, Ethnizität

“German racism” ist so eine Sache, mixed race sein ist auch so eine Sache. Immer noch werden ethnische Typen festgelegt und visuell idealtypisch verstanden. Auch fragen dessen, was man allgemeinhin so als “Mentalitäten” versteht, sind immer noch rassistisch eingefärbt, in eigener Art und Weise gleichermaßen im Bezug auf Leute, die mixed race sind. Diesen Leuten wird oftmals aber tendenziell abgesprochen von Rassismen betroffen sein zu können. Ich glaube, wenn wir uns mit den Nuancen von Diskriminierung in jeglicher Hinsicht auseinandersetzen, können wir auch zunehmend herausschälen, wie die Art der Denkweisen sich zumeist zusammensetzen, die andere Lebewesen diskriminieren und verletzen.

‘I Will Never Be German’: Immigrants and Mixed-Race Families in Germany on the Struggle to Belong
https://www.nytimes.com/2019/11/08/reader-center/german-identity.html

https://criticalmixedracestudies.com/

Erica Chito Childs: Critical Mixed Race in Global Perspective: An Introduction
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/07256868.2018.1500975