Tierrechtsethik, Fleisch und Gesellschaftskritik

Tierrechtsethik, Fleisch und Gesellschaftskritik

Fleisch beinhaltet Tiermord. Dem Tiermord geht die Objektifizierung von Tieren voraus. Die Bezeichnung „Fleisch“ ist, anthropologisch betrachtet, wohl eine der am stärksten eingebetteten sprachlichen Verankerungen von Tier-Objektifizierung in der Gesellschaft. Wie thematisieren wir als Tierrechtler*innen das Thema und den Begriff „Fleisch“? Ein aktuell bekannter Ansatz stammt von der amerikanischen Psychologin Melanie Joy, die aufzeigt, dass bestimmte Tiere mit „Fleisch“ gleichsetzt werden, und dass die Menschen zu den Tieren, die diese Zuordnungen erfahren, keinerlei sensible und reflektierende Beziehung mehr in ihrem sozialen Verhältnis aufnehmen können oder wollen, während sie hingegen mit anderen Tieren, nämlich denjenigen, die designiert sind als „Haustiere“ (oder „companion animals“ respektive im Englischen) in deren Leben aufzutreten, ganz andere sensiblere Beziehungen herstellen können. Und das, ohne dass die Gesellschaft daran Anstoß nimmt oder sagen würde, dass sei „nicht richtig“ oder „nicht normal“. Bestimmte Tiere werden der Fleischproduktion zugeordnet, auch wenn diese Zuordnung kulturell und lokal unterschiedlich ausfällt.

Wir thematisieren als Tierbefreier*innen (Tierrechler*innen, Tierfreunde, etc.) primär die Tierindustrien als Orte der Fleischproduktion, ohne dabei aber klarzustellen, dass Objektifizierung und Entsubjektifizierung von Tieren nicht erst zu relevanten Problemen werden, wenn wir sie quantitativ betrachten. Wir verdeutlichen in unseren Protesten nicht, dass die ganz grundsätzliche Einstellung zu Tieren als „Fleischlieferanten“ bereits der Punkt ist, an dem mental und gesellschaftlich Tierobjektifizierung stattfindet, da wir Tierthemen nicht grundlegend in ihren gesellschaftlichen Dimensionalitäten kritisch diskutieren, sondern erst sekundär als relevant in einer Funktion von Begleitfaktoren kapitalistisch-anthopozäner Zerstörungsnormalität beleuchten. Damit blenden wir zeitgleich aus, wie die Gesellschaft in sich im Detail tierobjektifizierend aufgebaut ist. Orte, an denen Entsubjektifizierung stattfinden, sind nicht erst die Metzgereien und die Schlachtbetriebe, sondern alle Orte an denen Tiere in einer Art Antagonismus zum Menschsein angenommen werden.

In dem Punkt kann man wirklich vom abwesenden Referenten sprechen, den Carol J. Adams in sehr plakativer Weise erkannt und benannt hat in der Darstellung von Tierlichkeit als „Fleisch“ in der Werbeindustrie. Eine Diskreditierung vom Tiersein ist nicht erst dort in relevanter Weise am Arbeiten, wo sie sichtbar wird. In tierobjektifizierenden Gesellschaften ist sie bereits an den Orten mit zu lokalisieren, an denen sie unsichtbar hineinwirkt. Wenn wir akzeptieren, dass die Problematiken die Tiere erfahren erst existent sind in dem Moment in dem Tiere sich bereits an Orten befinden, in die Menschen sie über die Zeit hinweg immer wieder hineinkatapultiert haben, dann sehen wir die Tierlichkeit kaum mehr als abwesende Referenten in dem großen bestimmenden anthropozänen Raum.

Menschliche Gesellschaft ist in Hinsicht auf Tiersein jedoch nicht als unabänderlicher Monolith zu betrachten. Menschen haben ihre Gesellschaften erst so gebildet, dass Tierlichkeit darin einen untergeordneten Wert zugeteilt bekommen hat. Und wie sie dies getan haben, wirft fragen darüber auf, was verschiedene Menschen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten über ihre tierliche Mitwelt gedacht haben. Das was der Begriff „Fleisch“ vermittelt, ist Teil einer tierobjektifizierenden Menschheitsgeschichte. Die ideologische Komponente, die sich darin abbildet, verstärkt sich selbst durch die Art und Weise wie Objektifizierung durch solch einen Begriff funktioniert. „Fleisch“ lässt keine Metaphorik zu, sondern ist die radikalste Form einem Gegenüber zu begegnen. Es ist die negierendste Form dem Subjektsein des anderen zu begegnen.

Die Menschheitsgeschichte ist in Hinsicht auf Tiere kein Automatismus gewesen und ist es auch heute nicht. Es hat immer Menschen gegeben, die keine Mehrheitsmeinungen über Tiere teilten, und selbst wenn es keine Präzedenzen gegeben hätte, so sind Menschen aber immer in der Lage individuell neu und kritisch zu denken und selbst die als am unveränderlichsten erscheinenden Normen zu hinterfragen. Dass wir diese Veränderlichkeit in Hinsicht auf Tierthemen für undenkbar halten wollten – während wir aber bei Themen die andere Menschen betreffen Änderungsmöglichkeiten denken wollen – zeigt, dass einige von uns in ihrem Denken über das Mensch-Tier-Verhältnis noch sehr dem menschlich-chauvinistischen Gewohnheitsrecht verhaftet sind.

Wir können in dem Moment über „Fleisch“ kritisch sprechen, in dem wir Gesellschaften kritisch hinterfragen können. In dem Moment geht es auch nicht mehr ausschließlich um Mißhandlungsfälle in Schlachtbetrieben, sondern es geht überhaupt um die Denkweise Tiere seien über eine „Anthropologie des Fleisches“ diskutierbar. Diese Denkweise wird von vielen Menschen schon so lange als ethisch falsch und den Tieren gegenüber ethisch ungerecht betrachtet, dass ich mich frage, weshalb wir es heute immernoch nicht wirklich schaffen, uns die Gesellschaften – eine Menschheit – die tierobjektifizierendes Denken hervorgebracht hat, kritischst zu hinterfragen, statt ausschließlich an den Symptomen objektifizierenden Denkens herumzuoperieren.

Sagen wir Menschen würden die industrielle Tierhaltung und -tötung abschaffen, und sagen wir Tiere würde nicht mehr vor ihrer Schlachtung misshandelt werden, was würden Tierbefreier*innen dann zum Tiermord selbst sagen, der immernoch genauso das Kernproblem ist, wie er es in milliardenfacher Menge ist und wie er es ist, begleitet von zusätzlichen Grausamkeiten, die jedem Theriozid noch hinzugefügt werden können?

Ich glaube selbst viele wohlwollende Menschen trauen sich nicht Gesellschaft in Hinsicht auf Tierlichkeit und Tiersein weitaus kritischer zu beleuchten als es heute selbst noch in der Tierbefreiungsbewegung getan wird. Der Mensch als Norm wird immernoch soweit vorausgesetzt, dass wir seine Geschichte als Jäger und Sammler unhinterfragt weiterhin als Argumentationsstränge leitendes Hauptnarrativ akzeptieren statt andere Narrative zu thematisieren und in den Mittelpunkt zu rücken. Das wollen die meisten Menschen nicht, gleichwohl wir vom Anthropozän sprechen und somit ja offen zugeben, dass wir das stolze zerstörende Maß aller Dinge sind.

Der Durchschnittsmensch, sowie der/die Durchschnittstierbefreierin teilen Begriffe von Vernunft als allein anthropozän bemessbaren Vorgang. Insofern sieht er/sie die Welt auch nur aus Sicht der einen vermeintlich wahren „Vernunft“. Die ganze Tierverteidigung taugt aber solange viel zu wenig, solange wir aus solchen Paradigmen nicht heraustreten können, um Dinge zu akzeptieren, die wir wahrscheinlich nicht problemlos greifen können, die uns aber gewahr sind und wegen derer wir überhaupt Tierbefreier*innen sind. Wir teilen keine Vorstellungen a la Destcartes und Followerschip, die Tiere und Maschinen in eine Ecke räumen. Doch müssen wir unseren Betrachtungsgegenstand, unsere Kritik an objektifizierenden Bildern von Tieren, erst noch genauer untersuchen, um nicht selber weiterhin in den Fußstapfen objektifizierender Normenvorstellungen über Mensch und Tier zu tappen.

Wenn Fleisch das ist, was es ist: ein Teil eines tierlichen Lebewesens, dem unvorstellbarste Scherzen zugefügt worden sind und dessen körperliche Herabsetzung als so etwas wie z.B. ein „köstliches menschliches Ernährungserlebnis“ normalisiert und zelebriert wird, auf den unterschiedlichsten anthropologisch betrachtbaren Ebenen, dann ist Fleisch der direkteste Ausdruck einer geschaffenen unüberwindbaren ethischen Kluft innerhalb der Menschheit und jenseits „der Menschheit“ Fakt der totalen Negierung. Es geht hier nicht einfach um Essen, Einverleiben und stattdessen ein anderes Bewusstsein von Essen und Lebensmitteln zu schaffen. Genau in diese Räume reicht ein Objektifizierungsmechanismus tierlichem Seins hinein. Warum packen viele Tierbefreier*innen Nichtmenschen rhetorisch in reduktive Räume hinein: Tierthemen werden als Streitthemen der Agrarwirtschaft aufgefasst, während das Recht auf Rechte nicht tierethisch angegangen wird. Die „Anthropologie des Fleisches“ wird normalisiert vorausgesetzt, indem Ideologien ruraler Rituale und Tierobjektifizierung als Kulturgut nicht dekonstruiert werden.

Tierrechtsethik kann klarmachen, dass objektifizierende Räume dekonstruiert werden müssen, statt als unumstößliche menschheitsgeschichtliche Normen, und insofern als Menschseinsbestimmend, vorausgesetzt zu werden. Räume tierlicher Objektifizierung waren, gleich wo und gleich wie, immer das gleiche. Sie waren vor allen Dingen niemals ethisch harmlos. Objektifizierende Rhetorik muss in keinem Bereich von Aktivist*innen übernommen werden, sondern adäquate Landkarten können aufgezeichnet werden, in denen Tatsachen von Tiersubjektivität als von Menschen wahrgenommen gekennzeichnet sind.

Ich setze in diesem Text das Subjektsein als ein ethisch-moralisches Imperativ voraus. Objektifizierung geht nur vom Betrachtenden aus, während Subjektivierung ein grundsätzlich sozialerer Moment ist.

Syl Ko with Lindgren Johnson: Re-centering the Human

kts8

Jahrgang 8, Nr. 2, Art. 1, ISSN 2363-6513, Juni 2021

RE-CENTERING THE HUMAN

Syl Ko with Lindgren Johnson

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Originally published:

“Re-centering the Human” by Syl Ko (with Lindgren Johnson), accompanying Mooni Perry’s exhibit 코로지엄과식탁위에카오스 (English: CoroseumAndChaosOnTheTable), featured at the Um Museum in South Korea (May 15, 2021 to June 13, 2021) and Mooni Perry’s exhibit 짐승에 이르기를 (English: As to the Beast), featured at Hapjungjigu in South Korea (April 1, 2021 to June 13, 2021).

Tags: animal rights, human rights, ecology, sociology, animal sociology

TIERAUTONOMIE,  Jg. 8 (2021), Heft 2.

RE-CENTERING THE HUMAN

Syl Ko with Lindgren Johnson

The human being as the universal frame of reference is typically considered the primary source of our current planetary ills. To be clear, it is not simply that human beings are the culprits behind the demise of Earth, a large majority of whom live or strive to live lives in which sustainability and consideration of other beings or natural landscapes are absent priorities. Rather, what is thought is that it is human beings’ general positioning of themselves as central with respect to the rest of the natural world that has inevitably set the planet or at least many of its myriad inhabitants, including humans themselves, on a course for either oblivion or abject misery. What follows, then, is the assumption that the only hope in there being a reversal of this decay partially lies in de-centering human beings, not merely as the supposed grand beneficiaries of all that the natural world has to offer, but especially insofar as the human perspective is taken to be the central one.

These claims sketch two sides that are neatly reminiscent in a limited but relevant way of the debate between the Roman Catholic Church and early secular humanists surrounding the position of the Earth with respect to the solar system. Briefly put, the Church decreed that the Earth sat in the center of the universe, static, with the sun and other celestial bodies revolving around it while the observations and calculations of some early astronomers painted a vastly different and striking picture; namely, that it was the Earth that revolved around the sun and, moreover, the Earth was one among many other stellar objects that ran the course. In other words, Earth is not central and Earth is not unique. The consequences of de-centering the Earth were two-fold: first, exponential advancements resulted in astronomy/astrophysics that have changed our lives and scientific thought in ways that were previously inconceivable, and second, a shift was implemented concerning the authority of scientific knowledge. The early secular astronomers effectively challenged the Church as a credible reference for matters related to the natural world, which then called into question not just the position of the Earth in the cosmos, but also the question of the position of human beings in the natural order.

However, the success achieved by the early secular humanists in de-centering the Earth also invites a different and more daunting lesson that those hoping to de-center the human are well advised to embrace, which may- at the outset- appear not only disquieting but outright contrary to their aims. This lesson involves carefully distinguishing between the act of evaluative centering and methodological centering, the former a judgment issued about the objective centrality of a particular entity or idea, the latter a starting point from which a specific project is carried out. The Church’s earlier decree that Earth is the literal center of the solar system and that all stellar objects, including the sun, move about it is an example of evaluative centering. Evaluative centering typically justifies a further moral conclusion based on the judgment about the supposed centrality of a particular entity or idea. In this case, because Earth is allegedly the center of the solar system, is made of a different substance than all other celestial bodies, and is static, therefore, Earth is the site of a special, unique moral narrative, as described in the Bible. The astronomers promoting a heliocentric model of the solar system, however, participated in centering Earth methodologically. That is, calculations were performed and observations were made with Earth as the explicit reference point. In fact, it was owing to the astronomers’ methodological centering of Earth- that is, all calculations and observations were understood to be taking place from Earth, formulas and findings referenced from Earth to Venus, and so from Venus to the sun, etc., as opposed to calculations “from nowhere” or theological observations from the literal “God’s eye perspective”- that they were capable of evaluatively de-centering Earth.

None of this is to say that natural scientific inquiries are anything like ethical inquiries. The point is simply that rarely is the question raised about what is meant when many insist the human must be de-centered, as if a human point of reference and the judgment that humans’ needs and desires are objectively central are identical claims. If we consider the case of nonhuman animals specifically, the danger in confusing these two modes of centering are apparent, though of course the general point can be applied more broadly to other cases.

“Speciesism” is the word that has come to describe and explain the lack of widespread and substantial concern for animals belonging to species other than Homo Sapiens. The term suggests that the injustices faced by affected nonhuman animals are relevantly like the injustices that humans face due to human conflict, such as racism and sexism. According to this reasoning, what makes “speciesism” like racism and sexism is that in all three cases a property which ought to be morally arbitrary-whether race, sex, or species- is included in moral deliberation to defend prejudicial thinking. Mainstream animal advocates, then, argue that species considerations in ethical thinking, especially the idea that being human can be a reason for positive moral regard, is no different than entertaining the idea that being white or being male can be a reason for positive moral regard.

I refer to views in which it is assumed that species membership ought to be irrelevant to moral deliberation species-objectivist views. The species-objectivist casts the human being from a perspective external to the human inquirer such that she can examine traits, capacities, or properties about human beings in much the same way she does when considering any other animal. For those on the side of nonhuman animals, the conclusion is that there is no trait, capacity, or property possessed by human beings that at least one other kind of animal does not share. Therefore, from this Objective, Ideal frame of reference, which finds its content informed by the natural sciences, that being human itself can be deemed morally heavy is simply a matter of prejudice.

Species-objectivists can only de-center humans evaluatively by de-centering the human methodologically. This strategy entails abstracting away from the fact that humans apprehend themselves from two perspectives; the first is, as species-objectivists note, from an external perspective, just as when we apprehend a bat or elephant. But humans also and primarily apprehend themselves from an internal perspective, a vantage point we cannot apprehend about any other animal and, so, a state about which we must remain silent with regard to other animals. Although it is true that many other animals enjoy pleasure and suffer pain, experience a variety of emotions, remember, imagine, and so forth, we are unable to access the interiority of what these experiences are like from their perspective. Simply put, we are unable to subjectively experience the vantage point of another animal.

Views that focus on the internal perspective of being human, which I refer to as species-subjectivist views, argue that the question about our obligations to nonhuman animals is better reflected upon by situating it explicitly from our perspective as humans as opposed to a supposedly neutral scientific frame of reference “from nowhere”. In other words, contrary to species-objectivists, species-subjectivists believe the best way to evaluatively de-center human beings is to center humans methodologically. There are two main motivations for this approach. First, species-subjectivism acknowledges that what attributes to human beings a moral heaviness is not some distinct property, capacity, feature or trait but rather it is the human that is the proper object of the human moral inquiry and whose subsequent behavior sets out the conditions under which other animals (and other humans) must live. This is the same reason we do not foist our moral expectations upon, say, Bruno the family cat; it is not right to say that Bruno is intellectually or cognitively disabled to a severe degree, or- on the other hand- lacks empathy and harbors antisocial tendencies, and so he cannot be reasonably asked to participate in the results of our moral deliberations, such as we might say for some humans. Instead, Bruno belongs to an entirely different form of life, which is specific to his species, subjectively closed to us and which we cannot (and ought not attempt to) take intellectual possession of or subsume under our intellectual rubrics.

This ties closely into the second motivation for a species-subjectivist approach, which is that real and substantial moral regard for nonhuman animals necessitates appreciating that other animals themselves too have species-specific ways of subjectively existing in the world and that they should have the space and freedom to set up and participate in their own forms of life without our interference or at least with only minimal interference in cases where it cannot be prevented or contributes to their flourishing for mutual enrichment. Whereas a species-objectivist approach rests on looking for commonalities between humans and other animals as the ground for an animal ethic, species-subjectivism accepts that boundaries exist between the species and that part of respecting other animals demands resisting imposition of a human idea of what is a (good) life onto them. The appreciation of there being subjective realities for all animals as the primary orientation of ethics starts with appreciating that we, as humans, have a specific subjective reality, which must be confessed (for we, too, are animals) before making claims about respecting the subjective reality and forms of life belonging to other animals.

What does it look like to center humans methodologically? To start with, a methodological centering of the human would resist describing or explaining animal injustice as “speciesism.” Since we are considering the human not from the external perspective but the internal one, we find that human injustices and injustices other animals face due to human behavior are fundamentally unlike one another. The badness of human injustices such as racism or sexism arise from the exclusion of certain human populations or individuals from the very idea of “human.” In fact, racist and sexist ideology turn on interpreting non-whites and women, respectively, as either deviations from the ideal Human or unactualized Humans. A member of the species Homo Sapiens, then, can be rendered a non-human, an animal, a subhuman, an inter-human, etc., by another human being and it is this mechanism that generates the human pernicious -isms and the subsequent negative consequences that follow. These harms are usually not only physical but constitutionally internal of a certain type, the pain of dehumanization. Under a species-objectivist model, such a mechanism cannot be explained because, from an external perspective, it makes little sense to say that a human being is not a human being. From an external perspective, any member of the species Homo Sapiens is human “proper” and so it fails to make sense of why being considered “human” matters even in cases where only human beings are involved.

If excluding human beings from the idea of “human” is the mechanism behind human injustices, then certainly this mechanism cannot explain or describe animal injustice, for it would be bizarre to assume that positive moral regard for animals must involve conceiving of them as human beings. And certainly acknowledging that other animals are not human does not, in and of itself, necessitate negative or absent moral regard for them. Re-centering the human methodologically, then, reveals an important path to de-centering humans evaluatively: animal advocates must find a way to re-articulate or reformulate to the general public and themselves animal injustice in its own terms such that parallels to human injustices are not necessary as buttresses. Though well-intentioned, the obsession with modeling nonhuman animal injustice as if it were relevantly like human injustice obscures the degree to which animal injustice is a unique form of suffering for which we are responsible. Protest aimed at human injustices necessarily (and rightly) cues sentiments of the form, how can we do this to another human being?, sentiments that cast a long shadow when the suffering of a nonhuman is set beside it.

Additionally, using human injustice as a template for understanding animal injustice logically leads to ridiculous applications of the “inclusion” narrative, which has been essential for ensuring justice for human groups historically excluded from participating in society, to the case of nonhuman animals as a salve for the wrongs we commit upon them. Though moral consideration of nonhuman animals is seldom seriously taken up, is it ludicrous to assume that encouraging their literal inclusion into spaces designed for human flourishing is the answer to what it is to include them in our moral thought.

What should be of note here is that species-subjectivism, then, hints at an incredible tension species-objectivism requires for general moral thinking. Species-subjectivists acknowledge human beings operate primarily from the internal perspective in practical matters, which include moral matters, carried out on a daily basis. The successful ethical relationships exemplified by friendships, marriages, humans with their animal companions, families, etc. provide rich grounds for investigating how the local schemas and webs of lives we build and lead intrinsically supply the parameters for how we ought to interact with one another. Asking individuals to remove themselves from this perspective, the perspective at which moral thinking occurs and in which all other positive moral relationships inhere, to take up the external perspective as means to reflect on moral matters with respect to nonhuman animals seems a foolish ambition. If we wish to effect a widespread cognitive shift about nonhuman animals, this cannot be the way forward.

I have tried to show here that there is incredible value in making salient a kind of centering that ought to vanish versus a kind of centering that is indispensable to that disappearing act. Like the de-centering of Earth in astronomy, the de-centering of the human in ethics can have profound effects, both material- insofar as we can make a difference to the health of the planet and its dwellers- as well as cognitive- insofar as we can shift the scope and range of beings that qualify as morally considerable, thus recalibrating our position in the ethical order. Although humans cannot continue to believe they are evaluatively central if the trend of our collective behaviors affecting the planet will be reversed, it is a mistake to also believe this project necessitates de-centering the human frame of reference. It is true that we are trying to change the world, but to do so mostly requires changing the human. If there is any hope that a moral revolution will come to fruition in the coming years, it will have to be a revolution of the human perspective and, as such, the human perspective must remain front and center.

Contact: sylko@protonmail.com

About the authors

Syl Ko is co-author of ‚Aphro-ism: Essays on Pop Culture, Feminism und Black Veganism‘ (2017); she studied philosophy at the San Francisco State University and at the University of North Carolina at Chapel Hill, with a focus on history of philosophy, socioontology and animal ethics. She works as an independent researcher in Portland, Maine (USA).

Lindgren Johnson is author of: ‚Race Matters, Animal Matters: Fugitive Humanism in African America, 1840-1930‘ (2018). She teaches at the University of Virginia (USA) at the Department of English and is faculty advisor for the Animal Justice Advocates of the UVa.

Tierautonomie

Publisher: www.simorgh.de – ‘Open Access in animal-, human- and the earth liberation’. Revised 06/2021. Published with the kind permission of the author and the Edition Farangis.

Citation

Ko, Syl/Johnson, Lindgren (2021). Re-centering the Human. TIERAUTONOMIE, 8 (2), http://simorgh.de/tierautonomie/JG8_2021_2.pdf.

(Rev. 06.05.2021)

TIERAUTONOMIE (ISSN 2363-6513)

by-nc-nd.eu

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Tierrechte in der sozialen Praxis (1)

Warum sollten Tierbelange allein in den ihnen bislang zugeordneten Fächern erörtert werden, statt in einer debiologisierten Haltung ihnen gegenüber? „Ein Mensch zu sein“ wird als soziologischer Zustand begriffen, während nichtmenschliche Tiere und Tierlichkeit schlechthin in Kategorien einer (vermeintlichen und kausalistisch vorgestellten) „verhaltensbiologischen” Dominiertheit gerückt werden.

  • Tierlichkeit kann debiologisiert betrachtet werden
  • Existenzielle Vielfalt zu achten, beinhaltet dass breitere Perspektiven als die des allein Anthropozentrischen nötig sind
  • Die existenzielle Vielfalt, die Menschen und nichtmenschliche Tiere mit einbeschließt, als ein „wir“ zu verstehen, heißt: Wir können gegenseitig voneinander lernen, als soziale und als in ökologischen Zusammenhängen verstehbare Lebewesen

Antibiologistische Tiersoziologie

Why treat nonhuman concerns in assigned fields, instead of debiologizing the typical stances on animality? “Being a human” is still taken as a sociological state, while “nonhuman behaviour” is routinely relegated into the categories of being biologically driven/dominated.
– Animality can be seen in debiologized ways.
– Embracing existential plurality means wider perspectives than anthropocentrism are required
We can mutually learn as social and ecological beings.

antibiologistic antispeciesist animal sociology

 

Syl Ko und Lindgren Johnson: Eine Rezentrierung des Menschen

kts8

Jahrgang 8, Nr. 1, Art. 1, ISSN 2363-6513, März 2021

Eine Rezentrierung des Menschen

Syl Ko und Lindgren Johnson

Die englischsprachige Originalfassung:

“Re-centering the Human” by Syl Ko (with Lindgren Johnson), accompanying Mooni Perry’s exhibit 코로지엄과식탁위에카오스 (English: CoroseumAndChaosOnTheTable), featured at the Um Museum in South Korea (May 15, 2021 to June 13, 2021) and Mooni Perry’s exhibit 짐승에 이르기를 (English: As to the Beast), featured at Hapjungjigu in South Korea (April 1, 2021 to June 13, 2021).

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Hintergrund: Was bedeutet es zu sagen, dass der Mensch ein moralisch gewichtiger Faktor sei. Menschen sind gewichtige Faktoren in dem Sinne, dass wir von ihnen verlangen, ihr Verhalten und ihre Weltanschauungen zu ändern. Mainstream-Tierethiker*innen wenden viel Zeit damit auf darzulegen, dass ‚Spezies‘ im Punkte moralischer Erwägungen ein irrelevanter Faktor sei, was dem Aspekt widerspricht, dass Menschen selbst das Problem darstellen, dass sie es sein müssen, die sich verändern, und dass diese ethischen Argumente schließlich auf Menschen abzielen. Es kann nicht einerseits von Menschen verlangt werden sich abstrahierend von ihrem Menschsein abzuwenden, wenn es auf der anderen Seite genau das „Menschsein“ ist, das der zentrale Fokussierpunkt in der ethischen Auseinandersetzung sein muss. Dabei geht es nicht um menschliches Überlegenheitsdenken. Ungerechtigkeit gegenüber Tieren muss in seinen eigenen Begrifflichkeiten reartikuliert werden, damit Parallelen zu zwischenmenschlichen Ungerechtigkeiten als Stützpfeiler unnötig werden. Die Gleichsetzung von zwischenmenschlicher Ungerechtigkeit mit menschlicher Ungerechtigkeit gegenüber Nichtmenschen, verdeckt den Grad, in dem Ungerechtigkeit gegenüber Tieren eine einmalige Form des Leids ist, für die wir verantwortlich sind. Solche Reformulierungen sind entscheidend, um einen kognitiven Wechsel im Sinne der nichtmenschlichen Tiere sicherzustellen.

Schlagworte: Tierrechte, Menschenrechte, Ökologie, Soziologie, Tiersoziologie

TIERAUTONOMIE,  Jg. 8 (2021), Heft 1.

Eine Rezentrierung des Menschen

Syl Ko und Lindgren Johnson

Der Mensch als universeller Bezugsrahmen wird typischerweise als Hauptursache unserer heutigen planetaren Leiden betrachtet. Um dies klar zu machen: Es ist nicht einfach so, dass Menschen die Verursacher des Niedergangs der Erde sind, indem eine große Mehrheit ihr Leben in der Art leben wollen oder leben müssen, dass Nachhaltigkeit und die Berücksichtigung anderer Lebewesen oder natürlicher Landschaften abwesende Prioritäten darstellen. Sondern, man geht davon aus, dass es ist die grundsätzliche Positionierung ist, in der Menschen sich selbst als Mittelpunkt im Bezug auf den Rest der natürlichen Welt platzieren, durch die der Planet oder immerhin viele Myriaden seiner Bewohner, einschließlich des Menschen selbst, auf einen Kurs ins Vergessenwerden oder in erbärmliches Elend gesetzt wurden. Was daraus folgt, ist die Annahme, dass die einzige Hoffnung auf eine Umkehr dieses Verfalls teilweise darin liegt, den Menschen zu de-zentrieren, nicht allein als vermeintlich großen Nutznießer all dessen, was die natürliche Welt zu bieten hat, sondern vor allem insofern, als dass die menschliche Perspektive nicht mehr als die zentrale betrachtet werden sollte.

Diese Ausgangspunkte skizzieren zwei Seiten, die in begrenzter, aber bedeutsamer Weise an die Debatte zwischen der römisch-katholischen Kirche und den frühen säkularen Humanisten erinnern, als es um die Position der Erde im Sonnensystem ging. Kurz erklärt verfügte die Kirche, dass die Erde der Mittelpunkt des Universums sei, statisch, und die Sonne und andere Himmelskörper würden um sie kreisen, während die Beobachtungen und Berechnungen einiger früher Astronomen ein deutlich anderes Bild aufzeigten; nämlich, dass es die Erde war, die sich um die Sonne drehte, und darüber hinaus, dass die Erde sogar nur eines von vielen anderen stellaren Objekten war, die diese Bahnen zogen. In anderen Worten, die Erde steht nicht im Mittelpunkt und sie ist auch nicht einmalig. Die Folgen der Dezentrierung der Erde waren zweierlei: erstens wurden exponentielle Fortschritte in der Astronomie/Astrophysik erzielt, die unser Leben und unser wissenschaftliches Denken in vorher unvorstellbarem Maße veränderten, und zweitens fand ein Wechsel in der Autorität von Wissenschaftlichkeit statt. Die frühen säkularen Astronomen stellten die Kirche als eine glaubwürdige Quelle für Fragen bezüglich der natürlichen Welt in Frage, wodurch infolgedessen nicht nur die Position der Erde im Kosmos hinterfragt wurde, sondern auch die Stellung des Menschen in der natürlichen Ordnung.

Der Erfolg, der durch die frühen säkularen Humanisten durch die Dezentrierung der Erde erlangt wurde, befördert aber auch eine andere, entmutigende Lektion, mit der diejenigen, die den Menschen dezentrierten möchten, sich auseinandersetzen sollten, und die – eingangs – nicht nur beunruhigend, sondern regelrecht entgegengesetzt zu ihren Zielen erscheinen könnte. Die Lektion beinhaltet die sorgfältige Unterscheidung zwischen dem Akt der evaluativen Zentrierung und der methodologischen Zentrierung. Dabei ist ersteres eine Beurteilung, die über die objektive Zentralität einer bestimmten Einheit oder Idee getroffen wird, und das zweite ist ein Anfangspunkt, von dem aus ein bestimmtes Projekt begonnen werden kann. Die frühere Verfügung der Kirche, dass die Erde der tatsächliche Mittelpunkt des Sonnensystems sei, und dass alle stellaren Objekte, einschließlich der Sonne, sich um sie herum bewegten, ist ein Beispiel evaluativer Zentrierung. Eine evaluative Zentrierung rechtfertigt typischerweise eine weitere moralische Schlussfolgerung, basierend auf der Beurteilung über die vermeintliche Zentralität einer bestimmten Einheit oder Idee. In diesem Fall ist die Erde der Ort eines besonderen einmaligen moralischen Narrativs, wie es in der Bibel dargelegt ist, dass die Erde angeblich der Mittelpunkt des Sonnensystems ist, sie von einer ganz anderen Beschaffenheit ist als alle anderen Himmelskörper und sie ist statisch. Die Astronomen, die für ein heliozentrisches Modell des Sonnensystems plädierten, unternahmen jedoch eine methodologische Zentrierung der Erde. Das heißt, es wurden Berechnungen und Beobachtungen angestellt, bei denen die Erde der bewusste Bezugspunkt war. In der Tat war es der methodologischen Zentrierung der Erde durch die Astronomen geschuldet – das heißt all die Kalkulationen und Beobachtungen wurden als auf der Erde stattfindend verstanden, Formeln und Erkenntnisse bezogen sich auf die Erde zur Venus und so von der Venus zur Sonne, usw. anstelle von Berechnungen „aus dem Nichts“ oder aus Sicht theologischer Beobachtungen aus einer „Perspektive Gottes“ – dass sie in der Lage dazu waren, die Erde somit evaluativ zu dezentrierten.

Nichts davon soll besagen, dass Forschungen in den Naturwissenschaften sich verhalten würden wie Forschungen in der Ethik. Es geht einfach darum, die Frage aufzuwerfen, was damit gemeint ist, wenn viele darauf bestehen, dass der Mensch dezentriert werde müsse, als ob der menschliche Bezugsrahmen und die Beurteilungen, dass menschliche Bedürfnisse und Wünsche objektiv zentral seien, identische Ansprüche seien. Wenn wir uns spezifisch den Fall nichtmenschlicher Tiere anschauen, dann wird die Gefahr deutlich, die in der Verwechslung beider Modalitäten der Zentrierung liegt, obgleich der grundsätzliche Punkt hier im Weiteren auch auf andere Fälle bezogen werden kann.

„Speziesismus“ ist der Begriff, der den weitläufigen und grundsätzlichen Mangel an Berücksichtigung von Tieren, die anderen Spezies als Homo sapiens angehören, beschreibt und erklärt. Der Begriff vermittelt, dass die Ungerechtigkeiten, die nichtmenschlichen Tieren widerfahren, in relevanter Weise vergleichbar sind mit Ungerechtigkeiten, die Menschen aufgrund menschlicher Konflikte widerfahren, so wie etwa Rassismus und Sexismus. Dieser Überlegung folgend ist das, was den “Speziesismus” vergleichbar zu Rassismus und Sexismus macht, dass in all den drei Fällen eine Eigenschaft, die moralisch arbiträr sein sollte – ob Rasse, Geschlecht oder Spezies – in moralische Überlegungen einbezogen wird, anhand derer ein Vorurteilsdenken gerechtfertigt wird. Mainstream-Tierverteidiger argumentieren dann, dass die Beachtung von Spezies im ethischen Denken, insbesondere der Gedanke, dass ein Mensch zu sein ein Grund für eine positive moralische Berücksichtigung sein könne, sich nicht anders verhält, als wenn jemand die Idee vertritt, dass weiß zu sein oder ein Mann zu sein ein Grund sein könne, um als moralisch relevant bewertet zu werden.

Ich beziehe mich auf Sichtweisen, bei denen angenommen wird, dass die Spezieszugehörigkeit bei moralischen Überlegungen irrelevant sein solle, als spezies-objektivistische Sichtweisen.  Der Spezies-Objektivist betrachtet den Menschen aus einer Perspektive außerhalb des menschlichen Beobachtenden, so dass er/sie Eigenschaften, Fähigkeiten oder Züge über Menschen in so ziemlich gleicher Weise betrachten kann, wie wenn er/sie sich irgendein anderes Tier ansieht. Für diejenigen, die auf der Seite der nichtmenschlichen Tiere stehen, lautet die Schlussfolgerung, dass es keine Eigenschaft gibt, keine Fähigkeit und kein Merkmal, über die Menschen verfügen, über die nicht immerhin eine Art von Tier ebenso verfügt. Aus diesem ‚objektiven, idealen‘ Bezugsrahmen heraus, dessen Inhalte sich auf die Naturwissenschaften beziehen, ist die Betrachtung, dass das Menschsein selbst ein moralisch gewichtiger Faktor ist, schlichtweg eine Frage des Vorurteils.

Spezies-Objektivisten können Menschen nur evaluativ dezentieren, indem sie Menschen methodologisch dezentrieren. Diese Strategie beinhaltet eine Abstrahierung hinweg von der Tatsache, dass Menschen sich selbst aus zweierlei Perspektiven betrachten; die erste ist dabei – wie Spezies-Objektivisten erkennen – eine Sicht aus einer externen Perspektive, so wie wenn wir eine Fledermaus oder einen Elefanten betrachten würden. Aber Menschen betrachten sich selbst auch und primär aus einer internen Perspektive, ein Blickpunkt, den wir nicht über andere Tiere einnehmen können und somit ein Zustand, über den wir im Bezug auf andere Tiere schweigen müssen. Auch wenn es stimmt, dass viele andere Tiere Freude erleben und Schmerz erfahren, eine Vielzahl von Emotionen erleben, sich erinnern, sich Dinge vorstellen und so weiter, so sind wir doch nicht in der Lage auf die Internalität dessen zuzugreifen, wie diese Erfahrungen aus derer Perspektive erlebt werden. Einfach gesagt sind wir nicht in der Lage dazu, die Sichtweise eines anderen Tieres subjektiv zu erleben.

Sichtweisen, die auf die innere Perspektive des Menschseins fokussieren, auf die ich mich als spezies-subjektivistische Sichtweisen beziehe, zeigen auf, dass die Frage über unsere Verpflichtungen gegenüber nichtmenschlichen Tieren besser begriffen wird, indem man sie explizit aus unserer Perspektive als Menschen her lokalisiert, statt innerhalb eines angeblich neutralen wissenschaftlichen Bezugsrahmens „aus dem Nichts“. In anderen Worten, im Gegensatz zu den Spezies-Objektivisten, glauben Spezies-Subjektivisten, dass der beste Weg um Menschen evaluativ zu dezentrieren darin liegt, den Menschen methodologisch zu zentrieren. Für diese Herangehensweise liegen zwei wesentliche Motivationen vor. Zuerst erkennt der Spezies-Subjektivismus, dass das, was Menschen ein moralisches Gewicht zuschreibt, nicht eine besondere Eigenschaft, Fähigkeit oder ein gewisses Merkmal ist, sondern, der Mensch selbst ist das Objekt menschlich moralischer Hinterfragungen, und das sich daraus ergebende Verhalten, legt die Bedingungen fest, unter denen andere Tiere (und andere Menschen) zu leben haben. Dies ist der gleiche Grund, warum wir unsere moralischen Erwartungen beispielsweise Bruno, der Katze, nicht aufzwingen; es wäre falsch zu sagen, dass Bruno intellektuell oder kognitiv in schwerem Maße behindert wäre, oder – auf der anderen Seite – dass es ihm an Empathie mangeln würde oder er antisoziale Tendenzen hätte, und er somit nicht wirklich Teil der Ergebnisse unserer moralischen Überlegungen sein könne, so wie wir es vielleicht für einige andere Menschen sagen würden. Stattdessen gehört Bruno zu einer anderen Lebensform, die seiner besonderen Spezies eigen ist, die uns insofern verschlossen bleibt, über die wir intellektuell keinen Besitz ergreifen können (und es auch nicht versuchen sollten zu tun) und die sich auch nicht in unsere intellektuellen Kategorien einordnen lässt.

Dies bindet sich eng an die zweite Motivation für eine Spezies-Subjektivistische Herangehensweise, die beinhaltet, dass eine echte und substanzielle moralische Berücksichtigung nichtmenschlicher Tiere erfordert anzuerkennen, dass andere Tiere selbst gleichermaßen spezies-spezifische Arten und Weisen haben, subjektiv in der Welt zu existieren, und dass sie über den Raum und die Freiheit dazu verfügen sollten, ihre eigenen Arten zu Leben zu gestalten und an ihrer eigenen Form zu leben teilzuhaben, ohne unsere Eingriffe oder zumindest nur mit einem Mindestmaß an Eingriffen unsererseits, in Fällen bei denen es nicht verhindert werden kann oder durch die zu einer gegenseitigen Bereicherung in ihrem Interesse beigetragen werden kann. Während eine spezies-objektivistische Herangehensweise darauf basiert nach den Gemeinsamkeiten zwischen Menschen und anderen Tieren zu schauen, als Grundlage für eine Tierethik, so akzeptiert der Spezies-Subjektivismus hingegen, dass Grenzen zwischen den Spezies existieren, und dass ein Teil dessen andere Tiere zu respektieren erfordert, eine Aufoktroyierung einer menschlichen Idee dessen, was ein (gutes) Leben für sie sei, ihnen gegenüber zu vermeiden. Die Anerkennung dessen, dass subjektive Realitäten für alle Tiere existieren, als primäre Orientierung in der Ethik, beginnt mit der Anerkennung dessen, dass wir, als Menschen, über eine spezifische subjektive Realität verfügen, die wir offenlegen müssen (denn wir sind ebenso Tiere) bevor wir für uns behaupten können, die subjektive Realität und die Formen von Leben anderer Tiere zu respektieren.

Wie sieht es aus, wenn wir Menschen methodologisch zentrieren? Eingangs muss gesagt werden, dass eine methodologische Zentrierung des Menschen darauf verzichten würde, Ungerechtigkeit gegenüber Tieren als „Speziesismus“ zu beschreiben oder zu erklären. Da wir den Menschen nicht aus der externen, sondern aus der internen Perspektive beschreiben, erkennen wir, dass menschliche Ungerechtigkeiten gegenüber anderen Menschen, und Ungerechtigkeiten, mit denen andere Tiere sich aufgrund von menschlichen Verhaltensweisen konfrontiert sehen, sich grundsätzlich voneinander unterscheiden. Die Schlechtigkeit (zwischen-)menschlicher Ungerechtigkeiten, so wie Rassismus oder Sexismus, rühren aus dem Ausschluss bestimmter menschlicher Populationen oder Individuen aus der grundsätzlichen Idee des „Menschseins“. In der Tat greifen rassistische oder sexistische Ideologien darauf zurück, Nichtweiße und Frauen respektive, entweder als Abweichungen vom idealen Menschen oder als nicht komplette Menschen zu deuten. Ein Mitglied der Spezies Homo sapiens kann dann von einem anderen Menschen als nicht-menschlich bezeichnet werden, als Tier, als Untermensch, als halber Mensch, etc. und es ist dieser Mechanismus, der die schädlichen menschlichen Ismen und die daraus folgenden negativen Konsequenzen erzeugt. Diese Schäden sind normalerweise nicht nur physisch, sondern von ihrer Qualität in besonderer Weise innerlich, als Schmerz der Entmenschlichung. Im spezies-objektivistischen Modell kann solch ein Mechanismus nicht erklärt werden, denn aus einer externen Perspektive ergibt es kaum Sinn zu sagen, dass ein Mensch kein Mensch ist. Aus einer externen Perspektive ist jedes Mitglied der Spezies Homo sapiens ein „richtiger“ Mensch und so macht es auch keinen Sinn zu fragen, warum als „Mensch“ betrachtet zu werden, eine Bedeutung haben kann in Fällen, bei denen es ausschließlich um Menschen geht.

Wenn der Ausschluss von Menschen aus der Idee des „Menschseins“ ein Mechanismus ist, der hinter zwischenmenschlichen Ungerechtigkeiten steckt, dann kann dieser Mechanismus Ungerechtigkeit gegenüber Tieren mit Sicherheit nicht erklären, denn es wäre absurd anzunehmen, dass eine positive moralische Berücksichtigung von Tieren beinhalten müsse sie als Menschen zu betrachten. Und mit Sicherheit verursacht die Zurkenntnisnahme dessen, dass andere Tiere keine Menschen sind, nicht von selbst aus eine negative, oder nicht vorhandene moralischen Berücksichtigung ihrer. Eine methodologische Rezentrierung des Menschen lässt somit einen wichtigen Weg zur evaluativen Dezentrierung von Menschen erkennen: Tierverteidiger müssen einen Weg finden, der allgemeinen Öffentlichkeit und sich selbst gegenüber, Ungerechtigkeit gegenüber Tieren in seinen eigenen Begrifflichkeiten zu reartikulieren und zu reformulieren, so dass Parallelen zu zwischenmenschlichen Ungerechtigkeiten als Stützpfeiler unnötig werden. Auch wenn dies guten Intentionen folgt, so verdeckt die Besessenheit damit, die Ungerechtigkeit gegenüber nichtmenschlichen Tieren zu erörtern als verhielte sie sich in relevanter Weise gleich zu zwischenmenschlicher Ungerechtigkeit, den Grad, in dem Ungerechtigkeit gegenüber Tieren eine einmalige Form des Leids ist, für die wir verantwortlich sind. Proteste, die sich gegen zwischenmenschliches Unrecht richten, befördern zwangsläufig (und zu Recht) die Fragen dessen, wie wir dies anderen Menschen antun können – das sind Gefühle, die ihre langen Schatten werfen, in dem Moment, in dem wir hier das Leiden eines Nichtmenschen mit zur Seite stellen.

Zusätzlich führt die Verwendung zwischenmenschlicher Ungerechtigkeit als Schablone zum Verstehen von menschlicher Ungerechtigkeit gegenüber Tieren logischerweise zu lächerlichen Anwendungen des „Inklusions“-Narrativs, das für die Sicherstellung von Gerechtigkeit für menschliche Gruppen, die geschichtlich gesehen von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen wurden, essentiell war. So sollen nichtmenschliche Tiere, in Konsequenz dessen, Heilmittel für das Unrecht sein, das wir ihnen antun. Obgleich die moralische Berücksichtigung von nichtmenschlichen Tieren selten ernsthaft verfolgt wird, so ist es doch lächerlich anzunehmen, dass die Ermutigung zu ihrer buchstäblichen Inklusion in Räume, die entworfen waren, um Menschen dienlich zu sein, die Antwort auf die Frage dessen sein kann, was es heißt, sie in unser moralisches Denken mit einzubeschließen.

Was hier beachtet werden sollte, ist, dass Spezies-Subjektivismus so auf eine enorme Spannung hinweist, die der Spezies-Objektivismus für ein allgemeines moralisches Denken benötigt. Spezies-Subjektivisten erkennen an, dass Menschen in praktischen Angelegenheiten – einschließlich ihres moralischen Denkens und Handelns, das auf einer täglichen Basis stattfindet – in erster Linie aus einer internen Perspektive heraus funktionieren. Die erfolgreichen ethischen Beziehungen, deren Beispiele wir in Freundschafen, Ehen, bei Menschen im Bezug auf ihre tierlichen Freunde, in Familien, etc. finden, bieten eine reiche Grundlage, um zu untersuchen, wie die lokalen Schemata und Netze des Lebens, die wir errichten und erhalten, intrinsisch die Parameter dessen bereitstellen, wie wir uns zueinander verhalten sollten. Von Individuen zu fordern, sich aus dieser Perspektive herausnehmen – der Perspektive auf der moralisches Denken stattfindet und aus der alle anderen positiven moralischen Beziehungen her rühren – um stattdessen die externe Perspektive anzunehmen, als Mittel zur Reflektion moralischer Fragen im Bezug auf nichtmenschliche Tiere, erscheint ein unnötiges Unterfangen zu sein. Wenn wir einen weitreichenden kognitiven Wechsel im Bezug auf nichtmenschliche Tiere erwirken wollen, dann kann dies nicht der Weg sein.

Ich habe versucht zu zeigen, dass ein unglaublicher Wert in der Hervorhebung einer Art der Zentrierung liegt, die eigentlich verschwinden soll, in Gegenüberstellung zu einer Art der Zentrierung, die für den Akt des Verschwindens unerlässlich ist. So wie die Dezentrierung der Erde in der Astronomie, so kann die Dezentrierung des Menschen in der Ethik tiefgreifende Auswirkungen haben, sowohl materiell – insofern, wie wir einen Unterscheid für die Gesundheit des Planeten und seinen Bewohnern bewirken können – sowie kognitiv – insofern, wie wir den Umfang und die Bandbreite ändern können, im Bezug auf Wesen, die als moralisch-zu-berücksichtigen gelten sollten und wir so unsere Position in der ethischen Ordnung rekalibrieren. Obgleich Menschen nicht weiter davon ausgehen können, dass sie evaluativ die Mitte bilden, wenn der Trend unseres kollektiven Verhaltens, das sich auf den Planeten auswirkt, umgekehrt werden soll, so ist es doch ein Fehler im gleichen Zuge zu glauben, dass dieses Projekt die Dezentrierung des menschlichen Bezugsrahmens erfordert. Es stimmt, dass wir versuchen die Welt zu ändern, aber um dies zu schaffen, müssen wir an aller erster Stelle den Menschen selbst ändern. Wenn irgendeine Hoffnung darauf besteht, dass eine moralische Revolution in den nächsten Jahren stattfinden sollte, dann muss dies eine Revolution menschlicher Perspektiven sein, und als solche muss die menschliche Perspektive an vorerster Front stehen und die Mitte bilden.

Kontakt: sylko@protonmail.com

Anmerkungen des Übersetzenden:

Ich verwende im Übersetzungstext für einen einfacheren Lesefluss das generische Maskulinum, damit soll inhaltlich aber keine Genderform ausgeschlossen werden.

Um sowohl Tierrechtler*innen als auch Tierbefreier*innen und mögliche weitere Tieraktivist*innen zu bezeichnen, übersetze ich das englische Wort „animal advocate“ hier als „Tierverteidiger“.

Den Begriff „human injustices“, den Syl Ko und Lindgren Johnson hier explizit auf Ungerechtigkeiten bezieht, die Menschen untereinander verüben, bezeichne ich differenziert in Hinsicht auf seine Bezugspunkte zum Teil als „zwischenmenschliche Ungerechtigkeiten“.

Ich verwende das Wort „Spezies,“ und nicht den im deutschen alternativ zur Verfügung stehenden Begriff „Art“, um das englische Wort ‚species‘ zu übersetzen, da das Wort „Art“ den Menschen sprachgebräuchlich nicht problemlos oder missverständlich umfassen könnte in den Bezeichnungen: Spezies-Objektivismus und Spezies-Subjektivismus.

Über die Autorinnen

Syl Ko ist Mitautorin von ‚Aphro-ism: Essays on Pop Culture, Feminism und Black Veganism‘ (2017); sie hat Philosophie an der San Francisco State University und an der University of North Carolina at Chapel Hill studiert, mit den Schwerpunkten Geschichte der Philosophie, Sozialontologie und Tierethik. Sie arbeitet als unabhängige Forscherin in Portland, Maine (USA).

Lindgren Johnson ist Autorin des Buches: ‚Race Matters, Animal Matters: Fugitive Humanism in African America, 1840-1930‘ (2018). Sie ist Dozentin an der University of Virginia (USA) am Department of English und ist dort auch Fakultätsberaterin für die Animal Justice Advocates der UVa.

Tierautonomie

Herausgeber: www.simorgh.de – ‘Open Access in animal-, human- and the earth liberation’. Revised 03/2021. Veröffentlicht mit der freundlichen Genehmigung den Autorinnen. Übersetzung: Gita Yegane Arani.

Zitation

Ko, Syl/Johnson, Lindgren (2021). Eine Rezentrierung des Menschen. TIERAUTONOMIE, 8(1), http://simorgh.de/tierautonomie/JG8_2021_1.pdf.

(Rev. 21.03.2021)

TIERAUTONOMIE (ISSN 2363-6513)

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Alternativen für den Begriff Speziesismus

Präambel

Wir benötigen einen Begriff, um die Diskriminierungsformen und die Ungerechtigkeiten zu beschreiben, die von menschlichen Gruppen oder Individuen im Bezug auf nichtmenschliche Tiere und gegenüber der nichtmenschlichen Welt im Ganzen ausgeübt werden – in all deren Facettenhaftigkeiten in denen solche unterdrückerischen Mechanismen, Gedanken und Handlungen in den unterschiedlichen menschlichen kulturellen Ebenen, so wie in Religionen, Wissenschaften, Recht, Kunst, etc. in Erscheinung treten.

Ebenso benötigen wir einen Begriff für das allgemeine Phänomen menschlicher Zerstörung und Destruktivität in diesem Punkte. Ich beziehe mich hierauf als Faunazid, insofern nichtmenschliche Tiere betroffen sind. Einige Kolleg*innen kritisieren den Begriff “Speziesismus” aus verschiedenen Gründen, und ich schlage daher vor, dass wir mehr beschreibende Begrifflichkeiten entwickeln sollten, für das, was wir bezeugen und vielleicht etwas unterschiedlich wahrnehmen.

antibiologistic animal sociology

Alternative Ausdrücke für Speziesismus

SPEZIES/TIER-HERABSETZUNG

SPEZIES/TIER-HERABSETZEND

-ABEWRTUNG / -OBJEKTIFIZIERUNG

-ERNIEDRIGUNG / -Diskriminierung …

-…

antibiologistic animal sociology

Tierrechte und Tierrechte

Tierrechte und antibiologistische Tiersoziologie: Der Tierrechtsdiskurs kann nicht weniger komplex geführt werden, als Diskurse über Menschenrechte.

Gita Yegane Arani

Umso engstirniger und reduktiver unser Weltbild in Hinsicht auf Tiere ist, umso einfacher werden unsere Erklärungsmodelle über das menschliche Verhältnis zu dessen nichtmenschlicher Mitwelt. Und so flachen auch die Erklärungen darüber ab, wer Tiere sind, was deren Rechte beinhalten und was diese Rechte wiederum in unserer Gesellschaft bedeuten müssten – für die Menschen, die den ganzen Planeten mit ihren definitorischen und räumlichen Herrschaftsansprüchen dominieren.

Kann man wirklich ausreichend viel bewirken und was genau bewirkt man, wenn alle zusammen an der Verwirklichung einfacher Modelle für Tierrechte mitarbeiten, wenn es also kein inhaltliches Durcheinander gibt, weil wir uns bei Tierrechten weniger Pluralismus im Diskurs erlauben wollen als in Sachen Menschenrechten?

Sollte sich nicht vielleicht lieber jede*r, genauso wie in punkto Menschrechte, selbst mit allen Aspekten seines/ihres kritischen Denkens und seiner/ihrer fein nuancierten Beobachtungsgabe mit einbringen, statt nur nach den vielleicht offensichtlicheren Möglichkeiten Ausschau zu halten, die in der Vereinfachung eines in Wirklichkeit genauso komplizierten Sachverhalts liegen?

Das Problem ist natürlich, dass wir selbst bei Menschrechtsfragen oftmals lieber weniger hören wollen von den Geschichtegestalter*innen von unten. So haben wir selbst hier die Tendenz zu ein paar vermeintlich „richtigeren“ großen Strömungen in der Beantwortung von Fragen und den dazugehörigen Fragestellungen. Im Tierrechtsbereich (inkl. Tierbefreiung) ist der Mangel an echter Pluralität und basisdemokratischer Kommunikation aber völlig eklatant.

Der Anspruch auf die eigenen Menschenrechte hat natürlich den Vorteil, im Vergleich zum indirekten Einklagen von denjenigen Rechten, die wir für unsere nichtmenschlichen Nächsten einfordern, dass qua Menschenrecht jede*r an sich als vollwertiges Subjekt-von-Rechten vom Grundsatz her anerkannt wird, und dass jede*r theoretisch, und von dem uns ethisch einigenden Grundsatz her, ein Recht darauf hat seine/ihre Meinung frei zu artikulieren. Von der Prämisse der Menschenrechte her, darf ich für mich selbst als Mensch sprechen. Für die Rechte von nichtmenschlichen Tieren muss ich eine weitaus grundsätzlichere Leistung an Argumentation erbringen, da hier bislang fast nur speziesistische Übereinkünfte in sämtlichen die Tiere betreffenden Bereichen vorherrschen.

Die Artikulation von seinsphilosophisch relevantem Tun und Denken wird Tieren abgesprochen in unserem naturwissenschaftlich geprägten Zeitalter, mit der Begründung, dass sie Instinktwesen seien (gekennzeichnet als evolutionsbiologisch zu unterscheidender Antipode zum Menschen) und immer auch mit der Begründung, dass sie den qualifizierenden Parametern des Menschen nicht entsprechen, die sich dazu berechtigen würden, vollwertige Subjekte unabhängiger Rechte auf Freiheit und auf Unversehrtheit von menschlicher Gewalt zu sein, usw.

Die Konsequenzen der rechtlichen Disqualifizierung lehnen Tierrechtler*innen grundsätzlich ab und bekämpfen sie. Die Ursachen aber für die Entrechtung werden noch nicht ausreichend differenziert analysiert und kritisch hinterfragt. Infolgedessen werden Ursachen von manchen Tierrechtler*innen teils sogar selbst unbewusst weiter aufrecht gehalten.

Bei unseren Menschenrechten merken wir ständig, dass wir den Einsatz für unsere Rechte als Mensch auch ständig selber antidiskriminatorisch mit verwirklich müssen – im Alltag als einzelnes Individuum sowie im Einsatz für das Große und Ganze. Beim Speziesismus soll das jetzt anders aussehen. Tierrechte und Speziesismus sollen inhaltlich vermeintlich viel einfacher zu lösende Diskriminierungsmomente sein. Die Diskriminierung von Tieren soll vergleichsweise ein insofern weniger komplexes Thema sein, da es sich mit dem Ziel der körperlichen Unversehrtheit von Tieren bereits komplett beantworten ließe. Ich bezweifle jedoch, dass solange die bislang nicht offengelegten Ursachen in einer anthropozentrischen Gesellschaft noch weiterhin außer Acht gelassen werden, wir zeitgleich eine wirkliche Lösung für die Tiere betreffenden Probleme finden können.

Wenn man aber sagt, die alleinige Forderung nach physischem Schutz reicht noch nicht um Tierrechte auf seine adäquaten Fundamente zu platzieren, dass es um noch mehr geht und wir immer noch eine in so vielerlei Hinsicht extrem reduktive Sicht auf das Tiersein haben, dann wird einem potenziell im Gegenzug unterstellt, man wolle dem schlimmsten Übel, das den Nichtmenschen physisch geschieht, nicht mit helfen politisch entgegenzutreten.

Soll der Grund, wieso es überhaupt Speziesismus gibt – oder wie auch immer wir das Problem noch nennen könnten (Tierhass, Tierunterdrückung, usw. usf.) – etwa nicht zu komplex diskutiert werden, angesichts der schier unbeschreiblichen Extremheit der Situation und der gebotenen Eile Veränderungen herbeizuführen? Das könnte ich verstehen. Aber ich finde bislang noch nicht mal einfache verbale Beschreibungen für die Extremheit der Situation vor. Ich plädiere für Begriffe wie Faunazid oder Zoozid um die Extremheit zu bezeichnen.

Die Situationen, die wir im Alltag im Bezug auf Tiersein und Tierlichkeit bezeugen, sollen vergleichsweise einfacher beantwortbar sein als die, wenn mir selbst etwas vergleichbares als „Mensch“ geschehen würde? Ich brauch mir nicht vorstellen, was wäre, wenn mir selbst so eine Art Unrecht widerfahren würde? Ich soll also theoretisch mein Erlebnis Subjekt zu sein als Tierrechtler*in völlig dissoziieren von tierlichen Subjekten? Wer entscheidet das, wenn nicht ich selbst?

Warum es wichtig ist ein fundamentales Pluralitätsbewusstsein im zivilgesellschaftlichen Aktivismus einzufordern. Tierrechte bilden da keine Ausnahme, sondern ganz im Gegenteil!

Das Thema Tierrechte ist kein inhaltlicher Monolith. Es besteht zugleich auch keinerlei zwangsläufige Einheitlichkeit in den allgemeinen Weltanschauungen von denjenigen Menschen, die sich proaktiv mit dem Themenkomplex auseinandersetzen. Gerade wenn es um unser Bild von Tieren und deren Rechte geht, steht auf einmal so viel bislang Ungeklärtes zur Frage, und es muss derart viel neu durchdacht werden, dass wir dabei vielleicht manchmal vergessen, dass auch dieses neu erscheinende Denken erst im Zusammenhang mit dem Entsteht, was uns bereits vorher beschäftigt hat.

Damit zeigen sich meiner Beobachtung nach auch die verschiedenartigen Vorstellungen von dem, wie Rechte nicht-anthropozentrisch verstanden werden können, und wie der Blick von Menschen auf Nichtmenschen völlig divers ist. Immerhin ist unser typisches, normales, durch die menschliche Hybris gekennzeichnetes Bild von Nichtmenschen ein sich immer nur an der Oberfläche befindendes unzureichendes Projektionswerk gewesen. Ein einzelner Mensch hat sich, introspektiv betrachtet, aber seine/ihre eigene Meinung bilden können.

Das Thema Tierrechte und unsere Betrachtungen über menschliche Sichtweisen auf Tiere als einfach zu beschreiben, würde bedeuten das Denken über Tiere auf einen Tunnelblick begrenzt zu halten. Die Komplexität in menschlichen Herangehensweisen an das Thema bildet nicht einfach ein sinnloses Chaos, sondern sie bildet idealerweise einen wichtigen hilfreichen Hintergrund für die Klärung von dem, was wir dann letztendlich gemeinschaftlich in differenzierter Weise unter Tierrechten verstehen können.

Wir können Tierrechte nur dann sinnvoll definieren, wenn wir dabei transparent machen und offen mit einbeziehen, dass es um unsere eigenen richtigen und falschen Approximationen geht, dass sich hier unsere Vorstellungswelten spiegeln, die es ermöglichen uns den Fragen anzunähern, und wir uns so und nicht anders den Nichtmenschen in ihrer Autonomie von menschlichen Beherrschungsansprüchen konstruktiv oder destruktiv begegnen können.

Es existiert kein zwangsläufiges Bild, das alle Menschen im Bezug auf Tiere teilen. Mehrheitlich multiplizieren sich Stereotype, die über Identitäten gebildet werden. Mehrheitlich, kann man speziesistische Attributisierungen, im Sinne dass das Menschliche „gut“ und das Tierliche „schlecht“ sei betreiben. Das ist aber ein dünnes ideologisches Konstrukt, dass sich im Moment der unabhängigen Reflektion der tierlichen Gegenüber schnell auflöst auf den individuellen Erlebnisebenen von Menschen. Und es sind auch nicht alle kulturellen Überlieferungen klinisch rein von dem, was antispeziesistisch verträglich oder hilfreich ist.

(Mit „richtigen“ und „falschen“ Annäherungen an das Thema meine ich das gleiche „richtig“ und „falsch“, das auch immer wieder neu in den Menschenrechten austariert werden muss, wenn es um die Anerkennung von Rechten geht und um die Erkenntnis über Unrecht damit einhergehend. Zu allen Zeiten werden Diskriminierungsmomente auch gegen Menschen ausgeblendet und kaschiert.)

Ursachen des Faunazids benennen

Mein eigener Hauptfokus in der Frage dessen, was Tierrechte bedeuten müssen, ist eine antibiologistische Herangehensweise an das Thema. Mir ist über die letzten vollen zwanzig Jahre in der Tierrechtbewegung (und in der Tierbefreiungsbewegung) aufgefallen, dass immer noch eine Sichtweise über Nichtmenschen als normal vorausgesetzt wird, die Tiere in erster Linie mit biologischen Terminologien liest, und dass Tieren infolgedessen selbst in diesen Bewegungen eine, philosophisch betrachtet, verminderte Rolle im Gesamtgeschehen zugeordnet wird.

Das ist ein Anthropozentrismus, der bestimmte Vorstellungen von „Menschsein“ als einzig gestaltend im Weltgeschehen in den Mittelpunkt rückt, und bei dem dieses Menschsein als qualifiziert erkannt wird, anhand von den Merkmalen, die im Laufe der jüngeren Menschheitsgeschichte als biologische Unterscheidungsmerkmale in wertender Weise gekennzeichnet wurden.

Anhand von biologischen Merkmalen wird hergeleitet, welche Handlungen gesamtgeschichtlich für die Menschheit relevant sind und welche bedeutungslos und marginalisierbar sind. Wird der Blick (etwas fortschrittlicher) auf die ganze Natur biozentrisch gerichtet, dann bleibt der biologistische Anthropozentrismus erhalten, indem die Naturgeschichte eine Zone ist, in der nichts vergleichbares wie das menschliche Denken stattfindet.

Das menschliche Denken wird anhand der eigenen Früchte des eigenen menschlichen Handelns abgelesen, und in seiner Unvergleichlichkeit unter allen biologischen Lebewesen als maßgeblicher verstanden, insofern, dass der Mensch über eine unbedingte Selbstbestimmtheit als biologische Einheit verfügen würde.

Die zentrale Frage ob wir tierliches Denken endlich nicht mehr als einen kausalistischen sondern als einen freien Prozess anerkennen, wird in bislang in keiner Weise komplex diskutiert und über überhaupt als relevant für Tierrechte (und die Tierbefreiung) lokalisiert. Die Verbindung von nichtmenschlicher Intelligenz im gesamten nichtmenschlichen Raum – das heißt auch: Tiere als Meister in ihrer Ökosozialität – … ist für uns also noch kein Kriterium um Intelligenz ausreichend neu zu bedenken.

Ich fordere meine Kolleg*innen immer wieder auf, dass wir auch die theoretischen Käfige aufbrechen müssen. Das heißt, die Erklärungswelt über Tiere benötigt eine Erweiterung in der Wahrnehmungssensibilität und in der Wahrnehmung beschreibenden Sprache von Menschen. Die Gesellschaft tut sich, selbst in ihren widerständlerischen Segmenten, noch außergewöhnlich schwer mit einem Paradigmenwechsel in der Perspektivität, die sie zur Beschreibung der nichtmenschlichen Welt anwendet.

Vielversprechendere Ansätze als die des „weißen Mainstreams“ finden sich teils bei Autor*innen, die von einem eher dekolonialen Hintergrund her kommen und deren Sichtweisen über das Mensch-Tier-Verhältnis sich zum Teil erkennbar unterschiedlichen Kosmologien zuordnen lässt. Es scheint, dass indem das Konstrukt „Mensch“ ein anderes ist, das „Tier“ sich auch immerhin abweichend lokalisieren lässt, und wir so zumindest erkennen können, dass die Sichtweisen auf Nichtmenschen kulturell nicht immer so ganz einhellig sind.

In der soziologischen Zuordnung der Tierfrage und der Tierrechte innerhalb des Antirassismusdiskurses findet sich die Beobachtung, dass Tieren ein Nicht-Ort zugeschrieben wird, an dem sie eigentlich, in dem was sie selbst in Wirklichkeit sind, überhaupt nicht erkannt werden. Eine neue, explizite Beschreibung von solchen nichtmenschlichen Räumen findet bislang aber nicht weiter in den Diskussionen statt. Es wird erkannt, dass etwas nicht erkannt wird. Aber auch hier finde ich bislang keine explizite Kritik an den Alleinstellungsmerkmalen vom Speziesismus (Tierhass, Tierunterdrückung, usw.), die eine prioritäre, fallgerechte Analyse einläuten würde.

Der Speziesismus hat logischerweise die wirklich perverse Eigenschaft, dass er in negativer Form im Umkehrschluss darauf hinweist, was die Negierung von Tieren eigentlich überhaupt alles an Tieren verneint. Schauen wir uns die Unterdrückung von Tieren und Tierhass, etc. nicht genau an, erkennen wir auch schwerlich wo die Widerstände exakt bei den Menschen liegen, das heißt wo der Mensch „nicht richtig funktioniert“ – wo er ungerecht ist und im Unrecht gegen andere-als-menschliche Tiere handelt. Außer natürlich wir gehen davon aus, dass es im Prinzip evolutionsgeschichtlich ganz normal war, dass wir Tiere opfern und töten mussten. Wir gehen aber nicht alle davon aus!

Eine sehr große Gruppe unter den Aktivist*innen für Tierrechte lassen sich jedoch immer noch mit zu der mehrheitlichen Gruppe von Menschen zählen, die das klassische Narrativ des Jägers und Sammlers ohne den geringsten Zweifel unterschreiben. Tierrechtler*innen die dies tun, begrenzen die Geschichtsschreibung über ‚den Menschen‘ – vielleicht unwillentlich – auf das Kollektivistische und das Mehrheitliche und Dominante.

Wenn ich diese Gruppe aus meiner Tierrechtssicht her kritisiere, dann steht hinter solch einer Kritik mein Bewusstsein dessen, dass Tierrechte gleichermaßen differenziert erörtert werden können wie Menschenrechte. Wenn wir Tiere erkennen, als mit-ihren-Geschichten-vollständig-bedeutsam, können wir verstehen, warum wirklich konstruktive Auseinandersetzungen mit Tierrechten niemals einem politischen „Einparteienprogramm“ gleichen sollten. Dabei geht es um den Kern des Problems, nämlich die mehr oder weniger reduktiven Sichtweisen auf Tiere, und in dem Zuge die Verknüpfungen mit sozialen und ökologischen Fragen, die demokratische Räume anbetreffen.

Die Mehrheit der Tierrechtler*innen erzeugt leider genau den Einparteien-Effekt, indem sie beinahe geschlossen vor allem biologistisch an das Thema herantreten. Der Biologismus im Speziesismus ist für mich die Folge der dominanten menschheitsgeschichtlichen Entwicklungen in Philosophie und Religion, und den weiteren kulturellen Orten, die Menschen zur Selbstorientung und zur Definition ihrer Mitwelt geprägt haben und prägen.

Der aktuelle Ort, an dem eine radikale Trennung zwischen Menschsein und Tiersein geschaffen werden konnte, war der, an dem sie gänzlich der naturwissenschaftlichen Fokussierung auf ihr Physisches untergeordnet wurden, als gedachten Ort einer vollständigen Erklärbarkeit ihres Seins.

Man kann natürlich in gleicher Weise auch für Tierrechte kämpfen, indem man sagt, die Geschichte spielt keine Rolle, ich muss sie auch nicht weiter hinterfragen und es geht darum, was jetzt getan werden muss. Das hieße aber, dass wir auch der Geschichte derjenigen Tiere, die in der ganzen Menschheitsgeschichte bislang untergeordnet wurden, nie einen Raum in der aktuellen Diskussion über Tierrechte geben können. Es heißt auch, zu sagen, Tiere seien überhaupt geschichtslos im historischen Sinne, weil es nur eine anthropozentrische und biologistisch geprägte Sicht auf die Gesamtweltgeschichte geben kann. Klar können wir Tiergeschichte überhaupt erst mitreflektieren, wenn wir Tiere überhaupt erst anders reflektieren.

Reicht es ihnen, den Tieren einen Raum zuteilen zu wollen, an dem sie körperlich geschützt sein sollen, aber weiterhin den extremst unterdrückerischen und absurdesten Definitionen untergeworfen werden sollen? Wie würden die normalen heutigen Mainstream-Tierrechtler*innen dann das Problem mit Speziesismus und Religion zum Beispiel lösen wollen? Mit anthropozentrischer „Gnade“ aber ohne Rechte? Und mit welcher Begründung werden die Annexionen von Tiersein in juristischen, politischen, philosophischen und anderen kulturellen Räumen dann ausgeräumt, die immer wieder den optimalen Nährboden zur Legitimation von Speziesismus in der Gesellschaft bieten?

Über Tierrechte sprechen, Perspektivenvielfalt erörtern

Es gibt viele Weltanschauungen. Und so gibt es auch viele verschiedene Anschauungen, wie Menschen meinen können, die Rechte anderer mitzurealisieren. Die Vielfalt dieser engagierten Sichtweisen kann erst erkennbar machen und klären, was das Gegenteil von Speziesismus in der Gesellschaft wirklich ausmacht – Speziesismen sind allgemeine Übereinkünfte über Tiere, die getroffen wurden/werden. Sie lassen der pazifistischen Begegnung zwischen menschlichen und tierlichen Subjekten keinen Raum. Eine verengende Diskussionsführung spiegelt diesen besonderen Istzustand tierfreundlichen und antispeziesistischen Denkens in Teilen der Gesellschaft kaum wieder. Und es ist egal, ob es sich dabei vielleicht um einer Minderheit in der Minderheit handelt.

Ich habe den Eindruck, viele Menschen wollen Pluralität tendenziell nicht wirklich in die Praxis umsetzen oder halten sie für wenig effektiv. Das Hierarchische wird stillschweigend weiterpraktiziert, indem immer wiederkehrende Priorisierungsakte von ähnlich konstruiertem „Wichtigen“ und „Unwichtigen“, „Relevantem“ und „Irrelevantem“ vollzogen werden. Gleich wie sich die Menschheitsgeschichte verändert, bestimmte Mechanismen werden kaum hinterfragt und ändern sich daher kaum.

Ich glaube die Adressierung der Tierrechtsproblematik stagniert immer noch mehr wegen der verkrusteten Strukturen innerhalb menschlicher Kommunikationswege, und nicht wegen der Fragen selbst. Das heißt, das Thema ist so imminent und explosiv, aber die Art, wie wir darüber reden, ist verengend und zu vereinfachend.

Wir erleben hier eine Zeit, die vergleichbar sein muss mit den Zeiten der großen schwierigen Paradigmenwechsel in der Entwicklung von menschlichen Sichtweisen auf die Welt. Im Punkt Menschenrechte sind wir bemüht um inhaltlich große Schritte. Im Punkt Mitwelt belassen wir die Welt ethisch und politisch als „zweidimensionale Scheibe“. Wobei dieser Vergleich natürlich hinkt, denn das Verständnis von Objektivität in den Naturwissenschaften war in der Betrachtung der Menschen von ihrer nichtmenschlichen Mitwelt niemals das neutrale Mittel zur Erkenntnisgewinnung. Niemand hat sie kritisch hinterfragt und nicht zuletzt ging es um eine seinsgeschichtliche Konstellation, an der sich das „Menschsein“ selbst in zerstörerischer Weise abgearbeitet hat.

Viele Menschen setzen sich weniger mit irgendwelchen eigentlichen Inhalten auseinander, statt mit dem Pool an Informationen, die als die wichtigsten und richtigsten innerhalb einer Gesellschaft ausgetauscht werden. Kritisches, hinterfragendes Denken kann aber nicht in Schienen von Informationsaufnahme und Informationsabfragung verlaufen, die zum Teil aber selbst durch Methodiken im akademisches Denken eingeübt werden. Akademisches Denken läuft meiner Meinung nach oftmals Gefahr geschlossene gedankliche Kreise zu erzeugen, anhand der Verifizierung von Ideen, bei der die Berufung auf Quellen überbetont wird – die in ihren inhaltlichen Aussagen aber nicht an und für sich als neutral vorauszusetzen sind, sondern auch immer nur Abbild eines weiteren geschlossenen Gedankenkreises, der durch weitere Berufungen auf Quellen generiert wurde. Ein Inhalt wird erst durch eine*n Autor*in und deren Ranking mehr oder weniger relevant. Inhalte an und für sich können nicht quellenlos diskutiert werden. Manche Problemkomplexe und Fragenstellungen, etc. lassen sich so aber nicht thematisieren. Es gibt tatsächlich Themen, zu denen wirst du nichts finden, die aber trotzdem täglich auf dich einwirken. Oder du findest vielleicht nur tendenziöse Texte (Ich erinnere mich da (un)gerne an meine Suchen in alten philosophischen und literarischen Texten zum Thema ‚Weiblichkeit‘, geschweige denn später zu den Themen ‚Natur‘ und ‚Tiere‘. Wenn wir uns heute auch nur auf Quellen aus der Gegenwart beziehen würden, bliebe die Geschichte immer noch weiterhin ein Kontinuum).

Aus akademischer Sicht wird implizit zudem eine Sicht eingeübt, dass nicht-akademisch geschulte Menschen weniger in der Lage wären wichtige Beobachtungen auszudrücken, oder dass diese allein noch nicht bedeutungsvoll genug sind um als Fundamente für Demokratie zu funktionieren. Eine Gefahr die ich im akademischen Denken sehe ist, von einer intramenschlichen soziologischen Ebene her betrachtet, ein gesellschaftlicher Elitismus. Es werden Perspektiven eingenommen aus einer intellektuellen Vogelsicht, die für zivilgesellschaftliche Prozesse äußerst hinderlich sein können – wenn es um die Weiterentwicklung von Bürgerrechten aber auch um die Entwicklung von neuen emanzipativen Prozessen in der Gesellschaft wie Tierrecht und Umweltschutz geht. Auch Umweltschutz ist kein Thema, dass nur technokratisch adressiert werden kann. Die Naturwissenschaften können zwar Zahlen und Fakten von technisch messbarer Umweltzerstörung nennen und zu einem veränderten Verhalten ermahnen, etc. Mehr eigentlich aber auch nicht.

Bürgerrechte, einschließlich Tierrechte und Umweltschutz – die beiden großen Themenkomplexe die das Mensch-Mitwelt Verhältnis anbelangen – müssen von allen (mit-)gedacht und von allen (mit-)praktiziert werden. Einigungen und Fortschritte können nur ausgehandelt werden zwischen allen. Selbst ökonomische Veränderung bedürfen aller demokratischer gesellschaftlichen Bausteine; man denke an eine Realisierung einer Postwachstumsgesellschaft und an die Praxis von Konsumkritik.

Tierrechte funktionieren nicht anders als Menschenrechte. Genauso der Umweltschutz. Wenn nicht jede*r diese emanzipativen Prozesse mitdenken und mitmachen und mitentwickeln kann, dann ist alles nur von oben verordnet und kein demokratisches Wachstum.

Ich verstehe nicht warum Tierrechte zunehmen akademisiert werden, als klassisches Aktivismusgebiet. Man sieht diese Tendenz aber in einigen Aktivismusgebieten und diese Tendenzen werden auch von einigen Aktivist*innen kritisch beurteilt. Nur nicht so in den Tierrechten. Der Tierrechtsaktivismus gibt sich vorwiegend monolithisch, indem er eine einfache Haltung zum Thema einnimmt, statt komplexe Fragen, wie es in den anderen Bürgerrechtsbewegungen Praxis ist, aufzuwerfen. Vielleicht meint er mehr Schlagkraft aus einem geeinten Auftreten zu erzielen und zu viel Heterogenität scheint das geeinte Auftreten zu zerstreuen. Ich glaube aber nicht, dass das der vernünftigste Weg ist.

Eine Vereinfachung der Problematik ist meiner Meinung nach unrealistisch und wenig überzeugend, und spiegelt weder die Realität der Tiere und ihrer erlebten Geschichten noch die Realität der Menschen, und ihrer Erlebnisse im Engagement für Tiere wieder. Es scheint mir eher das laute Geläut sich hierarchisch organisierender Cluster und Gruppen zu sein, die Inhalte selbst zu einem großen Teil unsichtbar machen. Die Vereinfachungen des Themas werden dem Thema nicht gerecht, aber vermitteln den Eindruck, als wäre die Einfachheit dem Thema geschuldet. Das ist meiner Meinung nach ein Fauxpas im aktivistischen Ansatz, der allzu offensichtlich zu sein scheint. Ich frage mich, ob in der Mainstream-Tierrechtsbewegung und Tierbefreiungsbewegung gegenwärtig nicht zu kurz gedacht wird.

Antispeziesismus trägt in sich eine gegenläufige Verbindung

Antispeziesismus trägt in sich eine gegenläufige Verbindung:

Eine Kritik am Spezies-ismus kann heißen unsere Begrifflichkeit über “Spezies” vollständig zu dekonstruieren, im Sinne neuer Herangehensweisen um diejenigen Lebewesen zu adressieren, die wir gegenwärtig als Gruppe/n “nichtmenschlicher Tiere” subsumieren. Es kann aber auch bedeuten, an dem Gedanken festzuhalten, dass Lebewesen in “Spezies” eingeteilt werden könnten, mit dem einzigen Unterschied, dass sich Menschen nun anders im Bezug auf die Wesen positionieren würden, die sie weiterhin mit ihren hegemonischen Begriffen definieren wollten.

Antispeciesism is at least a two-way road:

A critique of species-ism could mean to completely deconstruct the notion of “species” in favor of finding new approaches to address the groups of beings we now sum up as the group/s of “nonhuman animals”. It can also mean to cling to that idea, that beings can be separated into “species”, only that we position differently towards the beings we’d keep defining in hegemonic terms.

Antispeciesist Animal Sociology

Ein geteilter Raum

Ich lese diesen Kommentar hier vor für Menschen mit Sehbehinderung (MP3)

Ich glaube, dass jeder Mensch nicht weniger mit einem Gegenstand, den er betrachtet, in Zusammenhang zu setzen ist, als mit einem anderen – unabhängig davon, wie sehr, wie viel oder wie wenig er sich mit einer Sache befasst. Menschen setzen sich mit Tieren auseinander, in passiver oder aktiver Weise, konstruktiv, destruktiv, ignorant oder empathisch oder irgend etwas dazwischen. Ich glaube insofern nicht, dass wir gesonderte, segregierte Bereiche für die Belange von Tieren und gleichermaßen für die Mensch Tier-Beziehung benötigen. Ganz im Gegenteil, ich glaube es gilt statt segregierter Räume zu schaffen (> pigeonholes für Tier- und Naturthemen), sinnvollere, kontextualisierende neue Perspektiven zu erlangen.

Mir fällt in diesem Zusammenhang immer wieder auf, wie wenig ein moralisches oder ethisches Bewusstsein sich nur partiell äußern kann. Wenn ein Mensch sich seiner Umwelt gegenüber verantwortlich fühlt, dann ist das in der Regel immer eine Art ganzheitlicher Prozess. Moral und Ethik funktionieren in der Praxis nicht ausschnittsweise, wenn auch in der Theorie.

Es ist schwer sich in diesen Tagen mit eigener Kreativität, eigenen Gedanken und Aktionen in den aktuellen aktivistischen Diskurs, der Tierrechte mit umfasst, mit-einzubringen und nicht nur in gedankliche Chöre mit einzustimmen. Ich denke das ist genau deswegen so, weil ständig gesonderte Räume für den nichtmenschlichen Bereich geschaffen werden. Mein menschlicher Belang, so wie er mich tagtäglich anbetrifft, gliedert faktisch den Alltagsspeziezismus aus, und meine menschliche Subjektivität soll den subjektiven Realitätsebenen der Tierheit nicht begegnen. Weshalb ist es sonst so schwer eine Brücke zu schlagen zwischen meinen menschlichen subjektiven Erlebnissen in dieser Gesellschaft und denen der Tiere und der Diskussion über sie? Segregation, die noch mehr Segregation schafft.

Durch eine Segregierung von subjektiven Räumen findet eine wenn auch theoretisch-ethische Objektifizierung statt (‘ich begegne den Tieren als Subjekten nicht selbst als Subjekt‘). Das Tierthema wird behandelt, es steht aber nicht im unmittelbar gelebten Zusammenhang mit meiner ethischen Alltagspraxis, was meine subjektiven Denk- und Erlebnisstrukturen anbetrifft. Alles, was mein Menschsein betrifft darf ich subjektiv durchstreifen, aber das Tierthema untersteht allgemeiner Definitionshoheit. Wir befragen und überlassen die Diskursräume denen, die sich dazu autorisiert fühlen. Wir wollen auch nicht hören, was Hinz und Kunz dazu zu sagen haben. Aber wenn es um uns Menschen geht, um uns selbst, dann wie bereits gesagt spielt die subjektive Urteilskraft eine ganz zentrale und befähigende Rolle.

Der Aktivismus ist eingeschränkt auf segregierte, getrennte Räume. Manche sprechen von der Problematik der Binäre ( > Mensch versus Natur, etc.). Die Trennungen und Zuordnungen sind aber noch komplizierter als die eines Binärs und sie sind auch nicht durch theoretische Standpunkte und punktuellen Aktionismus alleine zu überwinden, sondern durch eine Auflösung der Konstrukte, die solche Denkweisen überhaupt erst aus sich heraus generieren:

Ein zentrales Beispiel dessen wäre die stetige biologistische Zuordnung von Tierthemen auch unter Tierrechtsaktivist_innen, statt einer Bewusstmachung der Ursachen und möglichen Motivationen für solche kategorischen Zuordnungen auf menschlicher Seite. In der Theorie wird keine Lösung gefunden, weil die vorgefassten Argumentationsstränge teils nicht zur Hand sind, nicht formuliert werden oder teils nicht bis ins allgemeine Bewusstsein von Aktivist_innen vorrücken oder in die Praxis umgesetzt werden.

Wie durchbricht man sozial-geistige Konstrukte, die das Denken von Menschen, auch unser eigenes, beeinflussen? Im mindesten indem man selbstständig beobachtet und kanonisierte kollektive Haltungen kritisch zu hinterfragen bereit ist. Trotz allen eigenen Denkens ist es aber ungleich schwer gegenwärtig in einem allgemein als nicht-subjektiv verstandenen Raum selbst-denkend mitzuwirken.

(Ich glaube wir können “den Menschen” nur ertragen, wenn er nicht selbst denkt. Menschen schließen sich lieber allgemein formulierten Glaubenssätzen mit Teilüberschneidung zu ihrem Denken an, das durch eine Gemeinschaft gefiltert worden ist, als in einer sozialen Welt unverstanden zu bleiben weil sie allein-denkendes Individuum sind. Viele Menschen sind durch kollektivistische Ideale beeinflusst und bestimmt – auch wenn sie es sich selbst oft nicht wirklich eingestehen wollen, weil man hat ja seine eigene Meinung!)

Für mich bleibt eine Fragen offen, und das ist genau die, an der mein Aktivismus und meine eigene Meinung ansetzt, und zwar:

Wie soll unsere theoretische Ethik im Bezug auf die von uns geschaffenen compartmentalized subjects, die wir eben auch im Aktivismus reproduzieren, zu fundamentalen Veränderungen führen? Eine fundamentale Veränderung wäre für mich gegeben, wenn wir Denkstrukturen der Segregation grundsätzlich aufbrechen und im Bezug auf Tiere und die Umwelt hat das Segregierende eine ganz eigene Bedeutsamkeit und Tragweite.

“Segregation” in terms of Nonhumans and Humans implies segregated ethics, segregated subjectivity, segregated attributions, segregated environmental comprehension.

“Segregation” im Bezug auf Nichtmenschen und Menschen beinhaltet eine segregierte Ethik, eine segregierte Subjektivität, segregierte Attribuierungen und ein segregiertes Verständnis der Umwelt.

Text: G. Yegane Arani

Mit nichtmenschlichen Tieren solidarisch sein: Alltagsspeziesismus kritisch begegnen

How much “animal-machine” (Descartes) is entailed in instinct-based ethological approaches; after all if you differentiate further you come to see that ethology should be rather sociology. Again political and sociological concepts should replace biologist views of animality … .

Mit nichtmenschlichen Tieren solidarisch sein: Alltagsspeziesismus kritisch begegnen

Palang L. Yegane Arani, Gruppe Messel

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Speziesismus begegnet man jeden Tag, in unterschiedlichen Formen, überall, und alle uns bekannten menschlichen Gesellschaften bauen und bauten sich mehrheitlich auf den verschiedensten tierverachtenden Praktiken in ihrem Alltagsleben auf – gleich wie der kulturell unterschiedliche Alltag jeweils geartet ist oder war. Die Tierunterdrückung ist eine globale und zeitübergreifende Tatsache, die mit der Existenz des “Menschen” anscheinend unabdingbar in Zusammenhang stehen will.

Die Kehrseite des Verhältnisses Mensch > Tier drückt sich aber im gleichen Zuge auch in der konstruktiven Gegenseite aus. Der ethische Veganismus, als zeitgenössisch erfolgreichste antispeziesistisch motivierte Praxis [1], bezieht sich auf seiner Handlungsebene auf die Auswahl und Verwendung von Gütern, und damit auf die Konsumebene und den krassesten endemischsten Speziesismus in seiner materiellen Manifestation.

Wir nehmen die stetig breitangelegte und so lückenlos Erscheinende totale Unterdrückung von nichtmenschlichen Tieren zwangsläufig als etwas gewissermaßen “normales” an, auch wenn wir gegen diese aufoktroyierte Normalität kämpfen – eine Spezifik des Speziesismus wenn man ihn intersektional vergleichend betrachtet [2] –denn dieses Unterdrückungsphänomen umgibt uns unter Menschen immer, und wir würden sonst vor Verzweiflung psychisch und geistig zerbrechen. Wir würden paradoxerweise auch den Glauben an die Menschheit verlieren, wenn wir die Realität ungefiltert durch die Ausblendungsmechanismen der „Rationalisierung“ oder „Normalisierung“ aus unserer Tierrechtssicht tagtäglich in vollen Ausmaßen und voller Tragweite konstatieren und verarbeiten wollen würden. Wir können solch eine Realität nicht wirklich verarbeiten.

Diese zwangsweise “Normalität” und “Alltäglichkeit” nun macht es uns besonders schwer dieser extremsten Form unterdrückerischer Systeme zu begegnen. Es ist in der Tat so normal Nichtmenschen alles was selbstverständlich ist abzusprechen, dass es bereits progressiv erscheinen soll, wenn jemand allein die Tatsache tierlichen Schmerzes, Leids, Intelligenz, Freude, etc. hervorhebt oder bestätigt, oftmals mit einer Beweiserklärung biologistischer Natur. Dabei sollte sich unser Sprechen, als Tierrechtler_innen [3] wohlgemerkt, über nichtmenschliche Tiere, seit dem Beginn eines öffentlich geführten Diskurses über Tierrechtsfragen und Tierbefreiung, längst von inhaltlichen aber auch von rhetorisch-sprachlichen Speziesismen schon weitaus stärker emanzipiert haben.

Interessanterweise liegt in der Ohnmacht gegenüber der Totalitarität speziesistischer Unterdrückung aber auch ein entscheidender Schlüssel, der uns immer wieder in der Geschichte unserer Bewegung begegnet, den wir aber häufig zu unterschätzen geneigt sind. Das „wie agiere ich“, „wie reagiere ich“, „wie und was spreche ich, thematisiere ich, rücke ich in den Fokus, auf welche Weise“, usw. … die Qualität meines Agierens bezieht sich auf die speziesistische Unterdrückung, die mir überall und jeden Tag begegnet, und genau das heißt auch ich muss und ich kann irgendwie, an irgendeinem Ansatzpunkt, gegen den Alltagsspeziesismus handeln und meine kritischen Gedanken in unserer speziesistischen Gesellschaft zum Ausdruck bringen.

Ethischer Treibstoff

Was wir dabei sehen ist nicht weniger als der Treibstoff, der jeden Kampf um Gerechtigkeit und jede emanzipatorische Bewegung ausmacht. In all solchen Bewegungen ist und war niemals die Sicherheit des Erreichens des Zieles Anlass zur Gewissheit über die Schlagkraft und die Fundamentalität des Vorgehens zur Erreichung des Anliegens, sondern aus der emanzipatorischen Handlung selbst führt der Weg zum Ziel. Nur das im Falle des Antispeziesismus und Anti-Humanzentrismus [4] der emanzipatorische, selbstbefreiende Prozess nicht innerhalb eines allein auf den Menschen bezogenen Kreises stattfindet, sondern der besondere Moment speziesistischer Unterdrückungsqualität [5] überwunden und seiner begegnet wird.

Da die Problematik Speziesismus bislang noch nicht als ein gesellschaftliches Problem anerkannt wird – obgleich sie genau das ist, denn das unterdrückerische System stammt aus unseren Gesellschaften und wird nur in der Folge als ökologisches Problem des Artensterbens und seiner indirekten Folgen für die Nichtmenschen [6] benannt – da der Speziesismus als ein Problem also nicht auf sozio-politischer gesellschaftlicher Ebene anerkannt wird, wird auch die Kritik an diesem System nicht wirklich anerkannt. Das macht es schwierig, ist aber nur ein Ausdruck dessen, was die Problematik Speziesismus besonders macht, im Vergleich zu anderen Unterdrückungsformen, die im Gegensatz hierzu dann zumeist Menschen als Primäraffizierte anbetreffen.

Menschenrechte werden soweit anerkannt, dass der Genozid am Menschen Fundamentalthema und Alarmzeichen im gesellschaftlichen Bewusstsein über Menschenrechte darstellt. Auch der Ökozid wird, jedoch aber wegen der Verplanung und Einbeziehung der Natur als Ressource für den Menschen, als zentrales Thema ethischer Relevanz anerkannt. Die Dimension eines Zoozids, die eindeutig das Anthropozän kennzeichnet, spielt noch keine Rolle im kollektiven Bewusstsein des vermeintlich Aufgeklärten menschlichen Individuums.

Jeden Tag sehen wir die Menschen sich üben in speziesistischer Totalitärherrschaft über Natur und Tierheit, und jeden Tag wird diese Gewalt auf allen ihren Ebenen und in all ihren Facetten gleichermaßen geleugnet und als unumstößliches Herrschaftsimperativ vermeintlich menschlicher Überlegenheit durchexerziert: im Sprechen, im Beurteilen, Denken, somit dann im Konsum, in den geäußerten Meinungen und Standpunkten als alltagspolitischen sozio-ökologischen Boden.

Jede_r von uns sollte sich daher überlegen, an welcher Stelle er/sie etwas verändern kann innerhalb dieser Herrschaftsstruktur. Wenn wir meinen wir könnten auch andere Problematiken kritisch thematisieren, dann auch diese wohl allerkomplizierst verankerte Form der Unterdrückung Anderer und unseres freien Denkens und gemeinschaftlichen Seins unter allen Lebewesen.

Mit nichtmenschlichen Tieren solidarisch sein wollen und können ist die Kunst der Gegenwart und der Zukunft, bis endlich das Problem humanzentrischer Ungerechtigkeit als wohl komplexestes Unterdrückungssystem dekonstruiert sein wird!

Verweise

[1] In den ersten ‚Vegan News‘ in der Donald Watson auch die erste Definition des Begriffes ‚vegan‘ erklärt, beschreibt er die zentralen ethischen Beweggründe in Hinsicht auf nichtmenschliche Tiere als ausschlaggebenden Faktor für die Abspaltung des Veganismus vom Vegetarismus, vgl. G. Yegane Arani: Eine Übersetzung der ersten Vegan News aus dem Jahre 1944, verfasst von Donald Watson, https://simorgh.de/about/vegan-news-no-1/ , Stand 01.10.2018.

[2] Der intersektionale Ansatz im Veganismus oder in der Tierrechtsbewegung geht davon aus, dass alle Oppressionsformen, so wie Sexismus, Rassismus, Ableismus und Speziesismus miteinander in Verbindung stehen. Nichtsdestotrotz sollte zur Analyse der jeweiligen Problematik das Augenmerk auch auf die Besonderheit der Unterdrückungsform fallen. Ich habe zur Spezifik des Speziesismus vor kurzem mehrere Fragmente verfasst auf Englisch, siehe:

[3] Ich beschränke mich hier nur auf Tierrechtler_innen, meine aber hinzuzüglich auch die Tierbefreier_innen und alle weiteren Gruppen/Individuen, die sich für die Interessensvertretung der nichtmenschlichen Tiere einsetzen.

[4] Humanzentrismus oder Anthropozentrismus muss nicht zwingendermaßen speziesistisch sein, ist es zumeist aber. Auf diese Möglichkeit machte mich Can Başkent in einem Interview über Tierbefreiung und Atheismus aufmerksam, und zugegebenermaßen sind mir selbst auch zahlreiche Beispiele von nicht-speziesistischem Anthropozentrismus bekannt. Da in der Regel der Zentrismus auf „den Menschen“ aber mit der Sekundarisierung von nichtmenschlichen Tieren einhergeht, verwende ich die Begriffe in der kritischen Bedeutung. Vgl.: Tierautonomie, Jg. 1 (2014), Heft 3, Wir haben Can Başkent über Schnittstellen zwischen Atheismus und Tierrechten befragt, S. 5, http://simorgh.de/can_baskent/4b_interview_can_baskent_jkts_5.pdf , Stand 01.10.2018.

[5] Es geht wiederum um die spezifische Qualität des Speziesismus als Unterdrückungsform, der auf entsprechende und besondere Weise begegnet werden muss. Es können sich in wohlgemeinten Versuchen der Abhilfe gegen Speziesismen genau solche selbst einstellen, wegen der mangelnden Bewusstmachen der exakten Funktionsweisen der Unterdrückungsform.

[6] Die Tragödie und die Implikation von grenzenloser Ungerechtigkeit gegenüber nichtmenschlichen Tieren wird nicht als Zoozid, das heißt als gezieltes Vernichten der Tierheit und ihrer Untergruppen benannt, sondern die Vereitelung menschlicher Interessen wird in zahlreichen Argumentationen z.B. auch häufig für den Veganismus, in den Mittelpunkt gerückt; selbst die Empathie sei eher relevant in Hinsicht auf uns, aber nicht in Hinsicht auf die Bedeutsamkeit für die Biographie des tierlich-andersseienden in der vollen Tragweite.