– Was versteht man unter dem deutschen Begriff einer Seilschaft in seinem sozialdarwinistischen Sinne
– Seilschaften in demokratischen Strukturen: Eine neue Dimension der Exklusion

Was versteht man unter dem deutschen Begriff einer Seilschaft in seinem sozialdarwinistischen Sinne:

Eine „Seilschaft“ im negativen sozialdarwinistisch-sozialklassistischen Sinne bezeichnet ein bedingt geschlossenes Netzwerk von Personen, die sich gegenseitig unterstützen, absichern und strategisch Positionen besetzen, um gesellschaftliche Vorteile zu erlangen oder zu erhalten. Der Begriff leitet sich ursprünglich aus dem Bergsteigen ab, wo eine Gruppe von Kletterern durch ein Seil verbunden ist, um sich gegenseitig zu sichern. In übertragener, derogativer Bedeutung beschreibt er jedoch eine sich nach eigenen Definitionen oder Regeln konstituierende elitäre, oft exklusive Gruppe, die ihre eigenen Mitglieder bevorzugt und Außenstehende systematisch ausschließt.

Solche Seilschaften sind klassischerweise in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zu finden. Sie funktionieren nach dem Prinzip des geschlossenen Zugangs: Wer bereits Teil der Gruppe ist oder enge Verbindungen zu ihr pflegt, hat bessere Chancen auf Karriereaufstieg, lukrative Aufträge oder Machtpositionen. Wer außerhalb steht, hat es schwer, in diese Kreise vorzudringen oder auf gleiche Weise erfolgreich zu sein. Dies führt dazu, dass sich soziale Ungleichheiten verfestigen und strukturelle Barrieren für gesellschaftlichen Aufstieg entstehen. Auch liegt es nicht im Interesse einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft, solche Strukturen in sich zu beherbergen.

Der sozialdarwinistische Aspekt ergibt sich daraus, dass innerhalb solcher Seilschaften das Prinzip des „Survival of the Fittest“ oft nicht durch eine transparente Bedeutung von individueller Leistung bestimmt wird, sondern durch Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder in Abhängigkeit von einer bestimmten Gesinnung und Ähnlichem. Die Mitgliedschaft wird häufig durch gemeinsame Herkunft, politische Zugehörigkeit oder wirtschaftliche Interessen bestimmt. So können Seilschaften alte Machtstrukturen bewahren, sich gegen Reformen abschotten und eine Form des Klientelismus betreiben, bei der Posten, Privilegien oder wirtschaftliche Vorteile untereinander aufgeteilt werden oder Umstrukturierungen an Bestehendem vornehmen, bei dem zum Zwecke der gemeinschaftlichen unlauteren Vorteilnahme.

Diese Mechanismen erstrecken sich jedoch nicht nur auf institutionelle und wirtschaftliche Bereiche, sondern auch auf den zwischenmenschlichen und sozialen Raum. Seilschaften können in sozialen Gruppen existieren und soziokulturelle Dynamiken bestimmen. Durch die gegenseitige Absicherung und den gezielten Ausschluss von Nicht-Mitgliedern können sie diskriminierende Strukturen verstärken und gängige Definitionen von Rassismus, Sexismus oder Ableismus unterlaufen. Wer innerhalb einer solchen Gruppe agiert, genießt Schutz und Zugang zu Ressourcen, während diejenigen, die nicht in die festgelegten Kriterien passen, systematisch benachteiligt oder ausgeschlossen werden.

Auf diese Weise wirken Seilschaften als Verstärker gesellschaftlicher Ungleichheit und können etablierte Diskriminierungsmechanismen um neue Schichten der Exklusion und Privilegierung erweitern. Gerade in sozialen Kontexten entstehen so geschlossene Zirkel, die nicht nur Karrieren und wirtschaftliche Vorteile kontrollieren, sondern auch die soziale Ordnung in ihrem Sinne formen.

Historische Beispiele sind unter anderem die Netzwerke ehemaliger DDR-Staatssicherheitsbeamter nach der Wiedervereinigung, die Verbindungen zwischen Politik und Großunternehmen oder elitäre Zirkel in der Wissenschaft, die ihre Mitglieder systematisch bevorzugen. Auch in autoritären Regimen oder korrupten Staaten lassen sich Seilschaften beobachten, die Einfluss und Ressourcen unter sich aufteilen und damit demokratische Prozesse untergraben.

In der öffentlichen Debatte wird der Begriff häufig benutzt, um verdeckte Machtstrukturen und elitäre Netzwerke zu kritisieren. Besonders in Demokratien gelten Seilschaften als problematisch, weil sie Meritokratie (also Aufstieg durch Leistung) unterlaufen, verhindern oder nach fragwürdigen Kriterien betreiben und z.B. politische Privilegien geschlossenen Machtzirkeln vorbehalten sind.

Zusammenfassend kann man eine Seilschaft als eine intransparente, elitäre Struktur verstehen, die durch gegenseitige Begünstigung Vorteile sichert, soziale Barrieren verstärkt und instrumentalisiert und gesellschaftliche Ungleichheiten zementiert und fördert.

In demokratischen Strukturen entstehen ganz neue Ausprägungen von Mechanismen gegenseitiger Vernetzung zur eigenen Vorteilnahme über Ausschluss und die Benachteiligung Dritter, weil hier nun nicht allein von einer Position der Macht heraus gehandelt wird, sondern die Gemeinschaft ihre Mehrheitsmacht in Konstellationen in Formen einer seilschaftartigen Vorgehensweise nutzen und einbringen kann. Das Zusammenwirken von Orten der seilschaftartigen Vorteilnahme schafft neue völlig undurchdringbare Möglichkeiten von Zusammenschlüssen auf diskriminatorischen Grundlagen.

Seilschaften in demokratischen Strukturen: Eine neue Dimension der Exklusion

In demokratischen Gesellschaften entstehen besondere Formen von Seilschaften, da hier nicht nur klassische Machtpositionen genutzt werden, sondern auch die Möglichkeit der Mehrheitsmacht als Mittel von Gruppen extern und intern als Mechanismus der Vernetzung und gegenseitigen Vorteilnahme fungiert. Während Seilschaften in autoritären oder elitären Systemen typischerweise von oben nach unten organisiert sind, nutzen sie in demokratischen Strukturen das Prinzip der kollektiven Entscheidungsfindung, um strategische Vorteile zu sichern, und arbeiten mit den jeweils relevanten Kriterien, die in Entscheidungsfindungen hineinspielen.

Ein wesentliches Merkmal ist, dass sich diese Seilschaften nicht allein durch traditionelle Hierarchien bilden, sondern durch soziale Dynamiken, Gruppeninteressen und ideologische Zugehörigkeiten. Dadurch entstehen neue Mechanismen des Ausschlusses, bei denen nicht nur Einzelne oder Minderheiten benachteiligt werden, sondern ganze gesellschaftliche Gruppen nach arbiträren Kriterien von praktizierten Machtinteressen, Einflussversuchen und Ressourcenlenkung ferngehalten werden können und z.B. Auswirkungen auf das Gemeinschaftswesen nicht verhindert werden können.

Dieses Zusammenwirken führt zu neuen, oft intransparenten Strukturen der Bevorzugung, um gemeinsame Interessen zu verfolgen und durchzusetzen, die sich auf diskriminatorische Grundlagen stützen können. Seilschaften innerhalb demokratischer Systeme schaffen potentiell Barrieren, die über klassische Diskriminierungsformen hinausgehen, indem sie institutionelle und soziale Machtressourcen miteinander verbinden. Es entstehen geschlossene Netzwerke, die sich nach außen als demokratisch und integrativ präsentieren, in Wahrheit aber bestimmte Gruppen ausschließen, systematisch sowie willkürlich benachteiligen.

How people seek an advantage collectively over others, groups or individuals >

 

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