Barrierefreies Sprechen ist vor allen Dingen auch eine Frage der Anerkennung des barriereerfahrenden Gegenübers

Ich habe den Text hier eingelesen > https://www.youtube.com/watch?v=DpIkK4tUgrw

Es ist aus meiner Sicht zu konstatieren, dass in der Alltagspraxis in Hilfeleistungen, durch Assistenz und Therapie, das medizinische Modell von Behinderungen bedingungslos und gnadenlos angewendet wird, gerade in den Punkten, in denen die Bedeutsamkeit, sich in einer gemeinsamen Interaktion nach dem sozialen Modell zu begegnen, entscheidend wäre.

Diese Beobachtung erhält eine brisante Relevanz im Punkte der Themenkomplexe von Sprechbehinderungen und Sprachbehinderungen:

Ist ein Mensch in einer Art und Weise behindert, die sein Sprach- und/oder Sprechvermögen mit einbezieht, wird er in der Gesellschaft meist in kategorischer Weise mit den Erklärungen, die man über ein medizinisches Modell von Behinderung bezieht, adressiert und eingestuft.

Beklagt man, beispielsweise als kompensatorischer Assistent, Zuweisungen die so entstehen, und die in der Regel auf die Annahme und Behauptung einer kognitiven Beschränktheit hinauslaufen, wird diese Kritik nicht ernst genommen unter Verweis auf medizinische, diagnostische Beurteilungen der jeweiligen Behinderungsformen und physischen Konstitutionen.

Das bedeutet in der Praxis, dass die Eigenwahrnehmung und die eigenen Erfahrungen von Personen mit Sprech-/Sprachbehinderung, sowie auch die wertvollen und ebenfalls entscheidenden kommunikativen Erfahrungen, die mit der betroffenen Personen in deren Umfeld gemeinschaftlich gemacht werden, unter den Tisch fallen, wobei einer Beurteilung von außen, die einem schematischen Ansatz und dem medizinischen Modell von Behinderung folgt, der Vorrang gegeben wird.

Die Erfahrungen, die das Umfeld macht, werden nicht erst genommen und es entsteht so eine Kluft > zwischen der Interaktionsebene von wichtigen Teilen des Umfeldes der Person mit Behinderung, als die bettreffende Person selbst ausschließend oder bzw. ihre Erfahrungsebenen ausschließend auf der einen Seite > und der Interaktion zwischen der Person mit Behinderung und den Personen aus ihrem Umfeld (oder der Personen in der Gesellschaft, in einem nicht-ableistischen Kontext), die eine andere, nicht-ableistische Sichtweise auf die Kommunikationsfähigkeit des betreffenden Menschen einnehmen.

Die Interaktionsebene wird einer „offiziellen“ medizinischen Beschreibung des Zustandes einer Person mit Behinderung untergeordnet, in dem Augenblick, in dem Kriterien angewendet werden wie: die Person bestünde ja keine normalen Intelligenztests, die Person könne keine Situation „normal“ vermitteln, so dass man das allgemein leicht oder überhaupt verstehen könne, usw. (alles, was so etwa hinauslaufen würde auf Kommunikation würde nicht funktional genutzt werden können).

In dem Moment werden die Themen Sprache und Kommunikation überhaupt reduziert betrachtet und ableistisch an Beurteilungen über kognitive Leistungen und Zustände geknüpft, zu Ungunsten Betroffener und derer Unterstützer. Die Anlehnung an das medizinische Modell sorgt in dem Fall auch für eine Verlängerung einer sehr begrenzten Sichtweise auf Kommunikationskomplexität im Allgemeinen.

Therapien greifen daher für viele Betroffene in einer begrenzten Weise, die eine Verunsicherung weiter vertiefen können, da auch dort grundsätzlich das Paradigma von > Sprechbehinderung und kognitiven Defiziten aufrechterhalten wird bei vielen ‚Behinderungsformen‘. Man richtet sich nach medizinischen Einstufungen aus, und nicht nach den individuellen Erfahrungen, Wünschen und Bedürfnissen, die von Therapeuten erst zu erschließen sind, wenn man sich konsequent auf die Realitäten einlässt, die eben nicht über medizinische Begutachtungen und Herangehensweisen erfasst werden und auch so auch nicht mal erfasst werden können.

Könnte Medizin vollständig erklären wie Menschen funktionieren, hätten wir es mit einem radikal biologistischen Weltbild von Menschen zu tun. Im Falle von Behinderungen, die das Sprechen anbetreffen, passiert genau dies. Die Annahme, dass „anders kommunizieren“ gleich „reduziert kommunizieren“ bedeutet, ist meiner Meinung nach ein ableistischer Fehlschluss, der sich nicht mal beweisen lässt, sondern der in Wirklichkeit rücksichtslos mit kommunikativem Ausschluss und fehlgeleiteten Unterstellungen arbeitet.

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