Kritisches Weißsein, Rassismus und Veganismus

Kritisches Weißsein / kritische Weißseinstudien / kritische Weißseinsforschung und Rassismus sind immernoch unbearbeites Gebiet im akademischen und aktivistischen Bereich in der Tierbefreungsbewegung / Tierrechtsbewegung im deutschsprachigen Raum. Wir haben zum Thema einige Texte und Autor_innen vorgestellt. Hier soll nochmal darauf hingewiesen werden, und wir möchen den Lesern zum Themengebiet “vegane Intersektionalität unter dem Gesichtspunkt kritischer Weißseinsforschung” empfehlen:

Dr. A. Breeze Harper: Die Sistah Vegan Anthologie.Eine Buchvorstellung Vortrag: Vegane Nahrungsmittelpolitik: eine schwarze feministische Perspektive

Anastasia Yarbrough: Weißes Überlegenheitsdenken und das Patriarchat schaden Tieren.

 

Ein Nichtmensch, ein Objekt, ein Mehrzweck?

Palang LY

Tiere als Nummern

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Das kontroverse israelische Projekt http://269life.com emphatisiert und subjektifiziert das Tier, das stellvertretend für das Tieropfer einer karnistisch-speziesistisch funktionierenden Gesellschaft steht. Während solch ein Kunst- / Designprojekt wie das „Pig 05049“ der Niederländerin Christien Meindertsma, das in ihrer Arbeit tokenisierte nichtmenschliche Tier entindividualisiert und objektifiziert.

Ein Nichtmensch, ein Objekt, ein Mehrzweck?

Der Guardian veröffentliche am 27. März 2010 ein Essay des amerikanischen Autoren und Journalisten Bill Buford [1] über eine Arbeit der niederländischen Designerin Christien Meindertsma, in der sie Fotografien von Nebenprodukten aus der Fleischindustrie, als all das, was aus einem Schwein so gemacht wird, zentriert auf ein Tier: „Pig 05049“, als Rohstoffquelle, darstellte.

Aus Tierrechtssicht halte ich die Arbeit von Meindertsma für bedenklich, aus Gründen, die ich weiter unten anreißen will. Der Artikel aus dem Guardian jedoch, sowie auch ein Artikel aus dem Stern über eine Ausstellung Meindertsmas im Jahr 2008 zum „Pig 05049“ [2], machen aber bereits klar, warum die Arbeit der Designerin eine zweischneidige Angelegenheit ist, wenn sie problemlos in der Weise, wie in diesen beiden Artikeln, rezipiert werden kann, als eine willkommen geheißene Ermutierung zur Objektifizierung von nichtmenschlichen Tieren im agraindustriellen Komplex.

Der Tierrechtler und Vorstand des europäischen Zweigs des Animals and Society Institute (http://www.animalsandsociety.org/) Kim Stallwood, hält zum Artikel Bufords aus dem Guardian fest:

Das kleine Schweinchen beim Guardian

Ein interssanter Artikel im samstags erscheinenden farbigen Wochendmagazin des Guardians. Er bestand aus einem Fotoessay als Auszug aus dem Buch Pig 05049 von Christien Meindertsma und einem Essay des Autoren Bill Buford. Interessant aus zweierlei Hinsicht.

Zuerst: Das Fotoessay dokumentiert 185 (naja, einige) Produkte, die aus einem geschlachteten Schwein hergestellt werden, einschließlich Apfelsaft (Gelatine), Puzzleteilen (Knochenleim) und Sandpapier (nochmals Knochenleim). Was immerhin beweist welche Herausforderung es darstellt, vegan zu leben. Einige würden behaupten es ist eine sinnlose Übung. Eine Unmöglichkeit. Ich würde sagen, dass der Weg zum Veganismus wichtiger ist, als die Ankunft am seinem Ziel.

Der zweite interessage Punkt ist dieser: warum müssen Menschen, die darüber schreiben, dass sie bei der Schlachtung eines Tiere teilgenommen haben, den Akt immer romantisieren? Und das Ganze mit sentimentalem Quatsch aufladen, um den Anschein der Profundität zu erwecken? Buford schreibt zum Beispiel: „Das Blut sammelt sich in einem Eimer. Ich rührte es damit es nicht koaguliert. Man gab mir eine Kelle und sagte ich solle mal probieren. Ich war vom Geschmack überracht, der vital, energisierend und glücklich war.“ Was genau ist glücklich am Probieren des Blutes eines Schweins, das man gerade getötet hat? Und dann folgt diese pseudo-moralisierende und nichtssagende Entschuldigung für die Missetat. [3]

„Der Aufwand benötigte vier Mann. Das Schwein wusste was geschah. Sie war stark. Sie kämpfte. Da gab es kein Schweinequieksen. Es war ein weit offener Schrei. Sie schrie laut und hörte nicht auf, bis nachdem für einige Sekunden, und nicht mehr als einige Sekunden, in ihr Herz gestochen war. Der Schrei ging bis in die höheren Klangregister; ein hochstimmiges, bellendes Klagen, das mein Gehirn nicht als normal herausrastern oder empfinden konnte. Dann, gerade als ich das Seil am Bein des Tieres festmachte, schaute sie mich an, ganz genau, und sah mir in die Augen. Warum mir? Vermittelte mein Gesicht unter den andern Gesichtern dieser abghärteten Traditionalisten etwa Unbehagen? Der Halt funktionierte wie eine Klampe. Ich wollte mich abwenden. Ich tat es nicht.“ [4]

— — —

Wie konnten die Fotografien aus der Designarbeit von Meindertsma so problemlos in diesem Zusammenhang ihren Platz finden? Ist eine Auflistung und Darstellung von Tierkörperteilen und der Stoffe, die aus ihnen gewommen werden bereits eine Stellungnahme in der einen oder anderen Weise?

Meindertsma sieht in ihrer Arbeit „grundsätzlich den Produktkatalog [eines] Schweins“. Das „schönste“ findet sie, in einer TED Rede unter dem Titel: „Wie Teile vom Schwein die Welt zum Drehen bringen“ (vom Juli 2010), ist die Verwendung der Herzklappe des Tieres, die eine Operation am menschlichen Herzen unter nur minimalstem Eingriff ermöglicht. Abschließend sagt sie, dass sie am meisten an Rohmaterialien insgesamt intersssiert sei, und ein bisschen auch an Schweinen. [5]

Die Ästhetik der Objektifizierung

Randy Malamud, Fellow am Institut für Tierthik der Uni Oxford, formuliert ein wichtiges Argument im Kontext mit einem Werkzyklus der türkischen Künstlerin Pinar Yolacan (Titel: „Perihables“), in der Hühnerkörper als künstlerisches Ausdrucksmittel und Accessoire verwendet werden:

„Ich frage mich, wenn ich durch Yolacans Linse auf eine Frau und ein Huhn blicke, eine Frau in einem Huhn: Wo ist das Huhn? Ja, das Tier ist da, aber da gibt es kein „da“. Das einzige huhnhhafte in diesen Bildern ist ein Negativum: die Abwesenheit eines Huhns, die Verhöhnung eines Huhns, die Zerstörung eines Huhns, die perverse menschliche Transformation eines Huhns.

Ich möchte damit nicht sagen, dass es die Last jedes Kunstwerks sein müsse, das huhnhafte des Huhns zu hinterfragen, aber ich bin ökologisch empört über das durchdringliche Versagen menschlicher Kultur […] dabei, die Intergrität, das Bewusstsein, die echte Gegenwart anderer Tiere in unserer Welt ernsthaft anzuerkennen.“ [6]

Wie weit darf eine ästhetisierende Objektifizierung gehen, insbesodere auch dann, wenn sie unter anderem der Veranschaulichung dient, wie im Fall des Buches Pig 05049 von Christien Meindertsma und bei anderen Designern, Künstlern und deren Arbeiten, im Allgemeinen.

Was Meindertsma anbetrifft: Als Veganer kennen wir Alle, Listen tierlicher Inhaltstoffe und ihrer Derivate. Eine partielle Liste im schöngemachten Format ist eigentlich nicht zweckdienlich, auch wenn sich über Ästhetik streiten lässt.

Das Buch Pig 05049 wird aber für 44 Euro bei enem veganen Onlinehandel feilgetobten. Aufmerksam wurde ich, nachdem ich sah, dass die VGD es auf ihrer FB-Seite bewarb und keine Veganer_In dort Anstoß am Ganzen nahm. [7]

[1] Bill Buford: From one pig: 185 products, The Guardian, Saturday 27 March 2010 http://www.theguardian.com/artanddesign/2010/mar/27/from-one-pig-185-products. Der Text wurde inzwischen wegen Ablauf der Nutzungsrechte von der Webseite des Guardian entfernt.

[2] Albert Eikenaar: Eine tierisch versaute Idee, Der Stern 23. Juli 2008, http://www.stern.de/kultur/kunst/ausstellung-eine-tierisch-versaute-idee-632030.html

[3] Kim Stallwood: Little Piggy at The Guardian, http://www.kimstallwood.com/2010/03/29/the-little-piggy-at-the-guardian/. Übersetzung der Blogeintrags (ohne dem Zitat aus dem Guardian) Palang Y. Arani-May, mit der freundlichen Genehmigung von Kim Stallwood. Siehe hierzu auch: This little piggy… Christien Meindertsma photographs the 185 products that came from one pig, The Guardian, Saturday 27 March 2010, http://www.theguardian.com/theguardian/gallery/2010/mar/27/185-products-one-pig-gallery

[4] Bill Buford: From one pig: 185 products, a.a.O. http://www.theguardian.com/artanddesign/2010/mar/27/from-one-pig-185-products

[5] TED, Christien Meindertsma: Wie Teile vom Schwein die Welt zum Drehen bringen http://www.ted.com/talks/christien_meindertsma_on_pig_05049.html

[6] Randy Malamud: Vengeful Tiger, Glowing Rabbit, in: The Chronicle of Higher Education, July 23, 2012, http://chronicle.com/article/Vengeful-Tiger-Glowing-Rabbit/132951/?cid=cr&utm_source=cr&utm_medium=en

[7] Vegane Gesellschaft Deutschland, der betreffende Eintrag auf ihrer Facebookpage https://www.facebook.com/photo.php?fbid=589879337720155&set=a.159698390738254.28272.154920631216030&type=1&theater

Alle Zugriffe vom 17. September 2013.

Eventuelle typografische Korrekturen werden noch vorgenommen.

 

Schwangerschaft und Vegansein

Schwangerschaft und Vegansein

Aus dem Vegan*Swines Reader 2013. Quelle: Vegan Society GB, Übersetzung und Bearbeitung: Palang LY Arani-May.

Diese Info bietet nur eine weitläufige Orientierungshilfe. Detailierte Fragen zur veganen Schwangerschaft werden hier nicht im Einzelnen besprochen.

Gesunde Ernährung für Mutter und Kind während der Schwangerschaft

Die Richtwerte für die Vitamin- und Mineralstoffzufuhr liegen für die Schwangerschafts-monate höher. Gleichzeitig erhöht sich als physiologische Reaktion auf die Schwangerschaft aber auch die Absorptionsrate vieler der benötigten Nährstoffe.

Die Mehrzahl schwangerer Frauen, einschließlich veganer Frauen, können den gesteigerten Bedarf während der Schwangeschaft mit einer abwechslungreichen Ernährungsweise und einer teilweisen Supplementierung abdecken – dabei sollte frau ruhig ihrem Appetit folgen. Eine zu geringe oder zu hohe Nahrungsmittelaufnahme sollte aber vermieden werden … diese Info als PDF weiterlesen (der Link öffnet sich in einem neuen Fenster).

Bild oben: Bird, Mother, Kid von Farangis G. Yegane.

Der vegane Prototyp des 19. Jahrhunderts

Der vegane Prototyp des 19. Jahrhunderts

Palang LY

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Wir wissen, dass das Wort ‚vegan’ im Jahr 1944 von Donald Watson bei der Gründung der Vegan Society geprägt wurde (https://simorgh.de/niceswine/vegan-news-no-1), aber wem ist bekannt, dass eben diese Lebensweise und Ethik in Europa auch schon vorher praktiziert wurde?

Im Jahr 1815 schrieb William Lambe, Fellow des Royal College of Physicians ist seinem Buch: ‚Water and Vegetable Diet’: „Der Grund warum ich gegen den Gebrauch einer jeglichen Tierart zu Nahrungsmittelzwecken bin und warum ich als Lebensmittel nur die Früchte des Bodens anerkenne, liegt in der weitgreifenden Tatsache, dass nichts außer diesen für die menschlichen Organe geeignet sind. Im gleichem Maße wie Fleisch für die Ernährung ungeeignet ist, so sind es aber auch Eier, Milch, Käse und Fisch.“

Lambe begann im Jahr 1804 mit seiner neuen Ernährungsweise und schloss sich bald einer Gruppe Gleichgesinnter an. Zu dieser Gruppe zählte auch John Frank Newton (http://www.ivu.org/history/england19a/newton.html), der Autor von „Return to Nature, or a defence of the vegetable regimen“, das im Jahre 1811 in London publiziert wurde. Newtons Schwägerin, Harriet de Boinville, gehörte dieser Gruppe an. Ihr Haus, gelegen in der Gegend von Berkshire, und das Haus Newtons wurden zu den Treffpunkten des ersten uns bekannten Kreises protoveganer Freunde.

All das wäre vielleicht unbemerkt geblieben, wäre der damals 20-jährige Percy Bysshe Shelley nicht hinzu gestoßen. Der junge dichtende Shelley nahm bei einem Aufenthalt in Dublin im Jahr 1812 für sich eine Lebensweise an, die er als ‚das Pythagoräische System’ bezeichnete. Mit der klassischen Antike vertraut und das Lateiniische und Altgriechische beherrschend, muss er von dieser Art sich zu ernähren aus den alten Textquellen erfahren haben. Bei seiner Rückkehr nach London begegnete Shelley dem politischen Philosophen William Godwin der ihn mit Newton zusammenführte. Die jüngere Tochter Godwins, Mary Wollstonecraft Godwin, wurde später Shelleys zweite Frau. Vielen von uns ist sie auch bekannt als die Autorin des klassischen Romans ‚Frankenstein oder Der moderne Prometheus’.

Jahre später schrieb eine enger Freund Shelleys, Thomas Jefferson Hogg, der allerdings selbst Fleischesser geblieben war, über seine Erlebnisse bei den Shelleys:

„Ich passte mich an, nicht weil ich ihre Überzeugungen teilte, sondern nur aus Freundschaft. Ihre Gemüse-Diners waren natürlich wunderbar. Fleisch tauchte niemals auf, auch keine Eier als solche oder Butter in größeren Mengen. Eier und Butter wurde zwar beim Kochen zugelassen, aber so sparsam wie möglich und nur unter Protest, als kulinarische Hilfen denen man eingentlich nicht zusagte und die man bald aufgeben wolle. Käse war verboten. Milch und Sahne durften nur unter Vorbehalt gebraucht werden in Puddings oder im geringen Maße im Tee als Zugeständnis an die Schwäche Neu-Initiierter.“

Wir müssen uns natürlich bewusst machen, dass dies ja noch lange vor der Erfindung von Margarine war und noch lange bevor jemand im Westen etwas von Tofu oder Sojamilch gehört hätte. Die Veränderungen in der Ernährung waren zu der Zeit also ein noch größerer Schritt als heute, wo wir bereits eine pflanzliche Cuisine und die dazugehörigen Produkte vorfinden.

Es ging den Shelleys aber nicht bloß um das Essen oder um die Gesundheit. 1813 veröffentliche Shelley sein großes philosophisches Gedicht ‚Queen Mab’ (http://ia700803.us.archive.org/14/items/queenmabphilosop00shel/queenmabphilosop00shel.pdf), dem er als Vorwort seinen Text ‚A Vindication of Natural Diet’ (http://www.gutenberg.org/files/38727/38727-h/38727-h.htm, ‚Zur Verteidigung einer natürlichen Diät’) voranstellte. Im Gedicht ‚Königin Mab’ finden wir die folgenden Zeilen:

Nich länger nun schlachter er das Lamm, dass ihm in sein Gesicht schaut, nicht länger verschlingt er grauenhalft sein geschunden Fleisch; …

Die Gruppe blieb einige Jahre beisammen. Zwischenzeitlich heiratete William Lambes Tochter den Sohn von Mrs. de Boinville, doch bald löste sich alles auf und nur Mr. Lambe erscheint später wieder im Blickfeld.

***

Im Jahr 1817 wissen wir von James Pierrepont Greaves als einem der die pflanzliche Ernährungsweise für sich annahm, und soweit uns bekannt ist war das auch tatsächlich eine völlig pfanzlich-basierende Ernährung die er von Anfang an praktizierte. Über sein frühes Leben wissen wir nur, dass er irgendwann in London lebte als Nachbar des Herausgebers der Bücher die wir oben bereits erwähnten. Und so könnte es sein, dass er mit dem einen oder dem anderen dieser Veröffentlichungen inhaltlich vertraut gewesen ist. Greaves verbrachte mehrere Jahre in der Schweiz bei dem radikalen Pädagogen und sozialreformer Pestalozzi, und er plante bald eine eigene Schule in London zu eröffnen. Zuvor hatte er von einer Schule in Boston, USA, erfahren, zu deren Curriculum außer der Vermittlung der Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männnern und antirassistischen abolutionistischen Gedanken auch eine ethisch motivierte Lebensweise zählte, die sich mit der Versklavung der Tiere befasste (http://www.vegsource.com/john-davis/bronson-alcott—american-pioneer-vegan.html); das war eine Lebensweise, die wir heute als eine vegane Lebensweise bezeichnen würden – den Begriff gab es damals aber selbstverständlich noch nicht. Die Schule in Boston, die Temple School, war von dem Lehrer und Philosophen Amos Bronson Alcott im Jahre 1834 gegründet worden.

Beeindruckt von dem erzieherischen Konzept der Bostoner Schule eröffnete Greaves nun seine eigene Schule in England und benante sie nach Alcott, so entstand ‚Alcott House’ im Jahr 1838 in Surrey. Heute wissen wir, dass es diese Gruppe gewesen ist, die sich zu allererst als „Vegetarier“ bezeichneten. Der erste gedruckte Gebrauch des Wortes ist uns aus dem Jahr 1842 aus einem Journal bekannt. Zu diesem Zeitpunk muss den Lesern der Begriff aber bereits geläufig gewesen sein. Inzwischen lässt sich auch zurückverfolgen, dass zu dem Zeitpunkt „vegetarisch“ noch eine 100%ig pflanzliche Ernährungsweise bedeutete. Man bemühte sich darum, das meiste der Früchte und des Gemüses selbst anzubauen und als Getränk wurde ausschließlich pures Wasser favorisiert – so wie das Dr. Lambe Jahre zuvor bereits empfohlen hatte. Lambe besuchte ‚Alcott House’ häufig und sah dort seine Ideen in die Praxis umgesetzt. Aus den überlieferten Dokumenten der Schule lässt sich ersehen, dass man die Zucht und Haltung von Tieren zum Zwecke ‚des Gebrauchs’ oder ‚der Unterhaltung’ strikt ablehnte, worin sich ebenso die ethische Begründung für ihre Lebensweise erkennen lässt.

Amos Bronson Alcott besuchte Alcott House vier Monate lang im Jahr 1842, und nahm zwei der dort Angestellen mit zurück auf seiner Heimreise in die USA, wo er mit ihnen eine weitere Gemeinschaft in der Nähe Harvards gründete, die er „Fruitlands“ nannte. Dieses Projekt war eher von kurzer Dauer. Auch dort wurde rein pflanzlich gegessen und der Einsatz vor Tierarbeit war verboten. Von der Tochter Alcotts, Louisa May Alcott (http://www.louisamayalcott.org/), wissen wir aus ihrem Buch ‚Little Women’, dass Alcott House 1848 schloss nach zehnjährigem bestehen.

Innerhalb dieser Zeit wurde im Jahr 1847 die Vegetarian Society gegründet. Zwei Angestelle von Alcott House arbeiteten anfangs als Schatzmeister und Sekretär für die Vegetarian Society. Doch hätte die Vegetarian Society bald aufegeben, wenn sie nicht den wohlhabenden James Simpson von der Bible Christian Church zu ihrem Präsidenten gewählt hätten. Leider brachte dieser Zug aber auch mit sich, dass die Version einer „vegetaliben Ernährungeseweise“ der Bible Christian Church übernommmen wurde, die nur bedeutete kein Fleisch zu essen. Die Vision der BCC speiste sich aus der bildichen Überlieferung ‚von Milch und Honig’ (und Eiern) die im gelobten Land flössen. Die darauf resultierende Verwirrung und Verwässerung des neu formierenten Gedankens einer ethischen Lebensweise die Tiere mit einbeschloss dauerte ein Jahrhundert lang an, bis eine Gruppe innerhalb der Vegetarian Society sich dazu entschied, eine klare Entscheidung zu treffen und so die Vegan Society 1944 gegründet wurde.

***

Auszug aus ‚Queen Mab’ von Shelley:

http://knarf.english.upenn.edu/PShelley/mab8.html

‘Here now the human being stands adorning

This loveliest earth with taintless body and mind;

Blest from his birth with all bland impulses,                     200

Which gently in his noble bosom wake

All kindly passions and all pure desires.

Him, still from hope to hope the bliss pursuing

Which from the exhaustless store of human weal

Draws on the virtuous mind, the thoughts that rise

In time-destroying infiniteness gift

With self-enshrined eternity, that mocks

The unprevailing hoariness of age;

And man, once fleeting o’er the transient scene

Swift as an unremembered vision, stands                           210

Immortal upon earth; no longer now

He slays the lamb that looks him in the face,

And horribly devours his mangled flesh,

Which, still avenging Nature’s broken law,

Kindled all putrid humors in his frame,

All evil passions and all vain belief,

Hatred, despair and loathing in his mind,

The germs of misery, death, disease and crime.

No longer now the wingèd habitants,

That in the woods their sweet lives sing away,                    220

Flee from the form of man; but gather round,

And prune their sunny feathers on the hands

Which little children stretch in friendly sport

Towards these dreadless partners of their play.

All things are void of terror; man has lost

His terrible prerogative, and stands

An equal amidst equals; happiness

And science dawn, though late, upon the earth;

Peace cheers the mind, health renovates the frame;

Disease and pleasure cease to mingle here,                        230

Reason and passion cease to combat there;

Whilst each unfettered o’er the earth extend

Their all-subduing energies, and wield

The sceptre of a vast dominion there;

Whilst every shape and mode of matter lends

Its force to the omnipotence of mind,

Which from its dark mine drags the gem of truth

To decorate its paradise of peace.’

Die Kommentierung Shelleys:

{17} VIII. 211, 212

No longer now

He slays the lamb that looks him in the face.

I hold that the depravity of the physical and moral nature of man originated in his unnatural habits of life. The origin of man, like that of the universe of which he is a part, is enveloped in impenetrable mystery. His generations either had a beginning, or they had not. The weight of evidence in favour of each of these suppositions seems tolerably equal; and it is perfectly unimportant to the present argument which is assumed. The language spoken, however, by the mythology of nearly all religions seems to prove that at some distant period man forsook the path of nature, and sacrificed the purity and happiness of his being to unnatural appetites. The date of this event seems to have also been that of some great change in the climates of the earth, with which it has an obvious correspondence. The allegory of Adam and Eve eating of the tree of evil, and entailing upon their posterity the wrath of God and the loss of everlasting life, admits of no other explanation than the disease and crime that have flowed from unnatural diet.Miltonwas so well aware of this that he makes Raphael thus exhibit to Adam the consequence of his disobedience […]

***

Zur Geschichte des Vegetarismus in Europa: http://www.ivu.org/history/vegetarian.html

Quellen:

http://www.vegansociety.com/feature-articles/prototype%20vegans.pdf

http://www.worldvegfest.org/index.php/blogs/john-davis/118-john-frank-newton-and-the-vegan-commune-of-1813

http://www.ivu.org/history/Vegan_History.pdf

http://www.ivu.org/history/societies/vegsoc-origins.html

Datum der letzten Zugriffe auf alle hier aufgeführten Links: 3. Mai 2013.

(Eventuelle typographische Korrekturen im Text werden noch vorgenommen.)

 

Der Lebenshof für Tiere Stellichte und das ein Taler Projekt

würde jeder einzelne auf nur einen einzigen Euro verzichten

Einen “Taler” hat wohl jeder hier in seiner Börse und statt sich dies oder das zu kaufen kann man durch einen Euro eine effektive Hilfe leisten!

Auf den Lebenshof für Tiere Stellichte in Walsrode sind wir über Twitter aufmerksam geworden.  Der Hof hat eine vegane holistische Philosophie und dort leben 130 gerettete Tiere. Der Einklang mit der Natur steht im Vordergrund, das heißt die Tiere finden hier einen wirklich geschützen Raum. Stellichte braucht unsere Untersützung für jetzt und für die Zukunft. Solche Projekte stehen für die Grundpfeiler des Veganismus, an solchen Orten findet Hilfe seine realste Form.

Der Lebenshof für Tiere, die Tierschutzgemeinschaft Stellichte e.V.

Besonders beeindruckend ist auch: Zur Finanzierung des Lebenshofes führt der Lebenshof Stellichte ein veganes Mittelalter-Restaurant: http://www.zauberkessel-walsrode.de

Wie groß ist Dein ökologischer Fußabdruck wenn Du vegan lebst?

Für den Lebensschutz ökopolitisch agieren

Gita Yeganeh Arani-Prenzel

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Der ökologische Fußabdruck einer veganen Ernährungsweise im Vergleich zur omnivoren / carnivoren Ernährung

Eine Ernährungsumstellung auf die vegane Ernährungs- und Lebensweise ist, sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene, der folgenreichste Schritt zur Reduzierung  unseres ökologischen Fußabdrucks der getan werden kann. Ein vierköpfiger Haushalt der eine Woche lang auf Fleisch, Eier und Milchprodukte verzichtet, macht sich dadurch um vergleichsweise soviel umweltverträglicher, als würde dieser Haushalt ein dreiviertel Jahr lang auf das Autofahren verzichten, so die amerikanische Umwelt-NGO ‚Environmental Working Group’ (http://www.ewg.org/).

Was wir essen

Fleischesser bzw. Carnivore (oder auch Omnivore, die „alles“ essen) verzehren das Fleisch domestizierter und wildlebender Tiere, einschließlich „Geflügel“ (also Vögel) und „Fisch“ (also Fische). Ovo-Vegetarier essen Eier, aber keine Milchprodukte, und Lakto-Vegetarier wiederum essen Milchprodukte, aber keine Eier. Ovo-Lakto-Vegetarier essen sowohl Eier als auch Milchprodukte. Man könnte sagen, dass ein echter oder strikter Vegetarier einem Veganer ziemlich nah kommen müsste in seiner Ernährungsweise. Veganer_innen essen kein Fleisch, keine Eier, keine Milchprodukte, und, was aber hinzu kommt, auch keinen Honig! Darüberhinaus vermeiden Veganer jeglichen Konsum, Gebrauch und Verzehr tierischer Produkte und derer Derivate und Nebenerzeugnisse. Die Vegan Society in Großbritannien empfiehlt den Veganismus konsequent in allen Lebensbereichen durchzusetzen, soweit es für den einzelnen praktizierbar ist.

Was ich esse ist doch umweltverträglich, oder?

Das Global Footprint Network (http://www.footprintnetwork.org). eine Denkfabrik die sich mit der Nachhaltigkeitsforschung befasst, sagt, der ökologische Fußabdruck „bemisst das Maß, in dem wir Ressourcen konsumieren und Abfallstoffe produzieren, verglichen mit der Kapazität der Natur. unsere Ausstöße zu verarbeiten und neue Ressourcen zu schaffen.“ Der Kreislauf von Lebensmittelkonsum und -herstellung ist ein wesentlicher Bestandteil des ökologischen Fußabdrucks. Man bemisst diesen Kreislauf zumeist daran, wie viel Hektar biologisch-produktiver Anbaufläche und Meeresfläche benötigt wird, um den Nahrungsbedarf eines Individuums oder einer Gemeinschaft zu decken.

Was macht da das Fleisch?

Im Jahr 2006 erklärte die Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen, dass die Nutztierhaltung inbesondere zur Fleischproduktion, verantwortlich sei für etwa ein Fünftel der Treibhausgase weltweit; man gab öffentlich auf hoher Ebene zu, dass die Nutztierhaltung massiv zur globalen Erwärmung beiträgt. Eine neuere Untersuchung des Woldwatch Institute (http://www.worldwatch.org/), einer Umwelt-Denkfabrik aus Washington D.C., erfasst aber noch weitere versteckte Faktoren der „Nutztier“-haltung, die zu den Emissionen beitragen, und man kommt in deren Studie auf einundfünfzig Prozent aller Treibhausgase, für die die Nutztierhaltung weltweit verantwortlich zu machen sei. [1]

Die größeren Zusammenhänge

Ein Faktor, der auch in die empfindliche Waagschale des zerstörten ökologischen Gleichgewichts, und dem nicht enden wollenden menschlichen Konsum, mit hineingeworfen werden muss, ist die Frage nach der Wasserknappheit, insbesondere den Dürren und den auf sie folgenden Engpässen in der Sicherheit zur Verfügung stehender Nahrungsmittel. [2] Eine Nahrungsmittelknappheit könnte die Welt zum Vegetarismus zwingen, titelt ein Artikel im ‚Guardian’ vom August 2012: [3]

„Die Annahme einer vegetarischen Ernährungsweise“ [konsequenterweise müsste es eine vegane Lebensweise heißen, da, wenn Tiere Milch, Eier und Leder produzieren sollen, sie dazu auch zur Körperausbeute gehalten werden müssen], so der Artikel im ‚Guardian’, „ist ein Weg, um in einer zuhnehmend klimagestörten Welt die Wassermengen zu erhalten, die nötig wären zum Anbau von mehr Nahrung, […] tierische proteinreiche Lebensmittel brauchen zu ihrer Erzeugung zehn Mal mehr Mengen an Wasser, als die vegetarische Nahrungsmittelerzeugung. Ein Drittel der kultivierbarsten Landfläche der Welt wird zum Anbau von Ernten verwendet, die der Tierfütterung dienen. Zu den anderen Optionen, die dabei helfen könnten Menschen zu ernähren, gehört eine Reduzierung von [Lebensmittel-] Abfällen und eine Steigerung des Handels zwischen denjenigen Ländern, die Überschüsse an Nahrungsmitteln produzieren mit denjenigen Ländern, in denen ein Mangel herrscht.“

Der „Viehzucht“-Sektor bietet für zahllose Menschen in den ärmsten Regionen der Welt Nahrung und Einkünfte, so argumentieren manche Befürworter der Fleischindustrie. Das ‚Heifer Projekt’ beispielsweise, sieht seine Aufgabe in einer Art humanitärer Arbeit, die daraus besteht, Armen und Bedürftigen in Schwellen- und Entwicklungländern „Nutztiere“ als argarwirtschafltiche Einkunftsquelle und Nahrungslieferanten auf Spendenbasis zu liefern. Auch gibt es Förderungsprogramme westlicher Nationen, wie die sogenannte ‘Livestock Revolution’, die ihre Fördermaßnahmen mit der Übernahme viehzüchterischer Techniken und Handhabungsweisen als Bedingungsvariablen verknüpfen.

Die speziesistische Behauptung, Menschen sei durch die Ausbeutung von Tieren geholfen, soll glauben machen machen, dass die argarwirtschaftliche Tierhaltung etwas den Menschen Gutes und Förderliches sei, und nicht zuletzt ist in den meisten Kulturen der Welt tatsächlich eine Trennung des Einsatzes nichtmenschlicher Tiere als Lebensressourcen von menschlicher Identität, Kultur und Gesellschaft noch immer kaum denkbar.

Der Mythos rund um die Nostalgie des Kleinbauern erscheint aber zunehmend als umstrittener. Offenkundig wird das erkennbar bei der Kritik an den westlichen Biobauern, bei denen ihr Fauxpax in der Langzeitutopie sichtbar wird, man könne den Fleischkonsum-in-Maßen retten im Zeitalter des Massenkonsums. Daneben existiert in der Bioindustrie auch noch das weitaus größere Problem der Missstände in der Tierhaltung, die sich in den großen Agrareinrichtungen und den kleinen Bauernhöfen kaum unterscheiden. Tiere sind eben fühlende, freiheitsbegabte und tierlich-denkende Lebewesen, und keine Form der Ausbeutung und Tiertötung, zu gleich welchen menschlichen Zwecken, kann da eine Ausnahme bilden. Was die Nutztierhaltung in den Entwicklungsgebieten der Welt anbetrifft, so muss man sich darüber im Klaren sein, dass Kleinbauern auch Teil des Systems der Ausbeutung tierlicher Körper sind.

Kleinbauern sind durch Großbetriebe ersetzbar um einen zunehmenden und stimulierten Bedarf an tierischen Produkten zu decken, der sich aus komplexen kulturellen und wirtschaftlichen Faktoren zwangsläufig heraus entwickelt. Sowohl bewaldetes und „wildes“ Land, so auch die Böden, die als freie Anbauflächen bestellt werden können, verschwinden in Zuge eines argarwitschaftlichen „Erwachens“ und werden einer industriellen Nutzbarkeit unterworfen. Mehr als 80 Prozent des Wachstums im Viehzucht-Sektor kommt heute von den industriellen Produktionssystemen. Die Viehzucht ist ein Faktor, der knappes Land, sauberes Wasser und andere natürliche Ressourcen für die ärmsten der Menschen schluckt und der freien Lebensraum für Tiere zerstört. Die Abhängigkeit von einem zunehmend industrialisierten Lebensstandard, auch wenn solch ein Standard sich auf einem Minimum bewegen mag, ist kaum wieder aufzulösen. Auch ist die Vorstellung vom Fleischkonsum als einem Ausdruck von sozialem Prestige, ein Glaube, dem Menschen immer noch allzu leicht weltweit verfallen.

Wie groß ist Dein ökologischer Fussabdruck, wenn Du (ethisch) vegan lebst …?

Eine vegane Lebens- und Ernährungsweise bringt viele ökologische Vorteile mit sich. Dennoch, wer vegan ist, sollte sich über die größeren Zusammenhänge, über Ursachen und Wirkungsweise von Umweltzerstörung und Speziesismus Gedanken machen und seinen Lebensstil auch gemäß seiner neu gewonnenen Erkenntnisse korrigieren. Ein weitreichendes, umfassendes Denken ist nötig, um geringere Schäden anzurichten als man es mit seiner gegenwärtigen Lebensweise vielleicht noch tut. Denn sogar die potenziell pazifistischste aller Lebensweisen, die vegane Lebensweise, kann immer noch optimiert werden.

Von der Schaffung einer veganen Ökologie

Die Fleischproduktion hat sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vervierfacht. Das war in dem Zuge, in dem die volle Industrialisierung der „Nutztier“-haltung und die moderne Tier-Agrarindustrie entstanden. Heute wächst der Bedarf für tierische Produkte in den Großnationen wie China und Indien in einem unabsehbaren Maße an – dort, wo die Mittelklasse einen „typisch westlichen“ Lebensstil noch für etwas Nachahmenswertes hält. Auf der anderen Seite sehen wir Nahrungsmittelknappheit, Mangelernährung und Hunger in großen Teilen der Welt. Wir sind konfrontiert mit der globalen Erwärmung, dem Klimawandel, der Verschmutzung der Umwelt durch Abfälle und Gifte. Die Zerstörung ökologisch hoch komplexer Gleichgewichte, die wir Menschen durch beinahe alle Bereiche unseres täglichen Lebens verursachen, ist allgegenwärtig. Wir bezeugen die Rate der Entwaldung auf den Kontinenten, die wachsende Wasserknappheit und die Auslöschung von Spezies. Und all das geschieht hauptsächlich, weil Land zum Anbau von Futtermitteln gebraucht wird, um den unerschütterlichen Hunger der Menschen für Fleisch, Milch und Eier zu stillen, und um Industrien aufrecht zu erhalten, die sich von Tierprodukten als billiger und selbstverständlicher Ressource wirtschaftlich abhängig gemacht haben.

Es gibt keine ökologisch vernünftige und realisierbare Gleichung, die den Bedarf der großen Konsumnationen und derer marktwirtschaftlichen Mechanismen und andererseits notwendiges Menschenrecht weltweit miteinander vereinbar werden ließe. Die Menschheit vernichtet durch ihren Zwang zur Umweltzerstörung ihre eigene Lebensgrundlage durch Produktions- und Konsumprozesse. So befinden wir uns inmitten der größten kulturgeschichtlichen Aporie, der die Menschheit sich, in ihrem Exklusivheitsstatus, mit dem sie sich von der Natur abzugrenzen suchte, je selbst ausliefern konnte.

Wir als Veganer_innen sollten unsere Negativauswirkung auf die natürliche Umwelt, die nichtmenschlichen Tiere und die soziale Menschenwelt in allen Aspekten stetig zu reduzieren suchen und weiterhin abwägen, was für die Welt wirklich beiträglich ist und sein könnte. Wir sollten uns nicht unüberlegt treiben lassen durch das, was die Gesellschaft und das eigene Fortkommen gerade von uns zu verlangen scheinen. Veränderungen müssen auf allen Ebenen geschehen.

Das Autofahren auf das Nötigste zu reduzieren, Wasserverschwendung zu meiden, energieeffizienter die Abläufe im Haushalt und Draußen planen, Urlaub neu zu definieren und sich nicht einfach in den Flieger zu setzen, das sind alles Schritte die wir tun sollten. Was wir als „Standard“-Veganer aber auf jeden Fall schaffen – und das ist zweifellos der Punkt größter ethischer Relevanz – ist den grundsätzlichsten Beitrag zum Schutz unserer Umwelt zu leisten, durch unsere pflanzliche Ernährungsweise. Tier-, Menschen- und Erdrechte gehören zusammen und diese Zusammenhänge in unserem täglichen Leben und unseren täglichen Entscheidungen zu berücksichtigt ist unser fortlaufend angestrebtes Ziel. Immerhin haben wir einen veränderungswirksamen Entschluss getroffen.

Vegan zu leben wirkt dem Welthunger entgegen

Die FAO (die Food and Agriculture Organization der UN) erklärt in einem Bericht von 2005, dass mehr als fünf Millionen Kinder jedes Jahr an Hunger sterben. Man rechnet damit, dass sich die Zahl der Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 von 6 Milliarden auf 9 Milliarden Menschen erhöhen wird. Eine der zentralsten Fragen des 21. Jahrhunderts wird sein, wie die Menschheit sich in Zukunft ernähren will oder kann.

Die Verfügbarkeit anbaufähigen Landes ist eines der Haupthindernisse in der Nahrungsmittelerzeugung. Die Welt hat nur ein begrenztes Maß an Land, das zum Anbau eingesetzt werden kann. Es ist daher also entscheidend, wie solches Land bestellt wird um damit ausreichend Menschen versorgen zu können.

Die typische Ernährungsform des Westens, die primär auf tierischen Produkten basiert, spielt eine wesentliche Rolle dabei, dass Menschen in den ärmeren Regionen der Welt der Zugang zu ausreichend und gesunden Lebensmitteln verwährt ist. Die Funktionsweisen der Tieragrarindustrie und des Marktes sind komplex und schwer durchschaubar, aber die Zusammenhänge zwischen Welthunger, Mangelernährung und der Tierausbeutung durch die Agrarindustrien bestehen.

Feststeht, dass unterschiedliche Studien aufzeigen, dass die vegane Ernährungsweise (und die vegane Lebensweise insgesamt in ihrem Verzicht auf alle tierischen Produkte un Nebenerzeugnisse) nur ein Drittel der Anbaufläche bedarf, als das für die typische westliche tierprodukt-dependente Lebensweise nötig ist.

Fruchtbare Äcker und intaktes Land

Zu Gründen für die gefährliche Bodendegradation zählen die Überweidung zu 35%, die Entwaldung zu 30% und landwirtschaftliche Vorgehensweisen zu 27%. [4] Diese Schädigungsursachen sind direkt oder indirekt verbunden mit dem Verbrauch tierischer Produkte.

Das World Recources Institute (WRI, http://www.wri.org/) erklärt, dass fast 40% der Agrarlandfläche weltweit ernsthaft degradativ geschädigt sind. Das International Food Policy Research Insitute (IFPRO, http://www.ifpri.org/), das sich mit nachhaltiger Nahrungsversorgung und Welthunger befasst, geht davon aus, dass wenn Land und Anbaufläche weiter wie im gegenwärtigen Maße geschädigt werden, zusätzliche 150 bis 360 Millionen Hektar Land bis zum Jahr 2020 nicht mehr zum Anbau nutzbar sein werden. [5]

Der Zuwachs der Weltpopulation ist somit nicht der einzige Faktor, der in Betracht gezogen werden muss, wenn Prognosen für die zukünftige Nahrungsmittelsicherheit gestellt werden. Die Fläche fruchtbaren Landes, das zum Anbau von Ernten eingesetzt werden kann, verringert sich zunehmends, und die Weiterführung intensiver Produktion auf bereits geschädigtem Land stellt keine nachhaltige Lösung dar.

Der Teufelskreis der unvermeidlich entsteht, ist der, dass Menschen wegen weniger fruchtbarer Böden die Bestellflächen ausdehnen müssen. Die damit einhergehende Entwaldung verursacht eine weitere Verschlechterung der Böden. Ein circulus vitiosus und Gipfel unserer allein nutzungsorietierten landwirtschaftlichen Praktiken.

Eine vegane Ökonomie sollte idealerweise bedarfs- statt gewinnorientiert sein, und statt blindem Konsumentenverhalten, sollte eine Ausrichtung auf die natürlichen Notwendigkeiten und der Einklang mit der natürlichen Welt angestrebt werden. Die Natur, statt die durch den Konsum angeregten Lebensfiktionen, sollte zum Fokalpunkt im Realitätsbewusstsein der Menschen werden. Ein veganer Lebensstil und ein neues ethisches Denken, das den Veganismus als Idee umfasst, können dabei wirksam sein, die weitere Zerstörung wertvollen fruchtbaren Landes und der Natur zu verhindern.

Keine kompromittierenden Kompromisse und kein Flexitarismus können helfen

Spätestens seit dem United Nations FAO Bericht von 2006 gilt speziell auch die Geflügelindustrie als besonders umweltgefährdend, nicht zuletzt weil sie einen noch stark anwachsender Zweig der tierausbeutenden Industrien darstellt. [6] [7]

Die Wahl der bevorzugten Tierspezies zum Verzehr und zur Ausbeutung und die pervertierte „artgerechte“ Perfektionierung in den Voraussetzungen zur Haltung von nichtmenschlichen Tieren, spiegeln einen prinzipiellen fortlaufenden Versuch das alte Bild und stereotype Ideal vom Menschen als omnivor-carnivoren Prädatoren und Jäger und Sammler zu retten, statt sich über die gegenwärtigen ökologischen Notwendigkeiten tatsächlich Gedanken zu machen. Die Vernunft und das Bewusstsein, die es braucht um über die ethische „Miteinanderschaft“ von Mensch und Tier in der natürlichen Welt nachzudenken, sind in unseren Kulturen noch immer weitestgehend unterentwickelt.

Wälder retten

Wir alle brauchen Wälder zum Leben, in jeder Hinsicht. Sie sind unsere Lungen, sie schlucken enorme Massen an Kohlendioxid und spenden dafür Sauerstoff, sie regulieren die Klimaverhältnisse, schützen vor Überflutungen, schützen kostbare Böden und beheimaten Millionen verschiedener Tierarten/Tierindividuen und beherbergen ihre unglaublich reichen und faszinierenden Pflanzenwelten und Welten anderen organischen Lebens. Auch das Fortbestehen tausender indigener Völker hängt vom Schutz ihrer Heimatwälder ab. Aber der Wald wird rapide zerstört, ohne jegliche Möglichkeit das, was der Welt, den Tieren und den Menschen dadurch verloren geht, jemals wiederherzustellen.

Wie das, was wir auf unseren Tellern haben einen effektiven Unterschied macht, auch in Sachen globaler Entwaldung

Außer dass Abholzung geschieht wegen der Gewinnung von Holz, Papier und Brennstoffen, findet die Entwaldung auch statt um Weideland zu gewinnen und für den Futtermittelanbau für diejenigen Tiere, die permanent oder überwiegend in Agrareinrichtungen in Hallen oder anderen Einsperrungssystemen gehalten werden. Schätzungen des World Recources Institute gehen davon aus, dass 20-30% der einstig bewaldeten Landfläche der Erde bereits der Agrarkultur weichen mussten und für Agrarzwecke abgeholzt wurden. Da das Agrarland aber zunehmend geschädigt ist, muss zur Ersetzung der depletierten Flächen wiederum eine weitere Entwaldung stattfinden. [8]

Die Ausweitung von Agrarland ist für mehr als 60% der weltweiten Entwaldung verantwortlich. Das meiste dieses erschlossenen und genutzten Landes wird zur Fütterung von Rindern zu Agrarzwecken benutzt. Der UN FAO Bericht ‚Livestock’s Long Shadow’ hält fest, dass „bis zum Jahr 2010 Rinder auf etwa 24 Millionen Hektar neotropoischen Landes grasen werden, das im Jahr 2000 noch bewaldet war.“ [9] Dieser Prozess wird zynischer- und grausamerweise als die „Hamburgerisierung“ der Wälder bezeichnet – in den USA nennt man „Hackfleisch“ umgangssprachlich auch „Hamburger“.

Die vegane Lebensweise kann durch ihre Praxis und Ethik wesentlich dazu beitragen, die Ausbeutung des Reproduktivsystems nichtmenschlicher Tiere zu bekämpfen und damit einhergehend auch die Wälder der Welt zu schützen. Die natürliche Integrität der nichtmenschlichen Tiere und der Natur müssen zusammen geschützt werden, um zu einer vernünftigen Sinngebung unserer eigenen menschliche Existenz in der Welt zu gelangen und den Prozessen ökozidaler Zerstörung direkt entgegenzuwirken.

Tierrechte, der Schutz der Artenvielfalt und Schutzhöfe für unsere „domestizierten“ Tierfreunde

Unser Veganismus hat vor allem eines zum Ziel: den Schutz von Tierindividuen und den Erhalt von Tierpopulationen in der Freiheit. Mit Hinsicht auf diese beiden Tiergruppen werfen sich zweierlei Fragen auf. Einerseits besteht die dringende Frage danach, wie die natürlichen Lebensräume von Tierpopulationen erhalten werden können, und andererseits muss Lebensraum wiederhergestellt oder tatsächlich neu geschaffen werden. Was ist nun die beste Herangehensweise um solchen Problemen konstruktiv und effektiv zu begegnen?

Lebensräume erhalten, Lebensräume schaffen

Eine genaue Zahl wieviel Tierspezies es auf der Erde eigentlich gibt ist nicht zu ermitteln. Diese Unzählbarkeit ist auch gegeben durch die unterschiedlichen Habitate in denen Tiere leben und die wir noch nicht alle bis in jeden Winkel durchkämmt oder aber auch zerstört haben. Die faszinierende Artenvielfalt geht bis hin zu den Kleinstlebewesen, so macht die Insektenwelt allein den mit Abstand größten Teil der von uns unendeckten Tierwelt aus. Und so klein ein Wesen in seinem Lebensraum auch sein mag, so wichtig ist die Beziehung eines jeden Tieres mit seiner natürlichen Umwelt, denn all das Leben gemeinsam bildet ein in sich geschlossenes und funktionierendes Ökosystem.

Die durchschnittliche Schätzung über die Zahl verschiedener Tierarten liegt bei etwa 10 Millionen. Davon sind etwa 1,4 Millionen erfasst, und nur eine kleine Prozentzahl der erfassten Arten wurde bislang auch erforscht und genauer klassifiziert. Für die Tierindividuen ist es oft besser unentdeckt zu bleiben, denn die Erforschung einer Art bringt immer noch mit sich, dass das Tier als ein biologisches Objekt untersucht wird, in seiner Anatomie, seinem Verhalten, dem, was man an seiner Gattung als stereotypes Verhalten (z.B. Brut- und Fressverhalten, seine kognitiven Fähigkeiten) ethologisch beschreiben kann.

Was die Tiere – ob erfasst oder unerfasst – wirklich ausmacht ist das, was sie in ihrem Lebenskontext mit einer natürlichen und freien Umwelt sind. So müssten wir sie, um sie wirklich zu verstehen, weitestgehendst in Ruhe lassen, uns ihnen mit unseren menschlichen Erfassungswünschen nicht aufzwängen und vor allen Dingen die Umwelt überhaupt erst einmal gar nicht zerstören. Wir müssen die Umwelt schützen oder wiederherstellen soweit das möglich ist, gegen all die Widerstände die bestehen.

Für eine Tierspezies als Tiergruppe kann es allerdings auch von Vorteil sein wenn sie erfasst ist und erforscht wird, und zwar allein in dem einen Sinne, dass sie unter Umständen als gefährdet gilt und so einen Schutzstatus erhält. Schwierig wird es wenn die Tiere, die geschützt werden sollen, in die Captive Breeding Programme zur arterhaltenden Nachzucht geraten, denn das heißt auch, dass sie damit der Handhabe durch zoologische Projekte ausgeliefert sind und ihre tierliche Autonomie gänzlich verlieren [10].

Die sogenannten „Nutztiere“ – die Tiere denen per Definition angehängt wird sie seien dazu geboren um ausgebeutet zu werden – machen etwa 20 % der gesamten „Tier-Biomasse“ der Welt aus (so die biopolitische Bezeichnung von Organisationen wie der FAO, der Food and Agriculture Organization der UN). Das Land, das die „Tier-Biomasse“ der „Nutztiere“ nun zwangläufig besetzt, ist selbstverständlich das Land, das zuvor von wildlebenden Tieren als deren Lebensraum genutzt wurde. [11]

Der Veganimus kann im Bezug auf die Problematik beider Tiergruppen (der wildlebenden und der „domestizierten“ Tiere) Lösungen bieten

Die grüne Bewegung konzentriert sich eher auf die Biodiversität wildlebender Tiere und den Schutz ihrer Lebensräume, während die ethischen Belange „domestizierter Nutztiere“ konzeptuell den Vorstellungen agrarwirtschaftlicher Interessen und den Interessen von „Verbrauchern“ untergeordnet bleiben sollen. Dahinter verbirgt sich, wenn auch nicht unbedingt in einer ganz bewussten oder offen dargelegten Weise, ein Gedanke menschlicher Dominanz rührend von einer vermeintlich archaischen Identität als „Jäger und Sammler“ und der Wunsch nach einer kontinuierlichen Fortsetzung dieses Ideals eines vermeintlichen Einklangs mit der Natur nach altertümlicher Vorstellungsweise und auf Kosten der dem Menschen zum Opfer fallenden getöteten Tierindividuen.

Der Veganismus hingegen setzt sich außer mit dem konsequenten Schutz wildlebender Tiere (einschließlich der Ablehnung der Jagd) und ihrer Lebensräume, auch mit dem Schutz und den notwendigen Rechten der sog. „Nutztiere“ auseinander. Also auch mit den Rechten der Tierindividuen und Spezies, deren Repoduktivsysteme kotinuierlich missbraucht werden, allein damit der Mensch die tierliche physische Existenz herabwerten und das damit Tiersein überhaupt herabwürdigen kann, indem er nichtmenschliche Tiere als Objekte des menschlichen Verzehrs und Gebrauchs klassifiziert.

Die allgemeine Ethik des Veganismus etabliert ein Bewusstsein, sowohl für die Rechte wildlebender- als auch „domestizierter“ (versklavter) Tierindividuen und Tierarten, und der Weg, der zur effektiven Einflussnahme begangen wird, liegt in der Ablehnung des Konsums tierischer Produkte und Nebenerzeugnisse. Darüber hinaus wird alles was Tieren schadet und ihnen schaden könnte in kritischer Form erkannt und zum Gegenstand aufklärerischer Informations-Flows.

Schutz! Realisierbare Schritte und ferne Utopien

Schutzräume zu schafffen, die weitesgehendst frei und wo nötig auch bewacht sind, und die den Tieren gewährleisten, dass Menschen keinen intrusiven Zugang auf ihre körperliche Integrität haben, sind ein Baustein in der veganen Vision, die sich heute in der Form von ‚Animal Sanctuaries’ / Schutzhöfen oder Lebenshöfen zunehmends etabliert. Die Umweltfrage beinhaltet aus veganer Sicht politisch auch die Frage der Tierrechte.

Festzuhalten als Ziele des ethischen Veganismus sind:

  • Tier-Diversität muss in der Freiheit geschützt werden und die freien Lebensräume müssen erhalten und wiederhergestellt werden.
  • Domestizierte Tiere dürfen nicht zu den Sündenböcken der Biopolitik spezisitischer Unterdrücker gemacht werden. Ihnen müssen Schutzhöfe geschaffen werden, mit dem letzendlichen Ziel der Auswilderung oder der permanenten Beheimatung in Schutzgebieten der in ferner Zukunft überlebenden Tierindividuen und Tiergruppen.
  • Zoos müssen durch Rehhabilitationszentren und den Schutz in freien Reservaten ersetzt werden.

Dies nun sind implizite Punkte des Veganismus, die sich explizit so nicht auf irgeneiner Liste zusammengestellt finden, aber in den verschiedenen ideellen Botschaften und Zielsetzungen veganer Projekte als angenommene ethische Selbstverständlichkeiten hervorgehen und artikuliert werden.

Biodiversität schützen

Die rote Liste gefährdeter Arten der International Union for Conservation of Nature (IUCN / World Conservation Union, http://www.iucnredlist.org/) zeigt, dass 18% aller Wirbeltiere, die

im Jahr 2002 in deren Unteruchungen mit einbezogen wurden, vom Aussteben bedroht sind. Betroffen sind 24% der Säugetiere und 30% der Fische. Auch gelten 49% der erfassten Pflanzenarten als vom Aussterben bedroht. Man geht davon aus, dass die gegenwärtige Rate des Artensterbens 1.000 bis 10.000 mal höher liegt als sie das unter natürlichen Umständen wäre, d.h. ohne den zerstörerischen Enfluss der Menschen auf die Biosphäre [12].

Statistiken wie diese lassen viele Umweltexperten zu der Folgerung kommen, dass wir hier der Problematik eines präzedenzlosen Massenausterbens gegenüberstehen. Man kann in der Tat von einem Speziezid, Zoozid und Ökozid sprechen (von einer massenhaften Annihilierung von Leben auf einer Grundlage biologisitischer Argumentationen). Die Vernichtung anderer Arten hat eine ganz eigene und andere Tragweite als innermenschliche Konflikte, aber auch das Töten oder das provozierte Aussterbenlassen von Arten, ist eine Frage der Verletzung von Lebensrechten, seien diese Lebensrechte auch Gegenstand von kontinuierlichen Anfechtungen. Hier geht es um ethisches Versagen.

Was uns aus veganer Sicht an dieser Stelle auch Sorgen machen muss, ist die Auswirkung des Artensterbens, d.h. des Verlusts genetischer Diversität, in der Pflanzenwelt, die die Nahrungsmittelsicherheit und den Welthunger, die Nachhaltigkeitsplanung insgesamt also unmittelbar mit anbetrifft. Das durch den Menschen verursachte Aussterben biologischer Diversität verursacht Parallelprobeme, deren Ausmaß wir heute noch kaum abschätzen können.

Nur eines ist klar, dass wir als VeganerInnen in wirklich jedem Punkt dazu aufgerufen sind, den Prozessen von Naturvernichtung entgegenzuwirken. Durch unsere Lebensweise tun wir den wesentlichsten Schritt dazu.

Menschen zerstören Lebensraum

Die Zerstörung von Lebensraum ist der Faktor, der als Hauptverursacher gilt für das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten. Entwaldung, Landdegradation und die Intensivbewirtschaftung zu Argarzwecken, sind die Vernichter der Ökosysteme. Und gerät ein Ökosystem einmal aus seinem Gleichgewicht, so ist auch in sekundärer Folge mit einem massiven Verlust an Biodiversität zu rechnen.

Ein von der FAO der UN, dem USAID (United States Agency for International Development) und der Weltbank in Auftrag gegebener Bericht zum Stand der Umweltzestörung durch die Tieragrarkultur, zog den Schluss, dass die industrielle Viehzucht zum Verschwinden der Artenvielfalt beiträgt, durch die „dafür gebrauchte Versorgung mit konzentrierten Futtermitteln, der die Verwendung von Land angepasst werden muss, und, für die Ernteertäge erhöht werden müssen. Die Produktion von Getreidefutter insbesondere ist Ursache für eine zusätzliche höhere Belastung für die Biodiversität, durch den damit einhergehenden Lebensraumverlust und die Schäden an der Funktionsweise der Ökosysteme.“ [13]

Tropische Regenwälder, obgleich sie bloß 10% der Erdoberfläche bedecken, beherbergen fast 90% aller Tier- und Pflanzenarten, von denen viele bislang unerforscht sind. Die Zerstörung von bewaldeten Gebieten zum Zwecke der Futtermittelversorgung für Farmtiere, ist der Grund für den Verlust tropischer Artenvielfalt. Zu anderen Faktoren, die das Artensterben mitverursachen, gehören die Umweltverschmutzung, der Klimawandel (Veränderungen in den Charakteristiken regionaler Klimata, der Temperatur, Feuchtigkeit, Regenfälle, Wind und Extremwetterlagen), die globale Erwärmung (die Gesamterwärmung des Planeten) und die durch den Menschen verursachten biologischen Verschiebungen durch transgeographisch eingeführte Arten.

„Die Viehzucht spielt eine wesentliche Rolle in der gegenwärtigen Krise für die Biodiversität. Sie ist verantwortlich sowohl direkt wie auch indirekt für die Verursachung von Biodiversitätsverlust, auf lokaler wie auch auf globaler Ebene“, so der United Nations FAO Bericht von 2006. [14]

Die vegane Lebensweise bricht die wesentlichen Ursachen dieses circulus vitiosus, der zwischen der Zerstörung der Artenvielfalt auf der einen Seite, und der Tötung domestizierter Tierarten auf der anderen Seite besteht (die Lebenswürde aller Nichtmenschen wird letztendlich seitens unserer „normalen“ speziesistisch lebenden Gesellschaft negiert). Der ethische Veganismus schafft das durch die Betätigung des mit Sicherheit wirksamsten Hebels: durch den Verzicht auf den Konsum tierischer Produkte und die Absage an den Speziesmus. In ihrem Gesamtpotenzial beinhaltet die ethisch vegane Lebensweise eine gigantische Palette an Chancen eine ökologisch verträglichere Gesellschaft zu gestalten.

Biodiversität ist keine pure Funktionserfüllung

Wir sollten nicht vergessen, dass es beim Schutz von Biodiversität nicht einfach um ökologische Funktionen geht, die durch die „Arten“ in der natürlichen Welt eingenommen werden. Artenvielfalt ist Natur selbst in ihrer intakten Form. Die Lebewesen haben ihre Heimat und ihren eigenen uns vielleicht niemals wirklich ganz ergründlichen eigenen Sinn, und so auch ihre eigenen Rechte innerhalb ihrer Welt, die die (intakte) Natur für sie darstellt. Das Gleichgewicht eines Ökosystems mit seinen Tieren und Pflanzen, und das eines ganzen natürlichen geographischen Gefüges, mitsamt eines dort herrschenden Klimas, hat sich über einen unvorstellbar langen Zeitraum entwickelt, in einer Facettenhaftigkeit, die Menschen künstlich nicht nacherzeugen können. Die natürliche Welt ist unfassbar komplex. In jedem Lebensraum sollte die Komplexität der natürlichen Welt zugelassen werden, und diese Komplexität muss in jeder nur machbaren Weise geschützt werden.

Hortikultur als Lebens- und Naturraum

Ein tiefgreifendes Problem ist das der Gestaltung neuer Lebensräume. Gebraucht werden die großen Reservate, die Schutzhöfe / Lebenshöfe, in denen Tiere und die Pflanzenwelt ihren Platz zurückgewinnen. Wenn es um den normalerweise flächenmäßig kleineren Privatbesitz von Land geht, dann stellt sich die Frage nach der Möglichkeit Gartenkultur zur Lebensraumkultur für Fauna und Flora als zusätzliche Option im Umweltschutz zu entdecken; selbst Kleinstlebensräume können wichtigen Platz bieten für Diversität.

Solche Lebensräume müsssen Naturräume sein, in denen nicht alles der Nutzbarkeit und Ästhetik für den Menschen untergeordnet wird, sondern Freiraum für tierliche und pflanzliche „Wildnis“ herrschen kann.

Die Permakultur bietet hier nicht ganz die optimale Lösung, denn sie ist, auch im Falle dass sie vegan betrieben wird, eine Anbauvariante und fällt dann in den Bereich veganer Landwirtschaft (also in ein anderes separat zu behandelndes und auch komplexes Kapitel). Wovon hier die Rede ist, ist die Suche nach der richtigen Einstellung zur Notwendigkeit Naturfläche zur Verfügung zu stellen und adäquat zu pflegen: Naturfläche in der Tiere und pflanzliche Natur Platz haben für sich selbst. Und der einzige Zugriff, den der Mensch hier ausüben würde, ist der, das Ganze zu erhalten im Sinne der Gewährleistung von Schutz und Rechten.

Quellen:

[1] Robert Goodland, Jeff Anhang: Livestock and Climate Change, World Watch November/December 2009, http://www.worldwatch.org/files/pdf/Livestock%20and%20Climate%20Change.pdf  Stand, 27.11.2012.

[2] A. Jägerskog, T. Jønch Clausen (eds.): Feeding a thirsty world: Challenges and opportunities for a water and food secure world, Stockhold International Water Institute, 2012, http://www.siwi.org/sa/node.asp?node=52&sa_content_url=%2Fplugins%2FResources%2Fresource.asp&id=318 , Stand 27.11.2012.

[3] John Vidal: Food shortages could force world into vegetarianism, warn scientists, The Guardian, 26. Aug. 2012, http://www.guardian.co.uk/global-development/2012/aug/26/food-shortages-world-vegetarianism , Stand 27.11.2012.

[4] United Nations Environment Programme, GEO: Global Environment Outliook, Land degradationhttp://www.unep.org/geo/geo3/english/141.htm , Stand 30.11.2012.

[5] News & Views – A 2020 Vision for Food, Agriculture, and the Environment – March 1999: Are We Ready for a Meat Revolution? (IFPRI, 1999, 8 p.), How Large a Threat Is Soil Degradation? http://www.nzdl.org/gsdlmod?e=d-00000-00—off-0fnl2.2–00-0—-0-10-0—0—0direct-10—4——-0-1l–11-en-50—20-about—00-0-1-00-0–4—-0-0-11-10-0utfZz-8-00&cl=CL2.10.6&d=HASH0152336f21ea37b260b944e2.3&x=1 , Stand 30.11.2012.

[6] Steinfeld H, Gerber P, Wassenaar T, Castel V, Rosales M, de Haan C. Livestock’s Long Shadow: Environmental Issues and Options. Rome: Food and Agriculture Organization of the United Nations; 2006. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2367646/ , Stand 30.11.2012.

[7] P. Gerber, C. Opio and H. Steinfeld, Poultry production and the environment – a review, Animal Production and Health Division, Food and Agriculture Organization of the United Nations, Viale delle Terme di Caracalla, 00153 Rome, Italy, http://www.fao.org/AG/againfo/home/events/bangkok2007/docs/part2/2_2.pdf , Stand 30.11.2012.

[8] Porter, G. and J. W. Brown, Table of Deforestation and its Effects, https://confluence.furman.edu:8443/display/Lipscomb/Deforestation+and+Effects+(MB) (Vgl. auch Global Environmental Politics (Westview Press, Boulder, Colorado) 1991.) Stand 30.11.2012.

[9] UN FAO, Livestock’s long shadow, Chapter 5, Biodiversityftp://ftp.fao.org/docrep/fao/010/a0701e/a0701e05.pdf , Stand 30.11.2012.

[10] Zoos geben einen lebensbejahenden Sinn vor, indem die Präsentationen der verschiedenen Tierarten als Kontrast dienen sollen zu einer anthropozentrisch homogenen und monokulturhaften Welt. Vgl: Acampora, R., Off the Ark: Restoring Biophilia, Metamorphoses of the Zoo: Animal Encounter After Noah, ed. Ralph R. Acampora, 2010, S. 1. Zur Diskussion der ethischen Problematik zoologischer Gärten siehe auch: Acampora, Extinction by Exhibition: Looking at and in the Zoo, Human Ecology Review, Volume 5, Summer 1998, Number 1, 1998. http://www.humanecologyreview.org/pastissues/her51/51acampora.pdf , Stand 7.12.2012.

[11] FAO, Agriculture and Consumer Protection Department, Spotlight / 2006, Livestock impacts on the environment, http://www.fao.org/ag/magazine/0612sp1.htm , Stand 7.12.2012.

[12] European Commission, Environment, Nature & Biodiversity, What is Biodiversity? http://ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/intro/index_en.htm , Stand 15.12.2012.

[13] C. de Haan, H. Steinfeld, H. Blackburn, Livestock & the environment: Finding a balance, Report of Study by the Commission of the European Communities, the World Bank and the governments of Denmark, France, Germany, The Netherlands, United Kingdom and The United States of America, Chapter 4: Industrial livestock systems & the environment, http://www.fao.org/docrep/x5303e/x5303e0c.htm , Stand 15.12.2012.

[14] Food and Agriculture Organization of the United Nations, Livestock’s Long Shadow, Environmental Issues