Kategorien
sozial und global

Geldarmut kontextualisiert kommunizieren

Bild/Gedicht oben: aus Leuchtfunken in Käferseelen. Beiträge zu säkularer Mystik. Philozoe ; Jahrgang 3, Nr. 2 Wohnlabyrinth Früchte ohne Kern Die Formen im Ozean der Vernunft https://d-nb.info/1258573245/34

Unter dem Hashtag #IchBinArmutsBetroffen findet kommunikativ ein höchst interessanter Prozess statt. Wir haben dazu auch einige Tweets abgesetzt, die wir hier in etwas korrigiert (und teils verlängerter Form) ganz krude als Blogbeitrag posten. Wir würden jedoch eher von „Geldarmut“ sprechen.

Zu dem kommunikativen Geschehen zu dem Hashtag müsste man etliches sagen. Klar ist, das Thema wird bleiben, und wichtig ist zu beobachten, ob die Dynamiken, die bei Twitter in diesem Fall erzeugt werden, das basispolitische Thema wieder unsichtbar werden lassen – indem es weder von einer relativen Mehrheitsgruppe oder von über Finanzmittel geförderte oder verfügende Gruppen durch andere Themen als redundant verdrängt wird, indem es nicht als Gesellschafts- und Lebensrealität weiter beleuchtet wird:

#IchBinArmutsbetroffen ist ein Problem, das Leute persönlich betrifft > Geldarmut ist aber kein alleinig persönliches Problem (das Individuen atomisiert), sondern eines, das im Kontext mit #GeschichteVonUnten anders lesbar wird: Was ist Reichtum und wie wird Armut generiert 1/x

Das perverse ist, es geht nicht mal mehr um Reichtum oder das, was viele unter „Wohlstand“ verstehen – Menschen wird in der Regel unterstellt, sie empfänden Neid gegenüber denen, die sich Privilegien erkaufen – 2/x

… sondern es geht um den Entzug der Möglichkeit seine Grundbedürfnisse abdecken zu können, innerhalb einer Gesellschaft, die wie ein Regelwerk zu funktionieren scheint 3/x

Zu sagen „die Reich-Arm-Schere geht weiter auseinander“ verdeckt diesen Antagonismus zwischen hedonistischem und eigentlich destruktivem Reichtum und entlokalisierter Geldarmut, die ein Ausdruck für fehlende Grundrechte darstellt (einer Beraubung von Würde) 4/x

Es gibt kein Recht auf Wohnraum, und wenn nur ein potenzielles, auf demütigend geplantem Wohnraum. Es gibt kein Recht auf Teilhabe an dem Leben in der natürlichen Welt – kein Garten, kein natürlicher Wald, … 5/x

keinen unmittelbaren Einfluss, kein beachtliches Mitspracherecht, da der Geldarmut etliche Formen sozialer Stigmatisierung mit angeheftet werden 6/x

… wenn Du Dir ‚Lebensräume‘ nicht erkaufen kannst oder besitzen kannst, mit Mitteln, die irgendwie generiert worden sein müssen – vielleicht indem Du Betonbuden baust, Wurst herstellst, Ja-Sager bist 7/x

in einem Subsystem voller Missstände, die schöngeredet werden müssen, damit das ethische Fassadenwerk keine Risse bekommt … 8/x

Wohlstand kommt auch immer mit einem gewissen moralischen Preis. Im Anthropozän und einer postkolonialen (…) Welt, gibt es keinen neutralen, guten, harmlosen und ethisch beeindruckenden Wohlstand … 6/x

Dem Wohlstand haftet immer ein Gift der Korruptheit in unserer Weltgeschichte an. Demokratie ist noch lange nicht das, was sie sein müsste oder sein könnte. 7/jetzt reichts erstmal

#ichbinarmutsbetroffen könnte sich nochmal die Umweltthematik u. Reichtum > https://oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/klimawandel-ungleichheit-reichste-1-prozent-schaedigt-klima-doppelt-so-stark anschauen u. dabei auch nochmal die Frage in den Raum stellen, danach, wie Gewinne/Reichtum auf Kosten d. Umwelt generiert werden u. wie Geldströme laufen aus exploitativen Kapital

Geldarmut wird in unseren Systemen definitiv in Kauf genommen – auch seitens der Mehrzahl der Menschen, die in Funktionen von Entscheidungsträger*innen sitzen. In einer vulnerablem Position kann GA jede*n treffen. ‚Sozialwashing‘ kaschiert lediglich den neuen Sozialdarwinismus.

Folge ist u.a., dass weniger Leute Mut haben, Dinge zu tun, die sinnvoll für die Gesellschaft, für die Umwelt, das allgemeine Wohl, das kulturelle Leben, etc. sein können, mit denen sie aber niemals ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten …

Damit nicht auffällt, wie korrumpierbar Mensch durch unser Geldsystem (…) ist/sein soll, wird stetig von Profiteur*innen suggeriert, dass alles sinnvolle sich irgendwie messen lassen muss in Mechanismen, die an monetäre Förderung, Gewinn oder Entlohnung bemessbar wäre …

Zumindest sollte man dieser Denkweise etwas entgegensetzen. Aus dem profiteurhaften Denken resultiert so viel an Instrumentalisierung: nicht allein eine Instrumentalisierung von anderen Menschen, sondern ebenso der ‚außenstehenden‘ tierlichen Mitwelt und der natürlichen Umwelt.

Wer kommt den auf die Idee alles mit Betonklötzen vollzupflastern, eine furchtbare Architektur als gut oder unumgänglich zu bezeichnen? Warum ist das Handwerk zum größten Teil zu einer Farce geworden …

Warum machen sich Menschen über Menschen aus vermeintlich ‚bildungsfernen‘ Familien lustig und versuchen dabei zu suggerieren, dass Menschen durch Konsum dressierbar seien, während Menschen sich in Wirklichkeit in einer entmächtigten Position befinden … und während Konsum …

und während Konsum an anderer Stelle (bei den wohlhabenden Prahlhänsen nämlich ganz besonders) ganz anders bewertet wird.

Die Gesellschaft gibt nicht zu, dass Menschen sich gegenseitig ständig in einer Art Wettbewerb befinden, und dass dieser sehr grausam in seinen Konsequenzen sein kann …

Dabei ist eine Sicht, wie Hobbes sie mit seiner Ansicht über den Menschen darstellte, als …

einerseits völlig kollektivistisch zu betrachtetendem Wesen u. andererseits völlig egozentrisch getriebenem Individuum,

eher ein Wegbereiter zur Kaschierung politischer Machtverhältnisse gewesen, als eine wirklich kritische Sicht auf Menschen und Macht-/Ohnmachtsverhältnisse …

Ach ja … Umweltschäden, sind nicht einfach durch neue Technologien zu beheben – siehe das Beispiel Plastik, Faktensammlungen von z.B. https://www.storyofstuff.org/plastic/ – …

Umweltschutz muss weitaus drastischere Lösungen als allein durch Technologien erlangbare beinhalten. Technologische Lösungen und Ansätze werden den Lebensweisen unserer Gesellschaften und unseren Denkweisen über Natur „als Ressource“ nicht ausreichend entgegensetzen können, wenngleich sie unabdingbare Fragmente bilden in einer nunmehr kaum lösbaren Aufgabe.

Es ist ja wohl klar, dass man an die Stelle umweltschädlicher Technologien, umweltfreundliche Alternativen und Neuerungen setzen muss. Eine alleinige Lösung liegt aber nur in einem gesamten Umdenken über Natur.

Unter #ichbinarmutsbetroffen scheint es viele Leute zu geben, die auch schildern, dass sie behindert sind. Ableismus und Klassismus sind eine krasse Kombination, die unbedingt adressiert werden muss. Behinderte geldarme Menschen, werden – so scheint es – zu wenig wahrgenommen.

Es fragt sich, inwieweit Humanität auf Kontraktualismus beruht.

(rev. 10.06.2022)

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.