Über uns

Wir sind eigentlich ein Tierrechtsprojekt, aber zwei Personen von diesem Tierrechtsprojekt befassen sich intensiver mit der Thematik, um die es bei diesem Blog geht …

… Würde, Denkvielfalt und Kommunikation

Sehr vielversprechend halten wird zur Zeit Ansätze in der Psychologie, die gesellschaftliche Strukturen und soziale Mechanismen dafür verantwortlich machen, dass Menschen sich “ohnmächtig” fühlen können.

Beispielsweise das Power Threat Meaning Framework ( > hier eine kurze Zusammenfassung des Ansatzes auf Deutsch > https://simorgh.de/disablismus/macht-bedrohung-bedeutung/ ) und das finnische Model des Open Dialogue, das sich mehr auf den Umgang mit Psychosen bezieht, scheinen konkrete Ausdrücke dessen zu sein, wenn ‘der/die seelisch-psychisch Erschütterte’ und Psychologie sich auf gleicher Augenhöhe beginnen zu begegnen.

Ohnmacht

Lange hat man versucht Missstände, die ein Mensch erlebt, wahrnimmt, unter denen er/sie leiden kann, als Problem in der Wahrnehmung und der Erlebenswelt des Menschen zu beurteilen, als mangelnde Funktionabilität. Wenn ich sage: “die Welt ist schlimm”, dann hätte man mir sowas entgegnet wie: “Mach doch nicht die Welt für deine persönlichen Probleme verantwortlich”.

Wenn man sich mit dem Auseinandersetzt, das die Welt zerstört und das auch die sozialen Beziehungen zwischen Menschen belastet, dann erkennt man die Probleme sind reell, und sie sind da draußen und sie sind verwickelter als sie erklärt werden. Und wenn man sagt, ich will etwas tun, um in dieser Welt dem Positives entgegenzusetzen, dann merkt man bald, wie schwer einem genau das gemacht wird.

Wie wird man “ohnmächtig” gemacht?

Bei dem “Ohnmächtigsein” oder “Ohnmächtig gemacht werden” geht es also nicht allein um den initialen Anlass der Belastungserfahrung, sondern auch darum, dass der eigene Beitrag zum Verändern-Wollen nicht wahrgenommen oder akzeptiert wird von der allgemeinen Gesellschaft und den sich darin befindlichen Umfeldern.

Wir gehen davon aus, dass sehr viele Menschen gerne einen Beitrag dazu leisten möchten, dass die Welt ein friedvoller Ort wird, dass aber genau das ihnen von Menschen, die an Machstrukturen glauben und diesen anhängen, schwer gemacht wird. In unserer Wahrnehmung gehen wir von förderlichem und von verhinderndem Verhalten in sozialen Umfeldern aus. Es gibt unserer Meinung nach sozusagen Empowerment, aber es gibt auch das Disempowerment in gesellschaftlichen Zusammenhängen.

Macht ist ein kollektives Geschehen – der Wunsch einen Beitrag zum Konstruktivem in der Welt zu leisten ist eine Einzelleistung, bei der es in auffallender Weise auf den/die einzelnen*n ankommt. Die Quelle jeder Veränderung in dieser Gesellschaft bist erstmal “du selber”.

Molavi (Rumi) sagt im seinem Buch Mathnawi, dass es so schwer oder gar schwerer ist sich selbst zu verändern, wie als würde man versuchen einen Berg mit einer Nadel auszugraben und umzusetzen. Ich muss zugeben, ich habe mir die Stelle in den Bänden nicht gemerkt – man sehe mir das nach. Was ich aber damit sagen will, ist, dass die Veränderung des Ganzen, von der Veränderung der Teile abhängt, aus der sich das Ganze zusammensetzt. Anders geht es nicht – überträgt man dieses Beispiel auf ein politisches Gefüge, so hat man hier den Unterschied zwischen der Funktionsweise einer Demokratie und der einer Tyrannei. Ohne eigene Einsicht und Vernunft und ein darauf basierendes Handeln, ändert sich im Ganzen gar nichts. Die Tyrannis gibt vor, während in der Isonomie und später der Demokratie der Einzelne ein Mitspracherecht und somit auch eine Mitverantwortlichkeit offen ausüben kann.

Der Einzelne ist aber auch das zerbrechlichste Teil im sozialen Gefüge, dass die Gesellschaft ausmacht. Der Einzelne soll in unserer heutigen Gesellschaft (und wahrscheinlich war das schon immer so ähnlich) einem “idealparameter Mensch” entsprechen, und dabei spielen allerhand Leistungen und vorzuweisende Eigenschaften eine Rolle. Weist du diese nicht auf, fällst du in eine Grauzone, in der deine Meinung, deine Gedanken, deine Ideen viel weniger zählen, als die derer, die in den jeweiligen Strukturen einer Gesellschaft gut beheimatet sind … .

Ob du die Strukturen annimmst für dich oder nicht: du musst gewisse Kriterien erfüllen. Zu diesen gehört in unserer Gegenwart vor allem dein Intellekt, dein emotionaler Haushalt, deine Einstellungen selbstverständlich, deine Kommunikationsfähigkeit innerhalb eines relativ festgelegten Rahmens. Fällst du aus dem Maß eines gewünschten, als Ideal vorausgesetzten Standards “menschlicher Normalität” heraus, erlebst du eine Katastrophe geistiger Abwertung und kategorischer Ausgliederung.

Die menschliche Normalität, sich an einer Norm auszurichten, ist nicht einfach dann verfehlt wenn du beispielsweise ein brutaler Mensch oder Soziopath bist. Selbst das kann sich in einem Rahmen abspielen, der dem Gesamtgefüge – wenn auch im völligen Negativ – entspricht: das “Gut” und “Böse” sein ist ein einfaches Binär, das unsere Gesellschaft kennt, so wie sie sich der Grundsätze von Gewalt gewahr ist. Die Menschheitsgeschichte ist gekennzeichnet durch Fragen der Gewaltausübung in jeglicher Form.

Die Ausgliederung ist nicht die, die innerhalb der vorgesehenen “Rollen” von “gut” und “schlecht” (d.h. ein “guter” oder ein “schlechter”, “böser” Mensch zu sein) stattfindet, sondern dein ureigenstes Sein wird erstmal nicht anerkannt, sondern es muss sich erst durch gesellschaftliche Akzeptanz etablieren und verifizieren lassen.

Du bist in dem Moment auf geistig-intellektueller Ebene nicht das, was in dieser Gesellschaft als selbst-mitgestaltendes Element anerkannt wird, wenn kein Teil in dieser Gesellschaft dich als mehr als rein funktional erkannt hat, und in der Fähigkeit “zu erkennen” stellt sich die Gesellschaft in der Praxis als äußerst monolothisch dar. Sie ist sich sicher, dass sie “weiß”.

Diskriminierung basiert immer wieder darauf, über soziale Interaktionen Verzerrungsleistungen zu vollbringen, die auf normative Werte als Ideal abzielen.

Bist du einmal fremddefinierbar, sitzt du am “receiving end”, am empfangenden Ende, und sollst zu allem ja und amen sagen – und versuchen einfach mitzumachen, in deiner unmündigen fremddefinierten und damit abgewerteten Position.

Ich bin, also bin ich (ich) – ich bin, also denke ich (Arendt) – ich denke, also bin ich (Descartes). Hier musste erst argumentativ bewiesen sein, dass einer ist.


Wir glauben die Ausgliederung oder Abwertung über den geistigen, seelischen, psychischen und kognitiven Bereich ist eine immer noch zu stark übersehene Ebene von Diskriminierung.

Wir setzen uns mit der Realität von Menschen auseinander, die auf geistig-intellektueller Ebene tendenziell entmündigend oder in reduktiver Weise beurteilt werden und denen man unter Umständen auf weniger achtsame Weise in sozialen Kontexten begegnet – definitorisch-beurteilend sowie in der sozialen Lebenspraxis. Um dieses Erleben geht es uns hier.

Letztendlich spiegelt eine Hierarchisierung von “Denkprozessen” (Kognition, Intellekt auch im Kontext mit Psyche und seelischem Befinden), die Menschen aufgelegt wird, die als “intellektuell beeinträchtigt” beurteilt werden, auch eine Hierarchisierung wieder, die allen Menschen alltäglich begegnen kann.

Die Diskriminierung marginalisierter Gruppen findet innerhalb eines Gesamtsettings einer Gesellschaft statt. Es geht auch um das Bild, das wir uns von einem intelligenten Denken und von einem nicht-mehr nachvollziehbaren “unintelligenten” Denken machen. Es geht somit auch darum, was Denken überhaupt ist.


Zusatz im Bezug auf psychische Faktoren:

Ohnmacht, Psyche und Seele

Wichtig ist hier anzumerken, dass Gefühle und Erlebnisse von Ohnmacht nicht zwangsweise zu pathologisierbaren psychischen Ausnahmezuständen führen müssen. Ohnmacht ist ein Aspekt seelischer Belastung, aber wenn ein Mensch zum Beispiel eine Psychose entwickelt, dann muss dies unserer Meinung nach nicht damit zusammenhängen, dass man sich als ohnmächtig erlebt oder erlebt hat. Im spezifischen ein psychotisches Erlebnis, das in der Regel durch halluzinatorische Aspekte gekennzeichnet ist, kann eine Fähigkeit manifestieren spirituell-geistige Visionen zu erleben. Und ja, eine Vision kann im Zusammenhang mit einer Krise definitiv Sinn machen.

#mentaldiversity #decolonialpsychology #ableism

Ohnmacht sollte immer in soziologischer Hinsicht betrachtet werden, da die Antworten auf Ohnmacht tendenziell innerhalb von sozialen Kontexten liegen und Fragen sozialer Ungerechtigkeit anbetreffen.

Zu sagen, dass Ohnmacht Psychosen verursachen kann – gleich einem kompensatorischen Prozess, in dem die betroffene Person sich eine fiktive Welt erdenkt um der Ohnmacht zu entkommen – beinhaltet eine unhinterfragte Akzeptanz gegenüber Machtstrukturen, indem man sich die ganz grundlegenden Fähigkeiten des Individuums zur Resilienz nicht anschaut.

Psychose als ‘spirituelle Visionen’ beinhaltet den individuellen Aspekt.

Auch ist beispielsweise die Megalomanie kein Ausdruck von Ohnmacht, dennoch kann sie psychotische Erfahrungen ausmachen.

Bei der Psychose geht es nicht einfach darum “ein Opfer zu sein”. Visionen zu haben, kann so viele Gründe haben wie es Individuen gibt.