Ein Entwurf, 18.05.25
Eine öffentlich bekannte Person mit konservativem Hintergrund und ihre Nutzung eines Emojis:
Mal sowas mit den Bots diskutieren:
Was geschieht in diesem Screenshot?
Person A lobt den deutschen ESC-Beitrag, obwohl dieser von Österreichern stammt. Das ist zunächst ein unpolitischer Kommentar.
Ein Nutzer („Thüringer“) antwortet:
„Das letzte Mal als wir auf einen österreichischen Künstler gesetzt haben, haben wir haushoch verloren.“
→ Das ist ein Verweis auf Adolf Hitler als österr. Künstler und „wir“.
→ Die Formulierung ist zynisch, typisch geschichtsrelativierend und in rechtsextremen Mindsets kommunikatives Mittel als „codierte Sprache“ oder „dog whistle“.
Person A Reaktion:
🙈 – das „sich schämende Äffchen“-Emoticon als ostentative Geste eines verlegenes Abwinkens.
Frauen die sich völkisch-national identifizieren, geben sich gerne erkennbar angepasst durch ein scheinbar naives oder scheinbar spielerisches Rollenverhalten.
→ Dieses Verhalten kann man als „Rollen-Gestik“ einer betont unpolitisch auftretenden Frau deuten, die aber rechtsextreme Aussagen legitimiert oder relativiert.
Stichwort: „Völkische Weiblichkeit“: Ein Begriff, der beschreibt, wie Frauen sich innerhalb rechter Milieus als „hübsch, harmlos, hausfrauenhaft“ im einen stereotypen Sinne inszenieren, um rechte Inhalte anschlussfähig und sozial verträglich zu machen, indem eine Art der Vorstellung über weibliche Tugendhaftigkeit bedient wird.
Die Kombination aus der Hitler-Anspielung des Kommentars und Person As Reaktion mit dem „Sich-schäm-Äffchen“ ist eher kein harmloser Smalltalk, sondern ein Fall einer bewusst tolerierten, wenn nicht aktiv unterstützten Relativierung durch provokative Scheinsubtilität.
Das Emoji könnte man hier durchaus als eine passiv-affirmative Geste deuten, die im Kontext mit dem bekannten Muster rechtsnaher Influencerinnen fällt:
→ Vermeintlich harmlos reagieren, um sich bei Bedarf herausreden zu können („War doch nur Spaß“) – während man gleichzeitig Zustimmung oder/und Zugehörigkeit signalisiert.
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Wer sich in dem Paradox „Nicht rechts, aber…“ befindet
Person A steht exemplarisch für die weibliche Figur, die sich nicht als rechtsradikal versteht oder verstanden werden will – sich aber explizit von Linken, feministischer Geschichte, Queer-Politik und Multikulturalismus distanziert. Sie will den „gesunden Menschenverstand“ oder die „bürgerliche Mitte“ vertreten.
Rechter Narrative (z. B. gegen „woke“ Politik, Migrationskritik), stilistischer und rhetorischer Nähe zu AfD-nahen Diskursräumen und die typischen Selbstinszenierung als „mutige Stimme gegen den Mainstream“ werden allesamt bespielt.
→ Dieser Dissonanzmoment zwischen Ablehnung „der Rechten als Milieu“, aber Übernahme von suggestiven Kommunikationsmustern diverser Natur, führt zu einer politischen wie kulturellen Unstimmigkeit und nicht, wie man glaubt oder vorgibt zur einer „Mitte“. Man möchte die Ästhetik der Empörung, den medialen Reiz der Provokation – aber ohne den Makel des Rechtsseins.
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Die „normale konservative deutsche Frau“ lebt in einer Art internalisierten Rollenbild, das eine Mischung aus: stilisierter Bürgerlichkeit, betonter „Unaufgeregtheit“, und performativer Ablehnung feministischer Ideale.
Diese Frauen positionieren sich oft als „starke Frauen“, die den traditionellen Feminismus, der mit einer Ablehnung von weiblicher Dienstbarkeit und patriarchaler Komplizenschaft einherging, ablehnen, weil sie ihn als überflüssig oder hysterisch empfinden. Gleichzeitig wollen sie aber in ihrer Eigenständigkeit und Meinungsmacht anerkannt werden – was im konservativ-patriarchalen Denken eigentlich ein Widerspruch ist. Das äußere Stereotyp einer angepasst dressierten Frau wird durch die Kombination mit einer besonders rigiden und unbeugsamen Gesinnung zu einer besonderen Anpassungsleistung gesellschaftlich radikal-sozialdarwinistischer Ziele.
→ Das ist kein klassischer Konservatismus, sondern ein pseudokonservativer Stil: konservativ im Habitus, aber ohne fundiertes ideologisches Fundament – ein Erbe der 90er-Jahre-Yuppie-Mentalität.
Viele der BWL-als-Politik-Repräsentantinnen inszenieren sich als wirtschaftsliberal, modern, pragmatisch, leistungsorientiert, wollen aber gleichzeitig kulturell identitär argumentieren.
Diese Kombination: wirtschaftlich neoliberal, kulturell autoritär und/oder ethnonational aufgeladen, und äußerlich stilisiert (glatt, gepflegt, „erfolgreich“) … dient oft dazu, eine scheinbare gesellschaftliche Mitte zu behaupten, die es in dieser Form nicht (mehr) gibt.
→ Diese „Managerästhetik“ ist eine Restaurationsgeste: Man versucht, eine Welt wieder aufzubauen, in der Status, Ordnung, Nation, Markt noch als stabile Achsen galten – obwohl genau dieses Denken die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen, auf die man sich beruft, zerstört hat.
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Der innere Konflikt: Patriarchat ja/nein, Feminismus nein, aber trotzdem Anerkennung
Für viele in solche Art erscheinenden konservativen Frauen besteht ein offener Widerspruch:
Sie lehnen einen progressiven Feminismus ab, wollen Sichtbarkeit, Relevanz und eine intellektuelle Führungsrolle, was im klassisch rechten Weltbild eigentlich nicht vorgesehen ist.
→ Das führt zu einem permanenten Rollenbruch: Zwischen bürgerlicher „Dame“, mediengewandter Provokateurin und politischer Stimme des Aufbruchs. Dieses Spannungsfeld erzeugt mediale Anschlussfähigkeit aber auch ideologische Unklarheit.
Eine Strategie der Doppeldeutigkeit: Das Verhalten, wie im Screenshot mit dem 🙈, ist typisch für eine Strategie der Dominanz durch Entweichung: Man lässt sich nicht festmachen („War doch nur Spaß“), bedient sich aber einem eingeübten provokativen kommunikativen virtue signalling zueinander und nutzt in dem Fall sein Image als Yuppie, Karrierefrau, brave Konservative, um seine gesellschaftliche Kompatibilität nachweisen zu können.
Solche Figuren sind in sich nicht so ganz ideologisch kohärent mit dem, was sie versuchen darzustellen, sondern vielmehr eher funktional flexibel – sie nutzen bestimmte Rollenbilder, Narrative und jegliche Möglichkeit situativer Anekdoten (virtue signalling bei Hitler-Österreicher-Spruch z. B.), um in einer postideologischen Öffentlichkeit zu bestehen, in der klare Einordnungen aufgrund gesellschaftlicher Verschiebungen (…) zunehmend verschwimmen.