Kategorien
Dazu müssen wir noch etwas schreiben kommunikationsenklaven

Thema Obdachlosigkeit

Update 18.12.2022

Eine Sammlung von Bit and Pieces erstmal:

Ableismus und unter aller Augen, ohne Schutz und ohne soziale Wahrnehmung als Mensch, auf der Straße sterben.

Man sollte von „Menschen ohne Obdach“ oder „Menschen ohne Wohnung“, „obdachlosen/wohnungslosen Menschen sprechen“ und nicht substantiviert von „Obdachlosen“ oder „Wohnungslosen“. Das ist eine völlige Reduzierung eines Menschen auf einen Zustand, in dem er von der Gesellschaft sowieso mehr oder weniger als vogelfrei „gehandhabt“ wird und hin- und her geschoben wird, zwischen Notlösungen, die das Problem im Grunde überhaupt nicht angehen. Wohnraumlosigkeit, kein Obdach (überhaupt) zu haben kann nicht erst im Winter ein Thema sein.

„Wie die Behörden berichteten, soll er beeinträchtigt und schwer für Hilfe zu erreichen gewesen sein.“ > Hessenschau (15.12.22)

„Er [der Sozialarbeiter] möchte anonym bleiben, weil er offiziell nicht mit der Presse reden darf.“ > T-Online (16.12.22)

„Er hätte demnach über mehrere Stunden tot vor dem belebten Supermarkt gelegen, ohne dass sich die Kundschaft oder Beschäftigte des Supermarkts um ihn gekümmert hätten.“ Frankfurter Rundschau (15.12.22)

„‚Unsere Aufgabe als Gesellschaft ist es, genau hinzusehen und die Ursachen für Wohnungslosigkeit gezielt anzugehen und denen beizustehen, die nicht in der Lange sind, angebotene Hilfen anzunehmen.'“ Zitat Diakoniepfarrer Markus Eisele, auf InFranken,de (17.12.22)

Das Narrativ, das wohnungslose Menschen sich nicht helfen lassen würden wird immer wieder angeführt, um von der Absurdität, die Wohnungslosigkeit generiert und die Menschen in der Wohnungslosigkeit hält, abzulenken. Es soll nicht an der Ämtern liegen, an der Form der Hilflosigkeit in die Menschen getrieben werden, sondern es liegt angeblich an den Betroffenen selber. So kann ein kafkaeskes Szenario weiter zur Falle für Menschen werden, denen durch die Gesellschaft der Boden wortwörtlich unter den Füßen weggezogen wird.

Menschen brauchen menschengerechten Lebens-/Wohnraum und nicht eine kurze Notunterbringung für die Nacht allein. In Notunterkünften können die betroffenen Menschen lediglich über die Nacht bleiben. Siehe beispielsweise Dokus wie > Weiblich, obdachlos, unsichtbar – WDR Doku (5.11.20)

„Außerdem, so berichtet der Focus weiter, müssen alle Menschen – nicht nur Deutsche – in eine Notunterkunft aufgenommen werden. Allerdings könne diese dafür ein kleines Entgelt verlangen. Trotz gesetzlicher Regelung dürfen Obdachlose hier jedoch oft erst abends kommen und müssen morgens wieder gehen.“ > Merkur (16.05.18)

„Dann obdachlos Hartz 4 und eine Wohnungssuche zu organisieren, ist dann weit schwerer. Von einem Leben auf der Straße in ein geregeltes Leben zurückzufinden ist kein leichtes Unterfangen.“ Sozialleistungen beziehen > in der Situation ohne Unterstützung und dann noch mit psychischer Behinderung wird das kaum zu schaffen sein.

Krisen > Arbeitslosigkeit wird so zu einer Todesfalle.

Es sollte in solchen Kontexten immer wieder auf das Gesamtproblem und die geplanten Lösungen hingewiesen werden, um für diese soziale Katastrophe zu sensibilisieren

Combatting homelessness – a priority for Social Europe > Europäische Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit

Die Bekämpfung der Obdachlosigkeit: eine Priorität für das soziale Europa

In dem Fall des Opfers ist zudem eklatanter Ableismus im Spiel. Auch seitens der Behindertenbewegung und der Initiativen, Verbände und Behörden, die sich zur Aufgabe gemacht haben gegen Diskriminierung in unserer Gesellschaft zu kämpfen und aufzuklären, müssen Menschen, denen das ursächlichste Grundrecht auf Würde durch eine Verweigerung von adäquatem Lebensraum entzogen wird, als Priorität betrachtet werden – und nicht als Opfer irgendeiner Armutsgeschichte aus dem 19. Jhdt., die einfach von vielen als Teil ihres Bildes von Gesellschaft sozialdarwinistisch normalisiert wird.

Weitere Links:

How to eradicate homelessness by 2030 > Eurocities.eu (accessed 18.12.22)

„Niemand muss obdachlos sein? Warum das nicht stimmt – und was sich ändern muss: Einst gehörte er zur Mitte der deutschen Gesellschaft: In Brandenburg aufgewachsen, Geographie-Studium, Vater einer Tochter. Er war glücklich. Doch mehrere Schicksalsschläge sollten ihn in den Jahren nach der Wende an den sozialen Abgrund treiben – und in die Obdachlosigkeit.“ Focus.de (13.02.20)

 

Es ist zwar wichtig aufmerksam zu machen auf die Verfehlungen an Menschen ohne Wohnraum, aber dies im Zuge „optischer Makel“ der Stadt zu tun, übersieht evtl. bewusst, dass Menschen Wohnraum zu nehmen/zu verwehren knallhart menschenrechtsverachtend ist, und kein „Hygieneproblem“ > Berliner Zeitung, Kolumne: Lieblos, dreckig und ungepflegt: Ein Spaziergang durch Berlin (17.12.2022).

Das einzige Hygieneproblem von dem hier die Rede sein sollte, ist das Menschen der Zugang zu sanitären Anlagen verwehrt wird, was einen Menschen entwürdigt, und dass unsere Gesellschaft ein „Hygieneproblem“ mit der Unaufgeräumheit ihrer ethisch-moralischen Vorstellungen hat.

„Obdachlose“ werden so sehr ausgegrenzt, dass niemand daran interessiert ist, sie mit finanziellen Mitteln zu fördern. Finanzierung scheint nur zu funktionieren, wenn man für die Maschinerie „interessant“ sein kann: nach dem Ausschluss, werden „Menschenrechte“ zur zynischen Lüge.


In dem Sinne, muss man alles daran setzen, dass Punkt 1. der SDG der UN wirklich auf EU- und Bundesebene gerade auch in der Hinsicht implementiert wird .

Aber zugleich muss auch das Stigma und es müssen die bösartigen Vorurteile und die i.d.R. bagatellisierte Hetze gegen Menschen, denen Lebensraum verwehrt wird, bekämpft werden.

Zusatz: Obdachlosenfeindlichkeit wird als rechtsextreme Anschauung bezeichnet: Warum generiert man in erster Instanz dann überhaupt Wohnungslosigkeit/Obdachlosigkeit? Fällt dieser Zusammenhang zwischen Generierung von Ursachen und den traurigen sozialen Folgen, wie sie in der gegenwärtigen Form existieren, unserer Gesellschaft denn nicht auf?

Es scheint so: die einen machen Menschen wohnungslos/obdachlos – das sind in der Regel nicht zwangläufig „Rechte“ oder gar „konservative … „, etc. – die anderen, das können dann vielleicht eher „Rechte“ oder konservativ-sozialdarwinistisch Denkende sein, treten dann nach.

Klassistische Diskriminierung extrem

Die Wörter „Penner“ und selbst auch „Obdachloser“ sind nicht okay.
Das Wort „Penner“ ist eindeutig eine ins lächerlich ziehende menschenverachtende Äußerung.

Das Wort „Obdachlos“ ist in indirekter Weise auch nicht okay, weil es ausrückt, dass ein „Obdach“ reichen würde, eine schlichte Behausung oder Beherbergung, dabei ist „Wohnungs-“ und „Wohnraumlosigkeit“ eine Form gesellschaftlich operierender Entrechtung.

Diese Begriffe laden dazu ein, dass man immer wieder Meinungsäußerungen hören muss die Standpunkte verstreten, bei denen eine Täter-Opfer-Umkehr vollzogen wird: „Obdachlose“ sollen angeblich selbst Schuld sein an ihrer „Misere“ und hätten ihr „Schicksal“ selbst gewählt.

Das Label ist eine der extremsten Formen von Klassismus, weil der Mensch, dem räumliche Lebensrechte faktisch entzogen werden, ist der unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt:

Ihm wird der räumliche Schutz vor der Übergriffigkeit anderer Menschen verwehrt

Er kann seine physische und seine psychische Gesundheit nicht erhalten, ohne einen adäquaten Lebensraum: Wohnraum.

Draft 01.12.22 („etrails of classism / entrailles du classisme“)

Thema: Obdachlosigkeit … wir wollen dazu was schreiben. Nun erstmal ein Thread.

Eine Kritikerin sagte mir gerade „das reicht nicht“ und „Obdachlose“ werden bestimmt mit allerhand Worten beschimpft und wenn man sich für was einsetzt, dass muss man das gründlich tun. Ich habe ihr die Geschichte vom Kolibri und den Tieren im Dschungel erzählt, das ich im Internet von Wangari Maathai mal gehört habe. Klar ist das alles sinnlos und unzureichend, aber ich möchte wenigstens meine Meinung zu Themen äußern, die ich als unterrepräsentiert oder als nicht so gut repräsentiert empfinde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.