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Quinoa oder kein Quinoa?

Quinoa oder kein Quinoa?

Gestern stolperte ich über eine Artikel vom Januar 2013 im Guardian, der mir die Frage noch einmal bewusst werden ließ, wie schwierig es zumeist ist, als auch VeganerIn, ethisch so verantwortungsvoll wie möglich einzukaufen. Der Artikel im Guardian sprach im speziellen VeganerInnen an und es ging um Quinoa: Can vegans stomach the unpalatable truth about quinoa? http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2013/jan/16/vegans-stomach-unpalatable-truth-quinoa

Der Trend für Quinoa als ein zentrales Nahrungsmittel für VeganerInnen sei dem hohen Proteingehalt der Pflanze geschuldet und einem besonders hohen Gehalt an gesundheitsförderlichen Aminosäuren. Inzwischen sei durch die große Nachfrage der reichen „Minderheitswelt“ (sprich der „entwickelten Welt“) Quinoa in den Anbaugebieten Südamerikas so teuer geworden, dass die Einheimischen selbst es sich selbst nicht mehr leisten könnten; die Einfuhr von Junkfood sei billiger. Monokulturen entstehen und Diversität wird zerstört.

Als ich in dem Zusammenhang weiter googelte stieß ich auf noch eine andere Ernüchterung auf der Seite publik-forum.de in Sachen: wie fair eigentlich der FairTrade ist: „Wie fair ist Fairtrade?“ http://www.publik-forum.de/Wissen-Ethik/wie-fair-ist-fairtrade

So ist der Fairtrade Markt inzwischen so gewachsen, dass man die Übersicht leicht verlieren kann. Was einerseits gut ist, ist praktisch nur schwer im Griff zu behalten. Produkte dürfen, auch wenn sie nur eine Kleinstkomponente eines Fair gehandelten Produkts enthalten, das den meisten bekannte Fairtrade-Siegel der kirchlich getragenen Siegelorganisation „Transfair“ tragen.

Schwerwiegender ist, dass das Siegel aber keine Garantie mehr für faire Arbeitsbedingungen in den Herstellungsbetrieben ist, so werden auch große Plantagen als Fairtrade gehandelt, weil der Einkauf bei Kleinbauern einfach teurer ist.

Im Bereich Fairtrade ist ein innerer Konflikt entbrannt. Der größte Importeur fair gehandelter Produkte in Europa, „Gepa“ hat sich bereits vom Fairtrade Siegel weitestgehend verabschiedet und kennzeichnet seine Ware mit einem Fair-Plus Zusatzzeichen: http://fair-plus.de um bessere Standards zu garantieren. Und hier ist übrigens das Quinoa das von der GEPA vertrieben wird: http://www.gepa-shop.de/index.php/mID/1.9.3/lan/de

Der Artikel im Guardian kritisiert, dass VeganerInnen sich eher abhängig machen von Lebensmitteln, die von überall aus der Welt her angekarrt werden müssen, statt auf regionales zurückzugreifen. Mit Sicherheit kann sich da etwas verändern, wenn mehr pflanzliche Nahrung in Europa produziert wird. Ein Bauer in England hat ein sehr vielversprechendes Projekt dort gestartet und baut ganz spezifisch englische Limabohnen und andere Hülsenfrüchte an: http://hodmedods.co.uk/about/our-products/

Zuletzt: was mich noch nachdenklich gestimmt hat, ist die im Guardian zitierte Reaktion PETAs auf die Problematik des unethischen Quinoa-Anbaus. Der Verzehr von Quinoa würde den bolivianischen Bauern schaden, der Fleischkonsum aber uns allen.

Ich denke es hat keinen Sinn immer auf die eine Seite der große Katastrophe hinzuweisen, wenn man einen Aspekt des Übels beikommen will. Das ist dann bald so, wie wenn einer sagt, „da kann man ja eh nichts ändern“. Es ist nicht zuviel erwartet, dass wir VeganerInnen uns bewusst und verantwortungsvoll in solchen Fragen verhalten sollten. Die Palette an pflanzlichen Produkten ist groß. Menschenrechte und Tierrechte gehören einfach zusammen und die vegane Bewegung muss immer am Ball bleiben in der eigenen Optimierung und nicht in einen lähmenden Zynismus verfallen. Das würde Newbies zudem bloß verunsichern.

Weiterführendes:

When Fair Trade increases unfairness:  The case of quinoa from Bolivia, Aurélie Carimentrand and Jérôme Ballet http://ethique.perso.sfr.fr/Working%20paper%20FREE-Cahier%20FREE%20n%B05-2010.pdf bzw. http://ideas.repec.org/p/fet/wpaper/52010.html

If you like quinoa, asparagus, or free trade, read this. Adam B, http://www.dailykos.com/story/2013/01/17/1179763/-If-you-like-quinoa-asparagus-or-free-trade-read-this

Reich sein, arm sein und vegan sein: Veganismus und Konsumerismus

Reich sein, arm sein und vegan sein: Veganismus und Konsumerismus

Diesen Blogeintrag von der Veganerin Dina Hardy über Konsumerismus und Vegansein (http://chicvegan.com/rich-woman-poor-woman-veganism-and-consumerism/ ) fanden wird so klasse, dass wir einiges daraus ins Deutsche übertragen wollen. Dina erzählt auf Chicvegan von Ihren Erfahrungen mit einer knappen Börse und den teils falschen Vorstellungen, die sich für sie zuallererst an den Veganismus knüpften, bis sie merkte, dass es ja wohl auch anders geht.

Einer der größten Hindernisse, denen ich begegnete als ich den Veganismus für mich als Lebensstil entdeckte, waren die Stereotype und Etiketten, die sich damit verknüpften. Manche Menschen denken, dass Veganer_Innen Gesundheitsfreaks sind, baum-umarmende Hippies, wütende Tierrechtsaktivisten und was sonst noch. Auch haben viele die vorgefertigte Meinung von dir, du müsstest zu Trader Joe’s oder Whole Foods [das sind zwei eher teure Bio-Lebensmittelgeschäfte in den USA] gehen, um dich gesund ernähren zu können und manche Leute meinen, du könntest dir Klamotten, die sich mit einem veganen Lebensstil vereinbaren lassen, nur in teuren Geschäften kaufen. Gleich wenn das Stereotyp auch existiert, dass Veganer_Innen gutverdienende, wohlbestellte Tierliebhaber_Innen, belesene Umweltschützer_Innen oder gesundheitsbewusste Individuen sind, können sich in Realität viele Veganer_Innen einfach nicht leisten in den eher teuren Geschäften einkaufen zu gehen.

Wir sind uns wohl alle darüber einig, dass es beim Vegansein im Wesentlichen darum geht, Ausbeutung zu vermeiden – ob es dabei um die Ausbeutung von Tieren oder Menschen anderer Länder geht, um unsere Gesundheit oder aber auch um unseren Geldbeutel. Die Frage ist: was ist, wenn wir trotz all unserer Bemühungen darum, Ausbeutung zu verneinen, zum Schluss eigentlich auch selbst irgendwie ausgebeutet werden? Und, was sollen wir tun, wenn Geschäfte unsere Vorstellungen davon wie „leckeres Essen“ aussieht, benutzen, um bestimmte Produkte zu vermarkten? Ich glaube wir sollten darüber einmal nachdenken und darüber diskutieren.

Als Veganer_Innen haben wir uns bereits dazu entschieden von der Norm abzufallen, außerhalb der Box zu denken und uns bewusster darüber zu sein, was wir zu uns nehmen möchten. Es darf aber nicht sein, dass uns dadurch Konsumerismus und Medien – leider vegane Medien – an der Nase herumführen können, und uns klargemacht werden soll, dass alles Mögliche zum veganleben nötig ist, und das aber überhaupt nicht stimmt.

Ein Grund, warum ich diesen Artikel schreibe, ist weil ich weiß, wie befremdend Konsumerismus sein kann. Ich hatte gerade eine Tutorenstelle und war graduierte Studentin als ich vegan wurde. Ich hatte daher nicht gerade viel Geld, das ich für Essen ausgeben konnte. Ich war nicht gerade die gesündeste Veganer_In als ich vegan wurde, und zwar hauptsächlich deswegen, weil ich Kochbücher und Webseiten las, die mir von Dinge erzählten, von denen ich bisher noch nie gehört hatte, so wie „Nahrhefeflocken“ und „veganem Käse“ welche in den dort vorgestellten vegane Rezepten vorkamen. Ich kam an solche Lebensmittel nicht ran und als ich entdeckte, wo ich das ganze kaufen kann, merke ich, dass ich mir das überhaupt nicht leisten kann.

Es ist eine Sache vegan zu sein. Das meiste Brot ist vegan. Reis ist vegan. Pommes sind vegan. Und ehrlichgesagt war das alles, was ich zu der Zeit gegessen habe, als ich zuerst vegan wurde. Ich dachte zugleich aber auch ich müsste irgendwelche „speziellen“ oder „extravaganten“ Rezepte kochen. Ich will uns alle an ein paar Dinge erinnern die wir Neuveganer_Innen weitergeben sollten (und die wir uns auch selbst im Bewusstsein halten sollten):

  1. Man muss nicht in teuren Bioläden einkaufen um „richtig“ oder „besonders gesund vegan“ zu sein.
  2. Man erhält viele, wenn nicht sogar die meisten der Nährstoffe, die man täglich zu sich nehmen soll, über den Verzehr von Früchten, Gemüse und Nüssen. Und man kann diese günstig erhalten.
  3. Es ist eine gute Idee bei regionalen Erzeugermärkten oder in kleineren Geschäften einzukaufen.
  4. Manche kleinen ‚ethnischen’ Läden haben günstigere Früchte, Gemüse, Nüsse. Und sie haben oft auch Lebensmittel, die wir überhaupt nicht kennen, die aber sehr gesund sind.
  5. Guck mal online nach, ob Du wirklich alles erhältst was Du in Sachen Nährstoffen brauchst. Zum Beispiel hier: http://www.veganhealth.org/articles/dailyrecs
  6. Denk nicht Du müsstest Vleisch [also „Fleischimitate“ oder wie man sie auch nennen mag] oder überhaupt Imitats-Leckereien essen. Ich zum Beispiel liebe die veganen Marshmallows von Whole Foods, aber ich weiß auch, dass sie ziemlich ungesund sind – so wie oder schlimmer noch als die „echten“. Über dieses Thema herrschen noch viele Kontroversen, aber wie Kris Carr in Crazy, Sexy, Diet sagt, ist „Soja wirklich der Ping-Pong Ball im in Sachen widersprüchlicher Studien. Aber eins weiß ich genau, umso verarbeiteter das Sojaprodukt ist, umso ungesünder ist es für Dich. Ich meine damit Fleischimitate, Leckereien, Snacks. Verarbeitetes Soja ist säureproduzierend und hat eine schleimbildende Wirkung“ (86).
  7. Und klar ist: Veganismus ist Deine Sache. Es liegt immer daran, was Du daraus machst. Wenn Du Vleisch (also Fleischersatz) essen willst, dann tu dies halt. Aber tu es in Maßen und mit dem Bewusstsein, dass Du nicht wie Omnivore (ich nenne Sie meist Omnies) essen MUSST, um gesund zu erscheinen.
  8. Denk daran, dass Deine Definition eines „guten Essens“ nicht in die Vorstellungen von Omnivoren reinpassen muss. Ich wurde mit Steak zu Kartoffeln großgezogen, wie [vielleicht] viele Veganer_Innen [in den USA], aber ich stelle mir einen leckeren Burrito vor: Bohnen, Reis und Gemüse, mit ein paar getoasteten Pita Chips sind einfach Gold. Wir haben unsere Essgewohnheiten einmal umgestellt (oder zweimal oder dreimal) und ich meine wir können wählerische und gesündere Veganer_Innen sein.
  9. Seid bitte offen dafür Euch weiterzubilden und weiterzuschauen was in Eurem Essen drin ist. Ich habe das immer getan, beim Einkaufen habe ich immer nach dem rühmlichen V für Vegan auf meinen Lebensmitteln geguckt mit voller Aufmerksamkeit. Aber das sollte nicht meine einzige Qualifikation beim Lebensmitteleinkauf sein.