Willensfreiheit, die abrahamitischen Religionen und die Naturwissenschaften

(Der Eintrag war ursprünglich vom Mar 29, 2013, wir rebloggen ihn jetzt aber nochmal angesichts der dauerhaften Wichtigkeit des Tierversuchsthemas.)

Snippets:

«Willensfreiheit» in Augustinus Werk De Civitate Dei > https://bkv.unifr.ch/de/works/cpl-313 , siehe auch zum Thema  http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille.

http://gellhardt.de/arendt_bluecher/7_Freiheit_u_Politik.pdf , S. 208, Freiheit und Politik1 von Hannah Arendt (1958)

versus

“Wolf Singer – dessen Credo sein Geheimnis bleibt – ist Beirat in der religionskritischen Giordano-Bruno-Stiftung. Als Hirnforscher kam er zu dem Schluss, der Mensch habe keinen freien Willen. Weil das die Theologie seit Paulus an den Wurzeln trifft, wird Singers Position am Vatikan mit offenen Ohren gehört.” source: http://bit.ly/AtPDmh (Link funktioniert leider nicht mehr)

Als eines von 80 Mitgliedern der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften berät der Frankfurter Hirnforscher Wolf Singer den Vatikan – ein Job auf Lebenszeit, https://www.zeit.de/2005/20/Glauben-Singer

Eine Beratung für was genau?

Wolf Singer zählt zu den weltweit führenden Hirnforschern und erlangte unter anderem durch die sogenannte “Freie-Wille-Debatte” große Bekanntheit […] Mit seiner These, dass die Willensfreiheit des Menschen eine Illusion sei, sorgt Wolf Singer für Diskussionen in den Medien. Sein neuestes Buch “Hirnforschung und Meditation” ist ein Dialog mit einem buddhistischen Mönch über die Beziehung zwischen Hirnforschung und Bewusstseinstraining. https://idw-online.de/en/news287231

“Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören von Freiheit zu sprechen.” sagt der prominente Gehirnforscher, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Singer (letzter Zugriff: 21.02.12)

1992 wurde Singer zum lebenslangen Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften in Rom ernannt. Singer gehörte bis 2012 dem wissenschaftliche Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung an. https://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Singer

Ein Spektrum “Singer Lab in the News” von Demokratie, Tierversuchen und Tierethik und unfreien Willen wird hier wohl steht upgedatet > https://www.esi-frankfurt.de/research/singer-lab/

Ein hirnzentrisches westlich geprägtes Denken, das Erklärungsmodelle in den Teilen der Summe sucht. Ein Denken, dass die Mehrheiten in der Kirche und unter den Humanisten noch immer eint.

„Unsere abendländischen Werte können nur etwa bis zum 20. Lebensjahr in ein Hirn hineinprogrammiert werden“, so Singer, „danach sei die „kritische Phase der Entwicklung“ vorbei und der Mensch müsse im Großen und Ganzen mit seiner Grundstruktur leben. https://www.ghst.de/schlink-singer-gehirn/

Man ist sich einig: “Gehirn und Demokratie gehören zusammen”.

Die Kirche setzt den Menschen als ursächlich sündig voraus, aus seinem Schuldig-Sein kann er sich über einen durch Gott induzierten Determinismus nicht hinaus bewegen, höchstens ein Glaubensbekenntnis ablegen.

Freiheit liegt aber, so denke ich, im Wirken des Gesamten. Die Diskussion den Menschen radikal zu teilkontextualisieren entspricht den Weltbildern, die das destruktive Anthropozän genährt haben.

Polemischerweise muss man auch auch fragen:

Handeln zum Beispiel Demonstranten – wie jetzt in den politischen Unruhen globalen Ausmaßes – aus einem unfreien Denken heraus? Wohl kaum. Ihre Gehirne sind aber nicht alle sezierbar und im Individuum wird sich keine absolute Regelmäßigkeit feststellen lassen, die den Grundsatz der Einmaligkeit jeden Lebens (die Individualität) in Frage stellen kann.

Zu Augustinus und dem freien Willen:

Sehr wohl wurde die Frage des Willens im Menschen auch im Christentum bejaht, wie von Augustinus, denn immerhin musste ein Mensch ja fähig sein, sich dazu entscheiden zu können – aus freiem Willen – Christ zu werden, und anderen Glaubensrichtungen oder “-verirrungen” damit abzusagen.

Wolf Singer muss qua seiner Forschung (die er selbst gewählt hat) zu dem Schluss kommen, dass es keine Freiheit im Leben / im Lebensprozess / im Sein eines biologischen Organismus an und für sich gibt. Er steht als vivisektionausübernder Gehirnforscher für Gewalt an Tieren (eigene und deligierte), und jedes fühlende Wesen, das mit Gewalt konfrontiert ist, wird unfrei, weil es Angst hat, weil ihm Schmerzen angetan werden. Das ist eine viel fundamentalere Frage für das Menschsein in der Welt, als die Frage, ob ich als Mensch der Descartschen Formel von Sein, das sich aus meinem Denken ableite, entspreche.

Macht, im Sinne von gewaltausübender Macht, kann Freiheit nicht verstehen. Niemals … .

Eine soziologische Kritik an Singers Determinismus lautet: „Es ist unumgänglich, den Menschen zugleich unter der Signatur von Natur und Kultur, von Bestimmtheit und Freiheit, von Materie und Geist zu sehen.“ S. 58 https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/1343791?originalFilename=true