Liebe PETA, Schwarze Leben zählen … wo steht Ihr eigentlich in diesem ganzen Chaos?
Dr. A. Breeze Harper, sistahvegan.com
Quelle: Dear PETA, Black Lives Matter … so, where are you in all this mess? Übersetzung: Palang LY (simorgh.de), mit der freundlichen Genehmigung von Dr. A. Breeze Harper.
Liebe PETA,
Ich stieß auf diesen alten Eintrag von vor 5 Jahren (siehe Ende dieses Blogeintrags). Weshalb konntet Ihr Euer Anliegen nicht anders vermitteln? Ernsthaft, dies ist nun fünf Jahre her und ich frage mich, ob Ihr jemals begreift, dass schwarze Leben zählen, und dass wir nicht einfach da sind, um für Eure weißen, neoliberal-rassistischen Vorstellungen von Tierbefreiung zu werben. Als ich dies zuerst auf Craig’s List geposted sah (siehe unten), wollte ich mich am liebsten übergeben und weinen … ich dachte darüber nach, wie, geschichtlich betrachtet, die Körper Schwarzer Frauen immer wieder ausgebeutet, misshandelt und erniedrigt wurden um das weiß-supremazistische US-amerikanische System aufrechtzuerhalten … und ja, dieser Prozess wird immer noch fortgeführt. So empfand ich diese Anzeige schlichtweg als herzzerbrechend, denn sie zeigt wirklich, dass PETA ‚Diversität’ in einem extremst weiß-supremazistischen, kapitalistischen, heteropatriarchalen Sinne einsetzt; dass Ihr kein Freund und Alliierter seid, sondern ein Mittäter.
In den letzten Monaten, in denen ich mit meiner Arbeit zu schwarzen feministischen veganen Themen befasst war, die die Ziele der Black Lives Matter-Bewegung unterstützen, fragte ich mich, ob Ihr Euch jemals für diese Anzeige unten entschuldigt habt. Und ich frage mich auch, was Eure Rolle in der Black Lives Matter-Bewegung ist. Auch wenn Ihr davon besessen seid, „posthuman“ zu sein, und damit, „dass wir doch alle Tiere sind“, so spielt Rasse nichtsdestotrotz eine Rolle. Schwarze Menschen betrachten sich kollektiv soweit nicht als posthuman, denn hat man uns bis heute nicht einmal das Recht zugestanden, als fühlende und liebende menschliche Wesen betrachtet zu werden. Und ich sage dies nicht um damit den Speziesismus zu unterstützen. Ich sage dies mit einem vollständigen Kanon kritischer Rasseforschung und schwarzer feministischer Forschung auf die ich mich stützen kann. Ich weiß, dass Schwarze Menschen seit dem europäischen Kolonialismus bis in die Gegenwart (und wahrscheinlich auch bis morgen und bis nächste Woche und bis nächstes Jahr) aufgrund des systemischen Rassismus und des neoliberalen Weißseins als Tiere behandelt werden – solange wie postrassische, posthumanistische, „ich sehe keine Farbigkeit“-Machtbesitzende wie Ihr nicht dazu übertretet, die Grundsätze von Black Lives Matter zu praktizieren (wie es viele andere anti-rassistische Bewegungen tun) und sie in Eure veganen Aktionen mit einbezieht. Und wenn ich schreibe „wie Tiere behandelt“, dann beziehe ich mich auf den sozio-historischen Kontext nach 1492, als die europäischen Kolonisator_innen entschieden, dass nichtmenschliche Tiere verfügbar, ausbeutbar und nicht-fühlend sind … und dann schwarze Afrikaner_innen als solch eine Art Tiere kategorisierten.
Nun wo die Black Lives Matter-Bewegung stärker wird, stärker in den gesamten USA, und während ich diese Bewegung durch meine eigenen Aktivitäten als schwarze feministische Veganerin unterstütze, frage ich mich, wo Ihr in diesem ganzen Chaos eigentlich steht? Was habt ihr geleistet um uns zu zeigen, dass Schwarze leben zählen? Was tut ihr hinsichtlich einer Umgestaltung auf Organisationsebene, um eure Angestellten und freiwilligen Helfer_innen dahingehen fortzubilden, dass eine vegane Praxis des Black Lives Matter nicht nur möglich, sondern auch notwendig ist? Das dies euren Singe-Issue-Ansatz in der Tierbefreiung in gar in keiner Weise stört? Ihr bittet Omnivore darum, die systemische Gewalt gegen nichtmenschliche Tiere und das Leid nichtmenschlicher Tiere nicht mehr totzuschweigen. Ich bitte Euch darum, die systemische Gewalt und Ausbeutung von schwarzen Menschen nicht mehr totzuschweigen und nicht mehr zu tolerieren. Es ist möglich, sich auf die Tierbefreiung zu konzentrieren und antirassistisch zu sein, ohne dadurch die Macht einzubüßen zu müssen, Veränderung bewirken zu können. Aber ich denke, dass Ihr das inzwischen auch selbst wisst, und frage mich, ob es Euch vielleicht leichter fällt speziesistische Macht aufzugeben, als die Macht des kollektiven neoliberalen weißen Privilegs, über die der Großteil Eurer Führungsspitze verfügt, und das es selbst auch kaum ablegen kann.
Wie in dieser Anzeige unten werdet ihr schwarze und braune Körper, denen weißsupremazistische Mythen anhängen („die sind ausbeutbar“, „die sind hypersexuell“, usw.), weiterhin einsetzen um Eure ureigenen und ausschließlichen Zielen veganer sozialer (Selbst-)Gerechtigkeit voranzubringen; Ziele, die systemischen Rassismus und neoliberales Weißsein nicht dekonstruieren, sondern bestätigen und aufrechterhalten?
Ich lade Euch dazu ein, an der Sistah Vegan 2015 Conference „The Vegan Praxis of ‚Black Lives Matter’“ teilzunehmen, die online stattfindet. Ihr habt durch eine Teilnahme nichts zu verlieren und könnt dabei nur gewinnen. Und nehmt einige Bücher zur Hand, die Euch dabei helfen, mehr über die Black Lives Matter-Bewegung zu erfahren; wie diese Bewegung ein Kontinuum der schwarzen Befreiung darstellt. Eine Liste befindet sich am Ende dieses anderen Eintrags auf dem Sistah Vegan Blog.
(Breeze sitzt hier in der Erwartung die Grillen zu hören und weitere 5 Jahre veganer sozialer (Selbst-)Gerechtigkeit, wie in der Anzeige unten, zu erleben.)
(Alle Links: 1. Januar 2015)
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