Hasensiege

Der kluge Hase, der dumme Jäger

Heinrich Hoffmann, 1809 – 1894

Die Geschichte vom wilden Jäger.

Es zog der wilde Jägersmann
Sein grasgrün neues Röcklein an;
Nahm Ranzen, Pulverhorn und Flint’,
Und lief hinaus in’s Feld geschwind.

Er trug die Brille auf der Nas’,
Und wollte schießen todt den Haas.

Das Häschen sitzt im Blätterhaus
Und lacht den wilden Jäger aus.

Jetzt schien die Sonne gar zu sehr,
Da ward ihm sein Gewehr zu schwer.
Er legte sich in’s grüne Gras;
Das Alles sah der kleine Haas.
Und als der Jäger schnarcht’ und schlief,
Der Haas ganz heimlich zu ihm lief,
Und nahm die Flint’ und auch die Brill’,
Und schlich davon ganz leis’ und still.

Die Brille hat das Häschen jetzt
Sich selbst auf seine Nas’ gesetzt;
Und schießen will’s aus dem Gewehr.
Der Jäger aber fürcht’ sich sehr.
Er läuft davon und springt und schreit:
„Zu Hülf’, ihr Leut’! Zu Hülf’, ihr Leut’!“

Da kommt der wilde Jägersmann
Zuletzt beim tiefen Brünnchen an.
Er springt hinein. Die Noth war groß;
Es schießt der Haas die Flinte los.

Des Jägers Frau am Fenster saß
Und trank aus ihrer Kaffeetass’.
Die schoß das Häschen ganz entzwei;
Da rief die Frau: O wei! O wei!
Doch bei dem Brünnchen heimlich saß
Des Häschens Kind, der kleine Haas.
Der hockte da im grünen Gras;
Dem floß der Kaffee auf die Nas’.
Er schrie: Wer hat mich da verbrannt?
Und hielt den Löffel in der Hand.

Im Mittelalter gab es zahlreiche Abbildungen von kampffreudigen Hasen. Von Hasen gebratene Jäger > https://archivalia.hypotheses.org/114945 und z.B. Hasen braten einen Jäger am Spieß, Lorcher Chorbuch WLB Stuttgart Cod. mus. I fol. 64 139r > https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hasen_braten_einen_J%C3%A4ger_am_Spie%C3%9F.jpg (25.03.23)

Ein Hase im Wald (A Hare in the Forest) Hans Hoffmann 1585 · Öl auf Panel > https://www.meisterdrucke.at/kunstdrucke/Hans-Hoffmann/11583/Ein-Hase-im-Wald.html (25.03.23)

Quelle Bild und Text oben: Struwwelpeter 27. Auflage V. Die Geschichte vom wilden Jäger > https://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/19Jh/Struwwelpeter/hof_5907.html (25.03.23)

The Story of the Wild Huntsman by Heinrich Hoffmann > https://castelvolante.com/the-story-of-the-wild-huntsman/ (25.03.23)

Der Unterschied zwischen dem zoroastrischen und dem mithraischen Urrind

Bas-Relief of Lion Attacking Bull – Persepolis – Central Iran, source.

Der Unterschied zwischen dem zoroastrischen und dem mithraischen Urrind …

Der Unterschied zwischen dem zoroastrischen und dem mithraischen Urrind ist der folgende: Das zoroastrische Urrind wird von Angra Mainyu (Ahriman) tödlich verletzt. Das Ziel Ahrimans ist es, das Leben in der Welt zu vernichten. Arthas Samen aber sind immer siegreich (Pirooz), da sie die Kraft haben sich immer wieder zu erneuern. So sind alle Bemühungen Angra Mainyus umsonst und aus allen Teilen des Rindes (das mit „Parvins Ähre“ / خوشه پروین gleichgesetzt ist) entsteht von neuem Wachstum durch die Absorption des Wassers, das in dem neben ihm gelegen Fluss, dem Flusse Veh Daiti, fliesst (das Urrind erfährt eine neue Frischwerdung = Frashgart).

Im Mithraismus ist Mithras der Schöpfer durch seinen Dolch, indem er damit die Ader der Urrindes durchschneidet. Hier fehlt die Darstellung des Flusses. Und an die Stelle des Prozesses der Wiederauferstehung tritt der Akt des Durchtrennens der Lebensadern des All-Lebens durch den Gott Mithras mit dem Dolch. Mit dem Schnitt in die Blutadern bewirkt Mithras die vermeintliche Wiederauferstehung (Frashgart) des Lebens. Wasser kann man nicht zerschneiden oder durchtrennen, aber die Adern durch die das Blut fließt (die man auch als einen „Fluss“ verstand) konnten durchtrennt werden. Die Ader war identisch mit der Gottheit Artha. Durch die Opferung findet im Mithraismus die Erneuerung statt, und mit der gewaltsamen Unterbrechung der Lebensadern entsteht der Gedanke des Bündnisses (Mitre) und tritt an die Stelle der Liebe (Mehr).

M. Jamali > https://www.farangis.de/mithras/taunus/manuchehr_jamali_and_gita_yegane_arani-may

Geush Urvan, the primeval bull in Zoroastrianism and his/her counterpart in Mithraism.

Gayomart weist in der Mythologie gewisse Parallelen zum Mythologem des Urstiers auf. Im Zoroastrismus wurden Gayomart (der erste Mensch) und Geush Urvan (der urzeitliche Stier) mit dem “sterblichen Leben” gleichgesetzt. Beide standen jedoch für die Darstellung von “Leben”.

Zu Gayomart schreibt die Encyclopedia Britannica http://www.britannica.com/EBchecked/topic/227432/Gayomart (accessed: 09 June 2012):

Gayōmart, Avestan Gayō Maretan (“Sterbliches Leben”), in der späteren zoroastrischen Schöpfungsliteratur der erste Mensch und der Stammvater der Menschheit. Gayōmarts Geist lebte zusammen mit dem des Ur-Ochsen 3.000 Jahre lang in der Periode, in der die Schöpfung nur geistig war. Seine bloße Existenz machte Ahriman, den bösen Geist, der in die Schöpfung eindringen wollte, unschädlich. Dann schuf Ahura Mazdā den fleischgewordenen Gayōmart – weiß und strahlend, leuchtend wie die Sonne – und legte in ihn und den Ur-Ochsen, den einzigen von allen geschaffenen Dingen, einen Samen, dessen Ursprung im Feuer lag.

Ahura Mazdā gab Gayōmart den Segen des Schlafes, um ihn vor den Angriffen Ahrimans zu bewahren. Doch nach 30 Jahren der Angriffe zerstörte Ahriman Gayōmart. Sein Körper wurde zu den Metallen und Mineralien der Erde. Gold war sein Samen, aus dem die menschliche Rasse hervorging.

 

Jean-Bloé Niestlé

Jean-Bloé Niestlé. Unfortunately, you can find few images of the artist online. He inspired Franz Marc to artistically depict animals in a “non-zoological” way. These two paintings are quite different, very beautiful. Hope I can find more.

Jean-Bloé Niestlé. Leider finden man wenig Bilder von dem Künstler online. Er regta Franz Marc dazu an, Tiere in einer “nicht-zoologischen” Art und Weise künstlerisch darzustellen. Diese beiden Bilder sind recht unterschiedlich, sehr schön. Hoffe ich finde mehr.

Gertrud Kolmar: Tierträume


Gertrud Kolmar

Eine faszinierende Sprache. Im Kontext mit unserem Interesse an “Erzälliteratur, Dichtung und Tierrechten” haben wir die Gedichte: Tierträume von G. Kolmar entdeckt und wollen daraus einige gerne den Leser_innen, die noch nicht mit G. Komlar vertraut sind, vorstellen. In diesem Zusammenhang empfehlen wir unbedingt auch sich diesen Blogeintrag anzusehen: A. Marie Houser: Literaturkörper: Erzählliteratur ist Aktivismus.

Aus: Getrud Kolmar – Tierträume. Quelle: LiteraTisch.de. Eine sehr empfehlenswerte Seite, die sich mit den im Nazi-Regime verbotenen Schriftsteller_innen befasst und ihrer gedenkt.

Trauerspiel

Der Tiger schreitet seine Tagereise
Viel Meilen fort.
Zuweilen gegen Abend nimmt er Speise
Am fremden Ort.

Die Eisenstäbe: alles, was dahinter
Vergeht und säumt,
Ist Schrei und Stich und frostig fahler Winter
Und nur geträumt.

Er gleitet heim: und mußte längst verlernen,
Wie Heimat sprach.
Der Käfig stutzt und wittert sein Entfernen
Und hetzt ihm nach.

Er flackert heller aus dem blinden Schmerze,
Den er nicht nennt,
Nur eine goldne rußgestreifte Kerze,
Die glitzernd sich zu Tode brennt.

Der Drache

So will ich liegen – da die Hand mir schweigt,
Da sich die volle Schale zu mir neigt,
Ein einz’ger Tropfen aus der Schale fällt,
Doch mit dem Tropfen die gekrönte Welt
Der Stille.

Es schwillt, es bildet sich und nimmt Gestalt.
Das Auge leuchtet tausend Jahre alt,
Und nun ihm brauner Fetzenflügel wächst,
Der Glanzschweif sich um Sternenespe hext,
Erkenn’ ich’s.

Schon kriecht es duckig, erzgeschuppt die Haut,
Den Klumpfuß meinem Teppich eingeklaut;
Aus seiner Pferdenüster, rundgebläht,
Tanzt Flammensense auf, die Träume mäht
In Schwaden.

Mit seinem Maule zückt es manches Wort,
Und wenn es redet, heb’ den Kopf ich fort;
Denn was es weiß, ist alles seltsam wahr,
Ist, wie der Mond von totem Froste, klar
Und scheinend.

»Sie haben aus den Höhlen mich gebannt,
Sie haben mit den Büchern mich verbrannt,
In finstren Napf gestellt ihr weißes Licht;
Es steigt an meiner Glut und will mich nicht
Erschlagen.«

»Und bin ich dienstbar nicht wie Stuhl und Tisch
Und minder selbst als Fittichtier und Fisch,
Doch bin ich Kap, daran dein Schoner birst
Und das du leugnest, bis du scheitern wirst
In Stürmen.«

»Du nennst die Inseln: Tod, Unsterblichkeit.
Hörst du das Leben, das aus Steinen schreit ?
Siehst du die Zuckungen des Staubgesichts ?
Du glaubst: Hier Gottes Himmel – dort das Nichts.
Ich bin ein Drittes.«

Aquarium

Immer wieder an ein Glas zu stoßen,
Immer wieder sich im Kreis zu drehn,
Statt geschmückt in wunderbaren, großen,
Lebenden Gewässern hinzuwehn.

Immer wieder sich an schalen Happen
Wohlzutun im laulich dumpfen Tang,
Statt mit kleinem, buntem Maul zu schnappen
Grünes Licht und kühlen, frischen Fang.

Immer wieder Härte anzufühlen,
Fahlen Sandes eine dünne Schicht,
Statt dem tiefen Grunde sich zu wühlen
An das braune, wärmende Gesicht.

Immer wieder Strand mit bösen Dingen,
Da das Fischlein krank und kämpfend liegt,
Wenn es heftig, unbedacht im Springen,
Seine karge Heimat überfliegt;

Nur ein rasch gehemmtes Auf und Nieder,
Kurze Blitze, links und rechts geschnellt,
Immer wieder, ach, und immer wieder
Kennt ein Ende diese kleinste Welt!

In den Fernen lagern schwarze Teiche,
Stirbt ein regenbogener Quellenfall,
Führt das weite Strömen seine Leiche
In ein Grab von fliehendem Kristall.

Auch die Fische mögen heimlich träumen,
Was ihr Herz wie Menschenbrust befreit:
Klare blaue Welle und das Schäumen
Süßer Meere der Unendlichkeit.

Der Rosenkäfer

Es ist ein elend Sein, es ist ein Ding der Dinge,
Der Splitter, abgefeilt von Gottes Siegelringe.

Ihr nennt es Junistern, der blauen Tagen gleißt,
Ich nenn’ es Zaubertier, gezeugt im Blumengeist,

Den uns kein Kräutermann noch Wunderarzt verhandelt,
Den höchste Alchimie allein erkennt und wandelt;

Denn dies, der Rose Licht und Blut, davon es zehrt,
Ist, was sich ihm zu grün und braunem Golde kehrt.

Die Rehe

O Frauen, die in Nacht zerrinnen!
O Männer, die an Weisern stehn!
Euch bleibt ein kurzes Sichbesinnen,
Dann müßt ihr wenden und vergehn.
Mag sein, in traurigem Vergeben,
Mag sein, in trotzigem Sichheben:
Ihr sinkt doch waldwärts mit den Rehn.

Die Rehe suchen reinre Pfade
Durch Indischmoos, an Brombeerwand;
Des Waldes lieblichste Ballade
Hegt Vogelnest, spielt Buchenhand,
Doch ihnen wachsen manchmal Träume
Aus Häuptern, kleine braune Bäume
Auf einem braunen Fleckchen Land.

So sanfte Augen. Drinnen dämmert
All ihrer Monde Zug und Hauch.
Ein Quell erklingt. Ein Blauspecht hämmert.
Ein Grünes gilbt am Haselstrauch.
Dann leiden sie Geflock und Winde,
So leiden Mütter still am Kinde,
So leiden sie die Kugel auch.

Sind hingestürzt und tot gefunden
Mit stumm zerbrochenem Gesicht.
Wer löschte achtlos ihre Stunden
Und hütet seine als ein Licht ?
Ist dieses Wesen denn so nichtig,
Nur euer Leben gar so wichtig ?
Ach, wüßtet ihr’s. Ihr wißt es nicht.

Quelle – eine empfehlenswerte Seite:
https://www.literatisch.de/gertrud-kolmar-tiertraeume.html

Links: 30.11.2019