– Ich habe zur einen Hälfte einen Exilantenhintergrund
– One half of me has an Exile background

Ich habe zur einen Hälfte einen Exilantenhintergrund

Wie kann ich Leuten, die Exil als erlebtes Problem überhaupt nicht verstehen, den grundsätzlichen Unterschied erklären zwischen dem Umstand Kind eines iranischen Vaters, der im Exil lebte, und einer europäischen deutschen Mutter, im Land der Mutter lebend zu sein, zu Kindern von Leuten, die keine Exilerfahrungen gemacht haben.

Mein Vater wollte mit uns in sein Heimatland ziehen, aber die politischen Zustände im Iran verschlimmerten sich nur noch zunehmends, seit der Machtübernahme der Mullahs im Jahr 1979. Meinem Vater ging es nicht darum, in Deutschland eine neue Heimat zu finden. Er lebte daher auch, wegen dem massiven Rassismus in Deutschland, vorwiegend in England und später in Andalusien.

Die Deutschen wollen jeden Menschen, der mindestens ein nicht aus Deutschland stammenden Elternteil, hat als Menschen mit Migrationshintergrund bezeichnen. Meinen Vater lebte aufgrund seiner schriftstellerischen Tätigkeit, die sich mit der Forschung über das Heidentum im Iran befasst, das er philosophisch aufarbeitete, im Exil, weil die völlige Abkehr von monotheistischer Religion und Zuwendung zu einer Rückbesinnung auf Zeiten, in denen weibliche Gottheiten paritätisch als Mythologeme erschienen, für den Iran ein Problem darstellten, dem man mit Sanktionen begegnete. Mein Vater wurde schlussendlich auch finanziell aus dem Grunde komplett enteignet.

Der Unterschied zwischen dem Leben als Kind eines Exilanten, der mich prägte, und dem Leben eines Kindes, dessen Eltern freiwillig in einem anderen Land leben oder migriert sind, verdeutlichend beschrieben:

Ein Kind eines Exilanten wächst oft mit dem Bewusstsein auf, dass sein Elternteil nicht freiwillig in einem anderen Land lebt, sondern aufgrund politischer oder ideologischer Umstände gezwungen war zu gehen. Mein Vater war im Exil, weil seine Arbeit zur iranischen Geschichte und vor allem seine Ablehnung des Monotheismus im Iran nicht geduldet wurden. Das bedeutet, dass seine Ausreise nicht einfach eine persönliche Entscheidung für ein neues Leben war, sondern eine erzwungene Trennung von seinem Heimatland.

Das unterscheidet sich von der klassischen “Migration”, bei der Menschen sich aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen für einen dauerhaften Wohnsitz in einem anderen Land entscheiden. Während Migranten oft versuchen, sich in ihrer neuen Heimat einzurichten, wollte mein Vater nicht “einwandern” oder Deutschland als neue Heimat betrachten – er hatte keine Wahl, weil seine Ideen im Iran nicht akzeptiert wurden. Daher blieb mein Vater auch immer ein Weltbürger, der sich primär um die Freiheit seines Landes bemühte.

Der Begriff “Migrationshintergrund”, den Deutschland pauschal auf alle Menschen mit nicht-deutschen Elternteilen anwendet, wird meiner Situation nicht gerecht. Mein Vater wollte nicht “migrieren”, auch wenn er zum Teil in Europa studierte. Er musste sein Land verlassen, aufgrund seines weltanschaulich schriftstellerisch unabhängigen Denkens, sich bemühend um Menschenrechte im Iran. Diese Differenzierung ist mir wichtig, weil Exil typischerweise wirklich häufig eine politisch freiheitliche Dimension beinhaltet, die ganz eigene Probleme mit sich bringt, während Migration, im Ansatz, auf der Ebene persönlichen oder wirtschaftlichen Vorankommens eine Lösung für Migrierende darstellen kann.

One half of me has an Exile background

How can I explain to people who do not understand exile as an experienced problem the fundamental difference between being the child of an Iranian father who lived in exile and a European German mother living in her mother’s country, and being the children of people who have not experienced exile?

My father wanted to move with us to his home country, but the political situation in Iran had only worsened since the mullahs came to power in 1979. My father was not interested in finding a new home in Germany. Because of the massive racism in Germany, he lived mainly in England and later in Andalusia.

The Germans want to label everyone who has at least one parent who is not “from Germany” […] as having a migrant background. My father lived in exile because of his writing work, which dealt with research into heathenism in Iran, which he reappraised philosophically, because the complete rejection of monotheistic religion and a return to a time in which female deities appeared in equals as mythologems posed a problem for Iran, and was met with sanctions. In the end, my father was completely financially expropriated for this reason.

The difference between life as the child of an exile, which shaped me, and the life of a child whose parents voluntarily live in another country or have migrated described in greater clarity:

A child of an exile often grows up with the awareness that their parent is not living in another country by choice but was forced to leave due to political or ideological circumstances. My father was in exile because his work on Iranian history and, above all, his rejection of monotheism were not tolerated in Iran. This means that his departure was not simply a personal decision to start a new life, but a forced separation from his home country.

This differs from classic “migration”, where people decide to live permanently in another country for economic or personal reasons. While migrants often try to settle in their new home, my father did not want to “immigrate” or consider Germany as his new home – he had no choice because his ideas were not accepted in Iran. That’s why my father always remained a citizen of the world who was primarily concerned with the freedom of his country.

The term “migrant background”, which Germany applies across the board to all people with non-German parents, does not do justice to my situation. My father did not want to “migrate”, even though he studied partly in Europe. My father had to leave his country because of his ideologically independent thinking as a writer, striving for human rights in Iran. This differentiation is important to me because exile typically really often involves a politically liberal dimension, which brings with it its own problems, while migration can, in principle, represent a solution for migrants in terms of personal or economic advancement.

 

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